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"Wo bin ich da gelandet?"


Autor: Dieter Britz

Münnerstadt, Sonntag, 06. März 2016

Bärbel-Karoline Bürner kam und blieb in Münnerstadt. 32 Jahre lang. Jetzt bereitet sie ihren Abschied vor und berichtet im Erzählcafé.
Bärbel-Karoline Bürner war 32 Jahre Lehrerin für Pflegerufe am Berufsbildungszentrum Münnerstadt und engagierte sich stark in der evangelischen Kirchengemeinde. Zum Schuljahresende geht sie in Ruhestand und verlässt die Stadt. Foto: Dieter Britz


Im Jahr 1984 kam Bärbel-Karoline Bürner aus dem evangelischen Mittelfranken als Lehrerin für Pflegeberufe ins katholische Münnerstadt. Sie unterrichtete am Berufsbildungszentrum (BBZ). Zum Schuljahresende geht sie in den Ruhestand und verlässt Münnerstadt wieder. Es zieht sie nach Emskirchen im Landkreis Neustadt an der Aisch, wo einer ihrer Söhne wohnt und drei Enkelkinder auf die Oma warten.
Insgesamt 32 Jahre lebte und arbeitete die "Protestantin und bekennende Feministin" im Lauerstädtchen. Da kann man viel erzählen, hat viel erlebt und betrachtet(e) als "Auswärtige", die man trotz der Vertrautheit mit vielen Menschen im Lebens- und Arbeitsumfeld geblieben ist, die Dinge mit einem "etwas anderem" Blick. Aus eben diesem Blickwinkel erzählte sie jetzt im Erzählcafé und ihr Thema lautete folgerichtig "Ein halbes Leben als mittelfränkische Protestantin in Münnerstadt".


Soooo schlimm war es auch nicht

Es hat ihr hier offenbar gefallen, denn gleich zu Anfang bekannte sie Erzählcafé-Leiterin Anneliese Albert, die für ihren Mann eingesprungen waren war, "wenn's schlimm gewesen wäre, dann wäre ich nicht geblieben".
Bärbel-Karoline - ihre Patin hieß Karoline und deshalb legt sie Wert darauf, dass ihr zweiter Vorname genannt wird - wurde 1951 in Fürth geboren. Ihr Vater stammte aus dieser Stadt, ihre Mutter aus Nürnberg. Die Rivalität zwischen beiden Städten ist fast schon sprichwörtlich, in diesem Fall ging es gut. Als sie ein Jahr alt war, zogen ihre Eltern nach Neustadt/Aisch und nach dem Abitur machte sie eine Ausbildung als Krankenschwester bei Diakonissen in einem Kreiskrankenhaus. Das war die Voraussetzung, um über weitere Aus- und Fortbildungen Lehrerin für Pflegeberufe zu werden. Zunächst nannte sie sich "Unterrichtsschwester".


Es hat sich vieles verändert

Am 1. November 1984 kam sie nach Münnerstadt ans BBZ. "Damals sind wir im Unterricht noch mit einer schwarzen Tafel und Kreide zurecht gekommen", meinte sie zum technischen Aufwand, der heute getrieben wird, schließlich hatte sie jetzt einen Overhead-Projektor und Beamer samt Laptop dabei. Sie schaute sich zuerst einmal im Städtchen um und suchte die evangelische Kirche. Schnell kam sie zu einem Schluss: "Ich bin da gelandet, wo Europas hässlichste evangelische Kirche steht". Gottseidank: Bald darauf wurde die Kirche umgebaut, und heute gefällt sie ihr.
Bärbel-Karoline nahm an einem Glaubenskurs "Wort und Antwort" teil und lernte die Münnerstädter/innen kennen, zum Beispiel Isolde Becker. Sie wurde auf diese Weise Patin eines katholischen Kindes. In ihrer Jugendzeit wäre das nicht selbstverständlich gewesen, erzählte sie. Ihre Oma habe noch kritisch nachgefragt, ob die Kinder, mit denen sie im Sandkasten gespielt hat, auch evangelisch seien. In ihrer Heimat gab es fast nur Evangelische, die paar Katholiken waren Flüchtlinge.


Sie lebt die Ökumene

Sie selbst allerdings ist dem ökumenischen Gedanken verhaftet und bekennt aufrichtig: "Wenn die Katholiken bei der Fronleichnamsprozession 'Großer Gott wir loben dich' anstimmen, dann jubelt auch das protestantische Herz". Man habe auch schon mal gefragt, ob "die Frau Bürner jetzt konvertiert" sei. Davon war natürlich keine Rede. Sie schätzt die demokratische Verfassung der evangelischen Kirche in Bayern. Der gewählte Kirchenvorstand bestimmt über fast alles und der Pfarrer hat exakt eine Stimme.
Bärbel-Karoline Bürner kandidierte für den Kirchenvorstand und gehörte dem Gremium ab 2006 auch für eine Wahlperiode an. Sie ließ sich zur Prädikantin ausbilden, darf damit Gottesdienste leiten, Predigten selbst verfassen und das Abendmahl spenden. Das Pfarramt allerdings darf sie nicht leiten. Als es ab Sommer 2006 wegen eines Pfarrer-Wechsels eine halbjährige Vakanz gab, war sie stark gefordert. Als Nachfolgerin von Axel Heim als Vertrauensfrau im Pfarrgemeinderat musste sie, wie sie sagte, "in ziemlich große Schuhe steigen".


Platz für die Nachfolger machen

Pfarrer Joachim Pennig geht zum Jahresende im Ruhestand, sie selbst verlässt Münnerstadt schon Monate früher. Deshalb hat sie ihr Amt im Pfarrgemeinderat niedergelegt, damit sich Nachfolger einarbeiten können. Prädikantin bleibt sie weiterhin, auch nach ihrem Umzug nach Emskirchen - "die warten schon auf mich". Aber noch ist es nicht soweit, noch ist Bärbel-Karoline Bürner Lehrerin für Pflegeberufe am Berufsbildungszentrum in Münnerstadt mit seinen über 600 Schülern (über 90 Prozent sind weiblich). Sie ist hauptverantwortlich für die Berufsfachschule für Altenpflege und gehört zusammen mit vier Männern der Schulleitung an.
Sehr viele der Pflegekräfte im Julius-Spital und im Seniorenzentrum Sankt Elisabeth hat sie ausgebildet. Wenn sie durch das Schulhaus geht und an den geplanten Neubau denkt, dann denkt sie "das geht mich nichts mehr an". Wenn sie aber zur Eröffnung des Neubaus eingeladen wird, dann will sie kommen. Mit den Worten "Du hast unsere Stadt sehr bereichert, wir werden dich in guter Erinnerung behalten", wurde sie von Anneliese Albert verabschiedet.