Druckartikel: Sensationsfund im Michelsgrund

Sensationsfund im Michelsgrund


Autor: Thomas Malz

Münnerstadt, Dienstag, 20. November 2018

Andrea und Andreas Halboth haben eine Europäische Gottesanbeterin gefunden, die möglicherweise zu den ersten in Bayern gehört.
Die Gottesanbeterin (eigentlich ist es ein Gottesanbeter) ist im Münnerstädter Michelsgrund gefunden worden. Thomas Malz


Das braune, rund sechs Zentimeter lange Tier frisst sich satt. "Heute hat sie eine Spinne bekommen", sagt Andreas Halboth. Einen Tag zuvor gab es eine Motte, die die Fangschrecke genüsslich zerfleischt hat. In einem riesigen Orchideenglas ist das Tier erst einmal unter gekommen. Als Deckel dient ein Spätzlesieb, dessen unzählige Löcher für eine ausreichende Belüftung sorgt. Gerne möchten Andrea und Andreas Halboth die Gottesanbeterin in berufene Hände geben. Nur einfach wieder aussetzen, wollen sie das Tier nicht. Denn draußen ist es bitterkalt und eine Gottesanbeterin mag es nun einmal ein wenig wärmer. Draußen wären ihre Stunden wohl gezählt. Denn eigentlich stammt sie aus Afrika, doch hierbei handelt es sich offenbar um die europäische Version der Mantis religiosa. Und das ist ein kleine Sensation.

Die Halboths haben Möbel bekommen und der Monteur machte sie auf das seltsame Tier aufmerksam, das am Fenster herumkletterte. Ein Bio-Haus zahlt sich eben aus. "Die Fenster sind aus Naturlärche - unbehandelt. Da stinkt nichts nach Lack", sagt der Architekt. "Hier gibt es keine Chemie, da fühlt sich so ein Tier wohl." Andreas Halboth hat das Insekt erst einmal fotografiert und dann aus der Kälte geholt. Das Foto auf Facebook löste etliche Reaktionen aus. Von Bürgermeister Helmut Blank (CSU) kam der Tipp, die Halboths könnten sich doch an die Untere Naturschutzbehörde wenden. "Das haben wir auch getan." Auch dort waren die Mitarbeiter überrascht.

Andreas Halboth hat auch ein Foto an den Bund Naturschutz geschickt und von Oskar Jungklaus eine Antwort erhalten: "Das finde ich jetzt recht interessant!" Soweit er das Bild beurteilen könne, handele es sich um die Europäische Gottesanbeterin Mantis religiosa. Er fragt sich, wo sie hergekommen ist. "Gut der Bahnhof liegt ganz in der Nähe, es braucht nur im Rheinland ein weibliches Tier seine Eier an einem Wagon geheftet zu haben und eine paar Jungtiere haben sich bei uns ,durchgeschlagen'", meint er. Vielleicht seien aber auch Tiere ausgesetzt worden. Man sollte auf jeden Fall einmal genauer nachsuchen, ob sich hier wirklich eine Population halten kann, bzw ob man in den nächsten Jahren weitere Exemplare findet.

Oskar Jungklaus hat Andreas Halboth noch Informationen zu dem Tier zukommen lassen. Die Gottesanbeterin (Mantis religiosa) sei die einzige in Deutschland vorkommende Fangschrecke. Ihre Nachweise in Bayern werden als nicht gesichert angesehen, so dass diese Art nicht zur bayerischen Fauna gerechnet werden könne.

Die Angaben dazu im Internet sind sehr unterschiedlich:  "In Hessen wurde die Art erstmals 1756 in Frankfurt gefunden, konnte aber im 20. Jahrhundert nur zwei Mal dokumentiert werden und galt dann als ausgestorben. Sie ist hier jedoch mittlerweile wieder nachgewiesen, wobei der Nachweis von Ootheken (Eipakete) und damit der Hinweis auf Reproduktion fehlte. Aus Bayern sind zwar Fundmeldungen bekannt, diese gelten jedoch als höchst unwahrscheinlich und zweifelhaft", heißt es auf Wikipedia. Dagegen ist auf der Seite von NABU zu lesen, dass die Gottesanbeterin mit Ausnahme von Niedersachsen und Schleswig-Holstein überall nachgewiesen sei. Andere Quellen sprechen von Funden in München und im Altmühltal.

Fakt ist jedenfalls, dass die Europäische Gottesanbeterin höchst selten in Bayern anzutreffen ist. Bei den Exemplar der Halboths handelt es sich um ein Männchen. Diese sind deutlich kleiner als die Weibchen. Der Gottesanbeter - sollte er den Winter überleben - wird es schwer haben, ein Weibchen zu finden. Beim oder nach dem Paarungsakt fressen die Weibchen die Männchen übrigens gerne auch mal auf.

Andrea und Andreas Halboth hoffen nun, dass sie das Tier an einen Experten abgeben können. Und sie sind gespannt, was sie so in den nächsten Jahren noch alles an ihrem Haus und in ihrem Garten finden. Denn im Sommer hat sich schon eine rund 70 Zentimeter große Schlange auf ihrer Gartentreppe gesonnt.