Theaterbesucher suchen das Heitere
Autor: Thomas Ahnert
Maßbach, Mittwoch, 21. Sept. 2022
In der Zeit nach den Lockdowns sind ernste Stücke - welch Wunder - nicht so gefragt. Das Theater Schloss Maßbach entspricht in der neuen Spielzeit diesem Wunsch. Es wird wieder im Intimen Theater gespielt. Doch gibt auch größere Sorgen.
Am Freitag, 30. September, beginnt die Spielzeit 2022/2023 am Theater Schloss Maßbach: Im Intimen Theater hat die Komödie "Der Vorname" von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patellière in der Inszenierung von Rolf Heiermann Premiere.
Ein besonderes Stück schon deshalb, so Theaterchefin Anne Maar, "weil des das letzte ,Coronastück‘ ist". Das heißt: Es war schon viel früher geplant, musste aber - wie andere Stücke auch, die mittlerweile "abgearbeitet" sind - wegen der Lockdowns und anderer Einschränkungen immer wieder verschoben werden. Jetzt heißt es: Rückkehr zur Normalität, zu Theater ohne Maskenpflicht und Abstandsregeln - natürlich nur bis auf Widerruf aus München. Und auch die Rückkehr aus der Lautertalhalle in das Intime Theater, die Gewohnte und beliebte Umgebung.
Anne Maar sieht diesen Schritt mit sehr gemischten Gefühlen. Natürlich freut sie sich, wie ihre gesamte Truppe wieder ins Schloss zurückkehren zu können, ohne jedes Mal lästige, aber notwendige Hygieneformalitäten erledigen zu müssen. Aber es gibt noch einige mehr oder weniger große Fragezeichen.
Stammpublikum erstaunlich spendabel
Durch die pandemiebedingten Lockdowns erst mit der völligen Einstellung des Spielbetriebs und dann einer Wiederaufnahme und schwierigen, restriktiven Bedingungen ist die Maßbacher Truppe, abgesehen von ein paar blauen Flecken, recht gut durchgekommen. Alle Zuschussmöglichkeiten konnten genutzt werden, und auch das Stammpublikum zeigte sich erfreulich spendabel, unter anderem durch Verzicht auf Abo-Rückzahlungen oder direkte Spenden. Aber auch die Besucherzahlen in der vergangenen Spielzeit brachen nicht so stark ein wie befürchtet: 61 Vorstellungen gab es in der Lauertalhalle, die mit ihren 400 möglichen Plätzen genau die Platzzahl des Intimen Theaters bot. 3820 Zuschauer kamen, was einer Auslastung von 73 Prozent entspricht. 2018/19, in der letzten Spielzeit vor Corona, waren es 6053 Zuschauer in 79 Aufführungen und damit eine Auslastung von 89 Prozent. Anne Maar: "Viele haben sich halt nicht ins Theater getraut und sind lieber zu Hause geblieben." Auch die Freilichtbühne musste mit 70 Prozent Abstriche machen.
Vereinsfeste als Konkurrenz
Zwei Gründe waren entscheidend: Die Konkurrenz der (nachgeholten) Vereinsfeste in der Umgebung machte sich bemerkbar. Wenn sich die Leute ein Stück aussuchen, dann nehmen sie, vor allem in Zeiten wie diesen, lieber ein möglichst lustiges. Und "Cyrano in Chicago" war trotz vieler positiver Rückmeldungen, zu ernsthaft. Den Zug zur Heiterkeit dokumentiert auch die Publikumsumfrage, die zurzeit noch im Internet läuft. Bei allen üblichen Widersprüchlichkeiten kristallisiert sich heraus, dass die Leute vor allem auf der Freilichtbühne, das Heitere suchen. Die Botschaft ist bei den Programmplanern angekommen.
Aber echte Sorgen macht natürlich die finanzielle Situation, nicht nur wegen steigender Betriebs- und Materialkosten. Denn sämtliche Förderungen aus öffentlichen Mitteln und Stiftungen laufen natürlich aus. Zurzeit haben die Maßbacher noch einige Reserven. Aber im kommenden Jahr müssen sie jeden Cent zweimal umdrehen, so Anne Maar: "Wir können ja nicht nur Drei-Personen-Stücke spielen." Was die Maßbacher auch trifft, ist die gesetzliche Erhöhung der Mindestgagen. Sie sind zu einer Mehrzahlung zwar nicht verpflichtet, weil sie als Privattheater nicht tarifgebunden sind, aber sie können sich dem auch nicht entziehen.