Saisonabschluss mit Besucherrekord
Autor: Thomas Malz
Münnerstadt, Montag, 15. Oktober 2018
Zum Herbstmarkt war das Obere Tor letztmalig in diesem Jahr geöffnet. Im Frühjahr geht's weiter, dann werden junge Leute für die Vereinsführung gesucht.
Wolfram Graeber sieht es mit einem lachenden und einem weinenden Auge. Über den Zuspruch der Besucher des Oberen Tores und die Spendenbereitschaft für das historische Baudenkmal ist der Vorsitzende des Vereins "Freunde des Oberen Tores" hocherfreut. Weniger glücklich ist er, wenn er an die anstehende Versammlung im März nächsten Jahres denkt. Denn dann werden dringend junge, engagierte Leute gesucht. "Das Ehrenamt ist das Spiegelbild unserer Gesellschaft", sagt er. "Immer mehr Ellenbogen und immer weniger Bereitschaft zum Ehrenamt." Auch die Mitglieder des Türmervereins werden immer älter, beklagt der Vorsitzende. Und junge Mitglieder sind rar.
Dabei soll das Erreichte in den kommenden Jahren fortgeführt werden. Wolfram Graeber ist glücklich darüber, dass er und seine Mitstreiter den historischen Stadtturm begehbar gemacht haben. Über Jahrzehnte waren das Tor verschlossen, wurde nur gelegentlich von Befugten über eine Leiter begangen. Die Treppe - finanziert über Spenden - war das erste Husarenstück des Türmervereins.
Bei sämtlichen Markttagen und bei speziellen Führungen war das Stadttor heuer geöffnet. Früher hat der Verein einen Eintritt in Höhe von einem Euro erhoben, aber davon ist Wolfram Graeber inzwischen abgerückt. Stattdessen wird ein Spendenglas aufgestellt. "Wenn die Leute erst einmal das unverdorbene Baudenkmal sehen und die Aussicht auf die Altstadt und in die Rhön genießen, sind sie derart begeistert, dass sie auch einmal zehn Euro ins Glas werfen." Diese großzügigen Spender seien meistens Touristen. In letzter Zeit hat Wolfram Graeber einen sehr guten Zuspruch aus Thüringen bemerkt, vor allem aus Erfurt und dem Eichsfeld. Auch Leute, die sicherlich nicht viel Geld haben, wollten spenden, sagt der Vorsitzende, dem nicht entgangen ist, wie sich manch betuchter Münnerstädter geschickt am Spendenglas vorbei geschlichen hat. Das gespendete Geld hat Wolfram Graeber gleich am Montag aufs Konto eingezahlt. In diesem Jahr hat es einige Führungen gegeben. Die neuen Mitarbeiter im Schloss bieten diese Möglichkeit mit an, wenn Anfragen kommen, so der Vorsitzende. Die Zusammenarbeit mit den Verantwortlichen im Schloss sei sehr gut.
Immer wieder bekommt der Vorsitzende von den Gästen Lob zu hören, weil das Obere Tor so ursprünglich erhalten ist. Keine Wasserleitung, kein Abwasserrohr - lediglich eine Stromleitung ist gelegt worden, allerdings unter strengen Auflagen. Pro Etage gibt es lediglich eine Steckdose, keinen einzigen Lichtschalter. Das Licht wird zentral am Unterverteilern eingeschaltet. In der Türmerstube gibt es überhaupt einen Strom. So waren die Auflagen der Denkmalbehörden und so ist es auch umgesetzt worden.
Hoch waren auch die Auflagen des Brandschutzes, zu dem die Ausstattung der einzelnen Geschosse mit Feuerlöschern gehört. Weil es Wasserlöscher sind, die nun wegen der Frostgefahr entfernt werden müssen, kann er den Turm auch nicht mehr öffnen. Spätestens ab April wird es aber weiter gehen.
Auch wenn es der Verein geschafft hat, die Begehbarkeit wieder herzustellen, so ist doch noch nicht alles erreicht. "Langfristiges Ziel ist es, den Putz in der Räumen über der Türmerstube zu sichern", sagt Wolfram Graeber. "Überall fällt der Putz herunter." Das gleiche Problem hatte der Verein in der Türmerstube, dort ist es bereits behoben. Die beiden Geschosse über der Türmerstube (im Dachgiebel) sind zwar für die Öffentlichkeit nicht zugänglich, sollen aber natürlich auch in ihrer ursprünglichen Form erhalten bleiben. Das kann der Verein finanziell nicht allein stemmen.
Wolfram Graeber findet, dass der Turm bestens geeignet für eine künstlerische Ausrichtung ist. Das Geschoss unmittelbar über dem Durchgang und das Kreuzgewölbe unterhalb der Türmerstube seien hervorragend als Galerieräume geeignet. Deshalb hat der Vorsitzende auch schon mit der Münnerstädter Künstlerin Mia Hochrein geredet. Nicht zuletzt, weil sie eine Nachfahrin des letzen Münnerstädters ist, der Ende des 19. Jahrhunderts im Turm gewohnt hat. "Ich bin prinzipiell nicht abgeneigt", sagt die Künstlerin auf Nachfrage unserer Zeitung. Aber noch gebe es kein Konzept.