Druckartikel: Wirklichkeit, Wünsche und Temperament

Wirklichkeit, Wünsche und Temperament


Autor: Hartmut Hessel

Maßbach, Montag, 26. Februar 2018

Zu den Geschichten im Schloss hatte Milli Genth zur Märchenstunde nach Poppenlauer geladen.
Milli Genth  findet in Poppenlauer den richtigen Ton und lockt das Publikum häufig aus der Reserve. Foto: Hartmut Hessel


Der Salon des Schrimpf´schen Schlosses, im Zentrum von Poppenlauer gelegen, und sonst mehr durch das jährliche Open-Air- Theater oder das interessante Heimatmuseum bekannt, war für die Künstlerin Milli Genth der ideale Ort, um ihre Interpretation der Wirklichkeit, ihre Wünsche aus verborgenen Kammern und ihr Temperament zu harten Beats zu zeigen.

Die Schlossmauern hielten die Wärme, heiße Laugenbrezeln ließ die Butter von denselben tropfen, und Milli Genth war auf ihrer Lauertal-Tour auf ein Publikum gestoßen, das weitere Wege auf sich genommen hatte, als dass Einheimische sich auf den Weg in ihr Schloss gemacht hätten.


Schräger Blick

Wieder zeigte sich die Vielseitigkeit von Milli Genth. Ihre eingespielten Videos, die sie verschmitzt "längere Kurzfilme" nennt, bringen den schrägen Blick von Teilen, zusammen mit Geräuschen, verbunden mit authentischer Musik zu komplexen Themen. Milli Genth erklärt auch, was sie mit den bewegten Bildern meint, denn das erschließt sich oft erst beim mehrfachen Betrachten. Zum Beispiel die Geschichte von "Jeanne Dark" im Kampf mehr mit sich selbst - oder war da noch ein Ungeheuer? Die Bildsequenzen erinnern ein wenig an Nosferatu 4.0, und auch die Region bekommt ihr Fett weg, wenn bei der Siegerehrung in herrlichem Fränkisch "den Frangen mit einem Dang-Gutschein gedangt" wird. Milli Genth wird nicht müde, in ihren Texten ihren Optimismus zu persiflieren, ob es Gedichte oder Liedtexte sind, sie findet den richtigen Ton und lockt das Publikum häufig aus der Reserve.


Komplexe Geschichten

Unbeirrt geht die Landschaftsgärtnerin ihren Weg über die künstlerischen Felder. Sie nimmt Themen mit, die jeder andere beiseite schieben würde, sei es das leidige Putzen oder noch ekeligere Dinge aus dem Restebereich. Selbst die leidigen Werbezeitungen geben genügend Stoff für komplexe Geschichten in dann anderen Zusammenhängen als den ursprünglichen. Zeit für Zugaben hat Milli Genth nach wie vor nicht. Dem Drängen einiger im Publikum gibt sie sich doch geschlagen und stimmt mit ihnen zusammen "Ein bisschen Frieden" an. Passt an diesem Abend. Passt eigentlich immer.