Plötzlich brannte in Niederlauer auch die Madonna
Autor: Ralf Ruppert
Niederlauer, Sonntag, 19. Juni 2016
Nach dem Feuerevent entzündeten Unbekannte die Skulptur. Künstler Herbert "Jimmy" Fell lässt offen, ob es im kommenden Jahr wieder eine Aktion gibt.
Bereits im vergangenen Jahr war eine Madonnenfigur die Hauptdarstellerin beim Feuerevent am Dicken Turm bei Niederlauer. Damals gab es einen Sturm der Entrüstung, weil die bereits aufgebaute Marienfigur verbrannt werden sollte. Nach langer Diskussion entschieden sich Künstler Herbert "Jimmy" Fell und der örtliche Sportverein dazu, die Installation stehen zu lassen. Jede Menge Arbeit investierte Fell sogar zusätzlich. Am frühen Sonntagmorgen haben Unbekannte nun nach dem geplanten Abbrennen einer anderen Figur unerlaubt die Madonna angezündet - zum Ärger aller Beteiligten.
Brennen sollte eigentlich nur der so genannte Prayer (zu Deutsch: Betender), eine sechs Meter hohe Holzskulptur in betender Haltung. Zunächst lief alles wie geplant: Auf 350 schätzt Manfred Mellenthin die Zahl der Besucher. Mellenthin ist einer der drei Vorsitzenden des SV Niederlauer und war für das Sonnwendfeuer zuständig.
"Die Aktion hat für uns jedes Jahr einen ganz besonderen Reiz", sagt Mellenthin. In den vergangenen Jahren habe das Feuerspektakel immer mehr Besucher aus den Landkreisen Rhön-Grabfeld und Bad Kissingen und darüber hinaus angelockt.
Berliner mit fränkischen Wurzeln
Der gebürtige Niederläurer Künstler Fell wohnt in Berlin, komme aber regelmäßig in seine alte Heimat, berichtet Mellenthin. Die Zusammenarbeit sei sehr positiv: "Das ist für beide Seiten eine gute Aktion: Jimmy Fell kann seine künstlerischen Ideen präsentieren, und wir übernehmen die Bewirtung für eine gute Aktion."Solange Manfred Mellenthin auf dem Gelände war, lief auch alles wie geplant. Bei angenehmen Temperaturen und ohne Regen verfolgten die Besucher, wie ab 21.30 Uhr der "Betende" abbrannte. Untermalt wurde das Feuerspektakel mit Rock- und Popmusik, einer Messe auf Lateinisch, einem Rosenkranzgebet (vom Band) und Carmina burana. Dabei war auch Sängerin Maike May.
Drei Wochen Zeit investiert
Die Figur "Prayer" kniete zu Füßen der größeren Holz-Madonna auf einem Holzhaufen, die Gestaltung war auf die Figur aus dem vergangenen Jahr abgestimmt. Bis aus Russland waren damals die Bedenken gekommen, eine Marienfigur zu verbrennen. Das sei wie das Verbrennen eines Korans, hieß es. Seitdem hat Herbert Fell viel Zeit investiert. "Das waren insgesamt sicherlich drei Wochen", erzählte er gestern auf Nachfrage. Zum Vergleich: "An dem Prayer haben wir rund zwei Tage gebaut." Auf der Rückseite der Madonna ergänzte er eine Nachbildung der Ikone "Wladimirskaja", ein Bildnis der "Schwarzen Madonna von Czestochowa". Und: "Das war gebaut wie eine Kirchenburg", schildert er die Gestaltungsidee. Die Doppelskulptur war zudem farblich gefasst.
Für Jimmy Fell stand fest, dass die Figur auf Jahre hin Ausgangspunkt weiterer Kunst-Events wird. "Das hat sich nach und nach entwickelt", sagt der Künstler. Nicht nur der Betende war als Feuerevent geplant, sondern weitere Skulpturen für die kommenden Jahre. "Das hat immer wieder Besucher angelockt", berichtet auch Manfred Mellenthin von einem großen Interesse das ganze Jahr über.
Gegen 1.45 Uhr angezündet
Laut der Bad Neustädter Polizei zündeten Unbekannte wohl gegen 1.45 Uhr ohne Erlaubnis die etwa acht Meter hohe "Schwarze Madonna" an.
"Mein Sohn hat mich in der Nacht angerufen", berichtet Fell. Er selbst habe nur noch "die letzten Zuckungen" seines Kunstwerks miterlebt. Den Wert der Madonna schätzt er wegen der Arbeitszeit auf 20 000 Euro, auch wenn der Materialwert bei nur rund 400 Euro liegt. Die Figur sei natürlich nicht versichert, deshalb werde sie auch nicht wieder aufgebaut. Fell stellte gestern sogar sein Engagement in Niederlauer generell in Frage: "Im Moment habe ich die Schnauze voll", lässt er seinem Ärger freien Lauf. Deshalb müsse er auch jetzt erst einmal sehen, wie es weitergeht. Vorerst werde er sich in Niederlauer jedenfalls erst einmal nicht engagieren. "Das kann aber auch in einem halben Jahr wieder anders aussehen", lenkt er dann doch wieder ein.
Heuer bereits zum 25. Mal
Immherin hat das Feuerevent eine lange Tradition: Zum 25. Mal fand es am vergangenen Wochenende statt.
An dem Abend habe er sich bereits Gedanken gemacht, was man denn zum Jubiläum nach 25 Jahren im kommenden Jahr draufsetzen könnte. Ob es dazu nun kommt, werde er in Abstimmung mit den Helfern und dem Sportverein irgendwann entscheiden.Die Polizei Bad Neustadt, Tel.: 09771/6060, hofft auf Hinweise auf die Täter.