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Wiesenbrüter contra Hornusser


Autor: Heike Beudert

Münnerstadt, Dienstag, 10. Februar 2015

Der Hotelier Christoph Henkelmann sucht dringend eine Wiese für die Karwoche, damit 15 Gäste aus der Schweiz ihrem Hobby frönen können. Es sind Hornusser, und die kommen nur, wenn ihr Sport möglich ist.
In der Vergangenheit konnten die Schweizer Hornusser ihr Trainingslager auf einer Wiese in der Unteren Au durchführen. Foto: Archiv/Arnold Nöth


Es gleicht einem Kampf "David gegen Goliath". Der winzige Ameisenbläuling, ein seltener Schmetterling, hat derzeit die besseren Chancen zu seinem Recht zu kommen als 15 gestandene Schweizer Hornusser und sämtliche Münnerstädter Wirte zusammen. Streitpunkt ist eine Wiese in der Münnerstädter Au, auf der die Schweizer Hornusser noch im vorigen Jahr Trainingslager zum jährlichen Saison-Auftakt der Hornusser gehalten haben.
Heuer steht die Wiese nicht mehr zur Verfügung, wie übrigens alle bisher nachgefragten Wiesen ebenfalls nicht, weil überall ein Wiesenbrüterprogramm läuft. Und wer am staatlichen Wiesenbrüterprogramm teilnimmt, darf seine Wiese zwischen März und Mitte Juni nicht bewirtschaften. Sonst gibt es kein Geld. Just zu dieser Zeit aber - in der Karwoche - wollen Hornusser aus der Schweiz dort gerne trainieren.

Besitzer ist der Landkreis

Die betroffene Wiese in der Au gehört mittlerweile dem Landkreis. Er hat sein Grundstück in das Programm aufnehmen lassen. Diese Fläche in der unteren Au, die im vergangenen Jahr ausnahmsweise noch genutzt werden durfte, sei extra aus Naturschutzgründen erworben worden, erklärt Roland Lenhart von der unteren Naturschutzbehörde des Landratsamtes. Der Landkreis kaufe bewusst Flächen, damit Ruhezeiten für die dort lebenden Tiere möglich sind. Konkret geht es um Vögel wie die Bekassine oder den Kiebitz, aber auch um Falter wie den Ameisenbläuling. Ohne solche Schutzmaßnahmen hätten sie keine Chance mehr, weil die Wiesenmahd immer früher beginne; das ist die Erfahrung der Naturschutzbehörden. Bis 16. Juni darf nicht gemäht werden. Danach stünde der Nutzung der Wiesenfläche in der Münnerstädter Au durch die Hornusser nichts im Wege, betont Lenhart.

Nur ein Termin

Doch die Hornusser wollen in der Karwoche kommen. Das ist für sie Saisonauftakt und hat für die Schweizer Truppe schon seit vielen Jahren Tradition. Später wird es schwierig, weil schon die Rundenwettkämpfe begonnen haben. Zuvor haben die Hornusser viele Jahre auf einer benachbarten Wiese trainiert. Die ist mittlerweile auch verkauft und steht schon seit zwei Jahren nicht mehr zur Verfügung.

Für die Gastronomie wichtig

Christoph Henkelmann, Chef des Münnerstädter Hotels "Tilman" fürchtet, dass der Besuch der Schweizer Sportler in diesem Jahr an der fehlenden Wiese scheitern könnte. Dabei seien die Schweizer Gäste ein wichtiger Wirtschaftsfaktor für die hiesige Gastronomie, sagt Henkelmann. Die Hornusser kämen in einer Zeit, in der es eher ruhig ist. Sollte das Treffen flach fallen, wären alle Gastronomen des Ortes betroffen. Seit acht Jahren übernachten die Schweizer im Hotel "Tilman" und essen dann reihum an jedem Abend in einer anderen Münnerstädter Gaststätte. Sie sind gern gesehene Gäste, denn die Schweizer können sich - dank günstigen Wechselskurses - in Münnerstadt ein bisschen was gönnen. Außerdem hätten sich echte Freundschaften entwickelt, sagt Christoph Henkelmann. "Das sind ganz, ganz nette Leute", unterstreicht der Gastronom, der sich zwischenzeitlich schon zu einem Hornusser-Experten entwickelt hat - in der Theorie zumindest.
Noch hat Christoph Henkelmann die Hoffnung nicht aufgegeben, dass sich eine Wiese irgendwo im Umkreis von 15 Kilometern findet. Sie muss allerdings bestimmte Voraussetzungen erfüllen. Für den Hornussersport muss sie mindestens 300 Meter lang und rund 20 Meter breit sein. Involviert in die Wiesen-Suche war auch Bürgermeister Helmut Blank. In seinem Interesse sei es, dass diese mittlerweile schon mehr als 20 Jahre alte Tradition der Hornusser nicht abbricht, betonte er. Doch Blank sind die Hände gebunden. Gegen das Wiesenbrüterprogramm kommt er nicht an. "Die großen Wiesen sind alle in Förderprogrammen", hat Blank die Erfahrung gemacht. Es werde immer schwieriger, Veranstaltungen durchzuführen, weil überall der Naturschutz seine Rechte darauf hat, hat der Bürgermeister festgestellt. Zwischenzeitlich hat er Landrat Thomas Bold angesprochen, ob er eine Lösungsmöglichkeit sieht.
Bereits im letzten Frühjahr hatte die Stadt vom Landkreis eine Ausnahmegenehmigung für das Hornussen erhalten. Doch heuer geht das nicht mehr. Der Landkreis müsste sonst die Fördergelder zurückzahlen. Roland Lenhart von der Unteren Naturschutzbehörde hat einen Vorschlag, weiß aber auch nicht, ob der sich verwirklichen lässt: Er denkt an den Golfplatz in Maria Bildhausen. Auch Bürgermeister Helmut Blank ist diese Idee gekommen. Vielleicht ließe sich dort ja etwas für die Hornusser arrangieren, meinten beide. Ein Wiesenbrüterprogramm steht dort zumindest nicht im Weg.