Druckartikel: Solarboom in der Altstadt wird ausgebremst

Solarboom in der Altstadt wird ausgebremst


Autor: Heike Beudert

Münnerstadt, Mittwoch, 30. November 2022

Auch auf Denkmälern sollen künftig Solaranlagen möglich sein, besagt ein Ministerratsbeschluss in Bayern. Alle Behörden begrüßen das. Warum es trotzdem in der Altstadt so schwierig ist, die Erlaubnis zu bekommen?
Vereinzelt gibt es tatsächlich schon Solardächer in der Altstadt. Für sie gab es Ausnahmegenehmigungen. Foto: Heike Beudert


Ein Ministerratsbeschluss in Bayern vom Sommer dieses Jahres hat unter Hausbesitzern und -besitzerinnen Hoffnungen geweckt. Endlich soll es leichter werden, auch in denkmalgeschützten Altstädten über eine Dachphotovoltaik eigenen Strom zu erzeugen. Zwar begrüßen alle Behörden, angefangen von der Stadt über das Landratsamt und die Obere Denkmalbehörde diesen Vorstoß, doch es scheint an der Umsetzung zu haken. Alleine aus Münnerstadt liegen der Baubehörde am Bad Kissinger Landratsamt mittlerweile elf Anträge vor für Solaranlagen auf Altstadtdächern. Doch die Verfahren ziehen sich seit Monaten hin."Es ist im Moment eine unbefriedigende Situation", bestätigt der zuständige Abteilungsleiter am Landratsamt, Thomas Schoenwald."Es nervt total", sagt ein Betroffener, der seit Juli auf die Genehmigung wartet.

Fehlender Gesetzestext

Stadt Münnerstadt und das Landratsamt sehen das Problem im noch fehlenden Gesetzestext. Dieser ist erst in Vorbereitung. Erschwerend kommt hinzu, dass die gesamte Altstadt unter Ensembleschutz steht. Selbst für Gebäude neueren Datums gelten die strengeren Denkmalschutzrichtlinien. Weil die gesetzlichen Vorgaben für eine Lockerung fehlen, entscheidet die Baubehörde am Landratsamt nicht alleine über die Anträge, sondern legt diese zur Einzelprüfung dem Landesamt für Denkmalpflege in Bamberg vor, erklärt Thomas Schoenwald. Man habe das so vereinbart.

Thomas Schoenwald begrüßt den Ministerbeschluss. In der Bauabteilung des Landratsamtes zeigt man sich offen für Photovoltaik in der Altstadt. "Damit könnten wir gut leben". Auch die Antwort von der Presseabteilung der Landesdenkmalbehörden lautet ähnlich: "Das Bayerische Landesamt für Denkmalpflege befürwortet schon seit geraumer Zeit denkmalgerechte Photovoltaik-Lösungen - etwa auf vom öffentlichen Raum aus nicht einsehbaren Dachflächen, auf Nebengebäuden oder Lösungen, die sich mit dem Denkmalbestand planerisch auseinandersetzen", heißt es auf Anfrage dieser Zeitung.

Persönliche Meinung des Bürgermeisters

Solardächer in der Altstadt sind sinnvoll, ist die persönliche Meinung des Bürgermeisters; diese dienten nicht nur der Energiewende, sondern der Innenstadtbelebung. Trotzdem tut sich die Stadt mit dem gemeindlichen Einvernehmen schwer, solange es keine gesetzliche Grundlage des Freistaates gibt. So fehlt in den Anträgen bislang die positive städtische Stellungnahme, selbst wenn, wie zumindest in einem Fall, die Solaranlage von keiner Straßenseite aus einsehbar ist. Das Landesamt benötige jedoch für eine schnelle Bearbeitung die vollständigen Unterlagen, so die Stellungnahme der Behörde.

Zögerlich ist die Stadtverwaltung, weil es in Münnerstadt eine Altstadtsatzung gibt. Darin sind bislang Solardächer nicht erlaubt. Eine Satzungsänderung sei sinnvoll, bestätigt Michael Kastl. "Aber weil es keine Handlungsanweisungen gibt, kann uns niemand beraten, wie wir die Satzung anpassen sollen." Die Stadt ist in der Zwickmühle. Denn sie fürchtet, dass eine großzügige Lockerung zum jetzigen Zeitpunkt sich auf der anderen Seite als schädlich für die innerstädtischen Förderprogramme erweist.

In einem Perpetuum Mobile gefangen

Das Landesamt für Denkmalpflege schreibt in seiner Stellungnahme, dass einige Kommunen bereits gemeinsam mit dem Landesamt ihre Gestaltungssatzungen auf Grundlage der geltenden Gesetzeslage dahingehend überarbeitet haben." Man weist zudem darauf hin, dass letztendlich die Genehmigungsbehörde die Untere Denkmalbehörde an den Landratsämtern ist. Das Landesdenkmalamt gebe die fachliche Stellungnahme zu den Anträgen. Die Münnerstädter Photovoltaik-Gesuche scheinen in einem Perpetuum Mobile gefangen, solange das Gesetz nicht offiziell ist.

Und so zieht sich das Verfahren um die elf beantragten Solardächer hin und sorgt für Frust bei den Betroffenen. Die befürchten finanzielle Nachteile. Fraglich sei, ob die Angebote für Solaranlage und Finanzierung vom Juli noch gültig sind, wenn irgendwann einmal die Genehmigung durch ist, sagt ein Antragsteller. Es könnte durchaus sein, dass die Mehrkosten durch den langen Genehmigungsprozess im vierstelligen Bereich liegen.

Wie lange dauert es noch bis zum Gesetz?

Das Wissenschaftsministerium will demnächst den Gesetzentwurf im Kabinett einbringen, erklärt Landtagsabgeordneter Sandro Kirchner. Nach der Behandlung wird es eine erste Lesung im Landtag geben, von wo aus der Entwurf in die zuständigen Ausschüsse geht, ehe die zweite Lesung folgt. "Im Idealfall wird danach ein Gesetz verabschiedet", sagt Kirchner. Welche Zeitspanne einkalkuliert werden muss, kann er nicht