Von Gerüchten Getriebene
Autor: Dieter Britz
Maßbach, Montag, 10. März 2014
Wie in einem namenlosen Dorf, das überall sein könnte, aus einer Schriftstellerin ganz schnell eine von der Polizei gesuchte Verbrecherin wird.
Die Geschichte ist in ihren Grundzügen schnell erzählt: Eine Frau zieht in ein kleines Dorf, wie es sie so ähnlich tausendfach gibt. Maßbach, Poppenlauer, Thundorf? Die neugierigen Nachbarinnen tratschen sofort über sie. Im Handumdrehen wird aus der völlig Unbekannten eine gefährliche Sektenführerin, die den Mond anbetet und ihre Türpfosten mit Katzenblut bestreicht, die nachts nackt auf dem Friedhof satanische Rituale vollzieht und auch sonst höchst unangenehm auffällt.
Nachts auf dem Friedhof
Wie in dem Kinderspiel "Stille Post" werden die Gerüchte über sie immer schlimmer und skurriler. Ausgedacht haben sich diese Handlung die jungen Damen des Theater-Jugendclubs des Fränkischen Theaters Maßbach. Der Titel dieser wirklich sehenswerten Eigenproduktion lautet "Die Metadorfosen" - der Name ist Programm.
Am Samstag war Premiere im Theater im Pferdestall. Die zahlreichen Zuschauer waren völlig begeistert.
Kaum ist Lesley Green aus einer Kleinstadt in der Nähe von München ins namenlose Dorf gezogen, heißt es schon "die Neue da, die ist in einer Sekte", und blitzschnell machen die Dorfbewohnerinnen sie zur veritablen Sektenführerin. Dagegen muss man etwas tun, denn "hast du eine im Dorf, kommen andere nach, und dann sind wir umzingelt". Eine der Frauen stellt sie zur Rede, weil sie nachts noch draußen gesehen wurde, "denn nachts schläft man doch und geht nicht am Friedhof spazieren".
Lesley muss sich regelrechten Terror gefallen lassen. Dorfbewohnerin Renate heult und kläfft nachts stundenlang wie ein Hund vor ihrem Haus.
Doch es geht in dem Stück nicht immer nur bierernst zu, wenn zum Beispiel Renate eingestehen muss, "gegen Morgen bin ich leider beim Bellen eingeschlafen".
Zu viele Bücher in der Wohnung
Damit Lesley endlich überzeugt ist, dass die Dorfbewohnerinnen verrückt sind und wieder verschwindet, erfinden die eine Geheimsprache und sagen immer das Gegenteil von dem, was sie eigentlich ausdrücken wollen - Komik ist garantiert.
Weil Lesley sich nicht fotografieren lassen will, wird sie zur schlimmen Verbrecherin, die von der Polizei gesucht wird. Die Dorffrauen steigern sich in immer schlimmere Fantasien und fürchten, dass Lesleys Notizbuch eine Liste mit ihren nächsten Mordopfern, aus dem Dorf natürlich, enthält.
Misstrauisch machen die Frauen auch die allzu vielen Bücher in Lesleys Wohnung, "sicher alle über Rituale". Ein "Strahlen-Angriff" auf das Dorf, das angeblich evakuiert werden muss, soll sie endgültig zwingen, zu verschwinden.
Bis hier geht das Stück "die Metadorfosen" in Richtung Tragödie - doch zum Schluss löst es sich in Wohlgefallen auf, und die Zuschauer danken es: Lesley Green entpuppt sich als bekannte Schriftstellerin, die ins ruhige Dorf gezogen ist, um den dritten Band ihrer Trilogie fertigzustelen. Und am Abend ist ein Grillfest für alle auf dem Dorfplatz angekündigt. "Nun wird bald die Presse kommen", fürchtet Lesley. "Falls die sich blicken lässt, werden wir die schon wieder los", versprechen die Dorf-frauen. Das Stück macht sehr nachdenklich, denn dieses namenlose Dorf könnte überall sein.
Und vor allem: Die acht jungen Damen präsentieren sich nicht nur als Schauspielerinnen, sondern in kürzeren Einlagen auch als Balletttänzerinnen recht talentiert.
Mitwirkende bei dem Stück sind Mira Göbel, Svenja Schemm, Fanny Schmidt, Jehanne Worch, Tina Hofmann, Laura Jacques, Johanna Fuchs, Lea Schulz. Regie, Bühne und Kostüme: Mahela Wiedner. Dramaturgie: Anne Maar, Sebastian Worch, Christoph Thein. Lichteinrichtung: Bastian von Truchsess. Weitere Aufführungen sind am 13., 14. und 15. März, jeweils um 19 Uhr im Theater im Pferdestall des Fränkischen Theaters. Kartenreservierung unter Tel.: 09735/ 235.