Druckartikel: Münnerstädter Kunstschatz unter der Lupe

Münnerstädter Kunstschatz unter der Lupe


Autor: Heike Beudert

Münnerstadt, Mittwoch, 25. Sept. 2013

600 Jahre sind die Buntglasfenster der Stadtpfarrkirche alt. Eigentlich wäre wieder ein Fensterputz fällig. Der aber sprengt vermutlich den finanziellen Rahmen der Pfarrei.
Pfarrer P. Markus Reis wagt einen Blick durchs Mikroskop. Martha Hör erläutert ihm das Schadensbild an dem Kirchenfenster. Fotos: Heike Beudert


Vorsichtig betupft Martha Hör mit einem Wattestäbchen ein kleines Segment des vor ihr liegenden Pfingstfensters aus der Stadtpfarrkirche. Schnell verfärbt sich das Wattestäbchen schwarz. Seit der letzten Reinigung vor 40 Jahren haben sich auf dem Glas wieder Ruß- und Schmutzreste abgesetzt. Das ist normal. Bedenklicher ist aber der Schimmelbefall, den Martha Hör entdeckt hat. Um den zu entdecken, braucht sie nicht einmal das aufgebaute Mikroskop. Den ungeliebten Pilz erkennt sogar der Laie mit bloßem Auge.

Dass sich an der Nordseite Schimmel bildet, während er an den Fenstern der Süd- und Ostfassade keine Probleme macht, liegt ihrer Einschätzung nach an den klimatischen Verhältnissen. Kondenswasser hält sich hier vermutlich länger, weil keine Sonne auf die Fenster fällt. Wo es feucht ist, fühlt sich der Schimmel wohl. Der Schimmel wiederum, erklärt die Fachfrau, produziere Oxalsäure und diese greift das Glas an.

Martha Hör untersucht im Auftrag der katholischen Kirchengemeinde einige der Glasfenster. Sie hat dazu mehrere Segmente entnommen und im Pfarrheim genau unter die Lupe genommen. Die Kirchengemeinde plant eine Restaurierung der Kirche: Sie, aber auch die Diözese und die Denkmalbehörden wollen wissen, mit welchem Aufwand zu rechnen ist.

Stadtpfarrer Pater Markus Reis und Kirchenpflegerin Gabi Borst finden die Untersuchung Martha Hörs wichtig, um nicht während der Kirchensanierung unliebsame Überraschungen zu erleben.

Gemeinde finanziell überfordert

Bei den Kirchenfenstern ist eines jetzt schon klar: Egal, was an den Fenstern gemacht werden soll, es sprengt den finanziellen Rahmen der Kirchenverwaltung, meint der Stadtpfarrer. Eine Restaurierung der Fenster sei nur über Zuschüsse und Sponsoren möglich, so Pater Markus.



Martha Hör wird an Hand ihrer Untersuchungen ein Konzept erarbeiten und der Gemeinde zur Verfügung stellen. Gemessen an ihrem Alter, sind die Münnerstädter Glasfenster in einem erstaunlich guten Zustand, ist das Urteil der Restauratorin Martha Hör. Aber natürlich gibt es Schäden. Es sind Ablagerungen da. Durch die steigende Luftverschmutzung ab dem 19. Jahrhundert hätte sich an kleinen Stellen Glas in Gips verwandelt. Am Pfingstfenster zeigt Martha Hör eine gut sichtbare, abgeplatzte Stelle. Außerdem seien die Farben nicht mehr so strahlend.

Fenster wurden gut gepflegt

Alles in allem, findet sie, seien die Fenster gut gepflegt worden. Die Restauratorin geht davon aus, dass die Kirchenfenster auch in früheren Zeiten immer wieder in Schuss gehalten wurden. Dafür seien vor Jahrhunderten üblicherweise die Stifterfamilien zuständig gewesen. Welche das waren, ist in Münnerstadt nicht bekannt.
Doch auch wenn die Münnerstädter Kirchenfenster die Jahrhunderte, den Ausbau während der Kriegszeit und die Luftverschmutzung ganz gut überstanden haben, die Reinigung bzw. Restaurierung der Glasfenster würde ein kleines Vermögen kosten.

An der Nordfassade wird zudem zu prüfen sein, ob die Belüftung der Fenster verbessert werden kann, um neuen Schimmel zu vermeiden. "Man müsste die Scheiben heizen", meint Stadtpfarrer Pater Markus eigentlich eher scherzhaft. Martha Hör aber bestätigt, dass diese Methode tatsächlich in einigen Kirchen angewendet wird.
Nichts hält Martha Hör davon, solche Kunstschätze besser ins Museum zu bringen, um sie dauerhaft zu schützen. "Museum ist keine Lösung", sagt sie.

Viele Einzelfenster

Teuer wird eine Reinigung der Fenster auch deshalb, weil es so viele einzelne in der Stadtpfarrkirche gibt. Martha Hör hat die Zahl grob überschlagen. Die sieben großen Buntglasfenster setzen sich zusammen aus rund 300 Einzelfenstern. Jedes braucht rund einen Tag, um es mit Wattestäbchen vom Schmutz der letzten Jahrzehnte zu befreien. Ein Jahr lang würde ein Restaurator alleine für diese Arbeit brauchen. Martha Hör wagt noch keine richtige Kostenprognose. Doch im unteren sechsstelligen Bereich liege man sicherlich.

Wertvoller Bestand

"Es ist ein sehr, sehr wertvoller Bestand", betont die Glasrestauratorin. Die Fenster seien ein erstrangiges Beispiel der mainfränkischen Glasmalerei, lautet ihr Urteil. Die Fenster hätten eine enge Beziehung zur Kirche in Iphofen und könnten aus der gleichen Werkstatt stammen.