Theaterschneiderei: Mit Nadel und Faden fit für die Bühne
Autor: Thomas Ahnert
Maßbach, Sonntag, 29. August 2021
40 Stunden Zeit für zwei Kleidungsstücke - am Ende stand der Titel als Kammersiegerin. Birgit Waizenegger schloss ihre Ausbildung als Damenschneiderin ab. Warum eine Ausbildung im Theater in Zeiten von Corona eine gute Idee ist
Im Theater Schloss Maßbach knallten vor ein paar Tagen die Sektkorken, denn trotz der Pandemie gab es etwas zu feiern: Birgit Waizenegger hat ihre Ausbildung zur Damenschneiderin als Unterfränkische Kammersiegerin abgeschlossen.
Damenschneiderin Birgit Waizenegger: "Das freut mich natürlich unheimlich"
Was das für ein Gefühl ist? "Das freut mich natürlich unheimlich. Auch für meine Ausbilderin. Das ist eine Bestätigung, dass wir gute Arbeit geleistet haben." Natürlich ist Jutta Reinhard, die Chefin der Theaterschneiderei, "megastolz", aber ganz überraschend kann der Erfolg für sie nicht gekommen sein: Von den vier jungen Frauen, die sie in den vergangenen Jahren ausgebildet hat, sind drei Kammersiegerinnen geworden.
Gute Situation im Schloss Maßbach
Gründe für ihren Erfolg findet Birgit Waizenegger gar nicht so sehr bei sich selbst, sondern in der Situation in der Theaterschneiderei: "Das liegt an dem familiären Klima. Man kennt sich gut, man weiß, wen man fragen kann, wenn man Probleme hat oder Hilfe braucht, man hilft sich gegenseitig, man wird von allen unterstützt." Sie hat die enge Zusammenarbeit und das Aufeinander Angewiesensein sehr genossen, "dass wir hier zu dritt oder viert in der Schneiderei gearbeitet haben, dass man da mitten im Geschehen ist, Teil von dem Ganzen sein kann und so dazu auch mehr Bezug dazu hat."
Wobei Corona für Birgit Waizenegger auch einen Vorteil brachte: Zwar lief die Arbeit in der Schneiderei weiter, denn es wurden künftige Produktionen vorbereitet. Aber der aufführungsbedingte Stress war weg. So hatte Jutta Reinhard auch mehr Zeit für die Ausbildung.
Reiz des Handwerks
Dass sie überhaupt zur Theaterschneiderei gekommen ist und nicht in einer Universität verschwunden ist, ist das Resultat einer inneren Unzufriedenheit: "Kurz vor dem Abitur (in Memmingen) habe ich mir Gedanken gemacht, was ich danach machen möchte. Mir war ziemlich schnell klar, dass ich eine Ausbildung machen möchte, und zwar eine handwerkliche Schneiderausbildung, weil ich es einfach nie richtig gelernt habe zu nähen. Ich war halt mit meinen Ergebnissen nie so zufrieden und wollte es einfach von der Pike auf lernen."
Theater in Maßbach war offen für eine Kooperation
Birgit Waizenegger hörte sich um und kam über Praktika und Assistentenstellen zum Mainfrankentheater Würzburg, wo sie ihre Ausbildung zur Damenschneiderin begann. Nach einem Jahr wollte sie wechseln, aber unbedingt an einem Theater bleiben. Dann fragte sie in Maßbach nach. "Wir haben uns kennen gelernt und ich bin angenommen worden, glücklicherweise."
Dass es das Theater sein musste und nicht eine "normale" Schneiderei sein sollte, war für Birgit Waizenegger klar: "Weil man einen ganz anderen Bezug zu Materialien hat, weil man viel kreativer oder außergewöhnlicher arbeitet als in einem Standardatelier, würde ich jetzt mal behaupten, weil ganz andere Effekte gewünscht sind, andere Funktionen gewünscht sind, die im alltäglichen Gebrauch nicht erfordert sind. Das fasziniert mich einfach, wie man mit welchem Schnitt, mit welcher Textilie welchen Effekt erzeugen kann. Ich finde das unheimlich spannend und interessant."