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Nostalgie schippert immer mit


Autor: Heike Beudert

Bad Kissingen, Dienstag, 28. März 2017

Ab Ostern beginnt die Dampferle-Saison. Heuer feiert die Saale-Schifffahrt ein rundes Jubiläum. Seit 140 Jahren gibt es den Bootsverkehr auf der Saale.
Seit 140 Jahren gibt es die Saale-Schifffahrt. Mit dem Dampferle geht es seitdem vom Kurgarten zur Unteren Saline. Foto: Ralf Ruppert


Als 1877 das erste Dampferle vom Rosengarten zur Saline schipperte, war es im mondänen Kurbad eine Attraktion. Das Aufsehen der Anfangszeit mag sich gelegt haben, eine Attraktion ist die Saale-Schifffahrt mit ihren zwei Motorbooten für Bad Kissingen aber weiterhin. Unter Dampf fahren die Bad Kissinger Dampferle zwar schon lange nicht mehr; die Bezeichnung für die motorbetriebenen Fahrgastschiffe auf der Fränkischen Saale hat sich erhalten. "Das ist Nostalgie", sagt Dr. Helmut Fischer, dessen Familie seit Generationen die Saale-Schifffahrt in Bad Kissingen betreibt. Ab Ostern fahren die Schiffe wieder.
Die Vorbereitungen laufen. Technik, Getriebe, Innenausstattung oder der Rumpf müssen in jedem Jahr überholt werden. "Zuletzt kommen die Malerarbeiten", sagt Helmut Fischer, ehe die Motorschiffe wieder ins Wasser gelassen werden. Der Restaurierungsaufwand sei gerade beim Dampferle, das den Namen "Bad Kissingen" trägt, erheblich. Das Fahrgastschiff stammt aus dem Jahr 1924, gehört nach Angaben Helmut Fischers zu den wenigen, noch in Betrieb befindlichen Schiffen mit genietetem Rumpf. Das zweite Schiff, "die Saline", nahm vor 50 Jahren den Betrieb auf.
Der Ingenieur Carl von Paschewitz setzte 1877 seinen Plan, die Saale in Bad Kissingen schiffbar zu machen, in die Tat um. Helmut Fischers Vorfahre, der Baumeister Andreas Lohrey, übernahm die Saale-Schifffahrt 1882. Er sah darin eine gute Geschäftsidee, denn an der Unteren Saline befand sich neben dem damals viel größeren Gradierwerk ein Badehaus. An der Strecke lagen Cafés, etwa das Neptun; heute ist die Lokalität das Winterquartier der beiden Schiffe. "Es war richtig mondän", meint Helmut Fischer. Das Dampferle verkürzte den Fußweg zur Unteren Saline und schuf eine Ausflugsmöglichkeit für die Gäste, die sich keine Kutsche leisten konnten.


Illlustre Gäste

Selbst der Adel nutzte das Dampferle, besagt die Chronik. So soll Kronprinz Friedrich Wilhelm, der später als 99-Tage-Kaiser Friedrich III. in die Geschichtsbücher einging, 1877 bei seinem Bad Kissingen-Besuch öfters mit dem Dampferle zur Saline gefahren sein. Besonders groß war der Andrang auf die Saale-Schifffahrt in den Anfangsjahren dann, wenn Otto von Bismarck in Bad Kissingen kurte. So ist in der Saale-Zeitung vor 50 Jahren nachzulesen, dass die Verehrer des Politikers scharenweise in Sonderzügen nach Bad Kissingen kamen und dann ins Dampferle stiegen, um schneller an die Obere Saline zu gelangen, wo Bismarck während seiner Kuraufenthalte wohnte.
Heute hat die Untere Saline zum Bedauern von Helmut Fischer ihre frühere Bedeutung verloren. Die Beliebtheit der kleinen Ausflugsschiffe ist dennoch geblieben. Gudrun Fischer von der Saale-Schifffahrt betont, dass die Resonanz der Fahrgäste sehr positiv sei. Auch die Tatsache, dass eine solche Einrichtung in Familienhänden liegt, erstaune die Gäste. Doch die Familie habe Spaß daran, betont Gudrun Fischer. Schwieriger als früher sei die Bürokratie, meint Helmut Fischer "Wir haben viele, die mitreden wollen", erklärt er. Er weiß nicht, ob sein Ururgroßvater das alles mitgemacht hätte.
Im Gegenzug zu vielen Auflagen wünscht sich Helmut Fischer manchmal ein bisschen mehr Entgegenkommen, damit die Tradition in Bad Kissingen weiter bestehen kann. So bekommen die Fischers keine Entschädigung für Biberschäden, die entlang der Saale in jüngster Zeit auftreten. Wenn umgenagte Bäume die Fahrrinne blockieren, müsse die Schifffahrtsgesellschaft die Kosten für das Freiräumen allein tragen. Anders als land- und forstwirtschaftliche Betriebe erhalte die Saale-Schifffahrt von der Unteren Naturschutzbehörde keine Entschädigung für Biber-Schäden, erklärt Helmut Fischer. Das Landratsamt bestätigt, dass eine Entschädigung oder ein Ausgleich aus dem Biberfonds für solche Fälle nicht vorgesehen ist.
Sorgen machen der Saale-Schifffahrt die zunehmend trockeneren Sommer. Um den Landesteg an der Saline anlaufen zu können, benötige die Schifffahrt jeden Tropfen Wasser, sagt Helmut Fischer. Deshalb sei es wichtig, dass vom Triebwerkskanal an der Unteren Saline genügend Wasser der Saale zugeführt wird. Er hofft, dass die Staatsbad GmbH in dieser Frage kooperiert.
Auch wenn es nicht immer einfach ist, die kleine Schifffahrtsgesellschaft zu betreiben, Helmut Fischer will das Familienerbe weiterführen, solange es finanziell machbar ist. "Verdient ist mit dem Dampferle nichts", fügt er hinzu. Doch Helmut Fischer freut sich in jedem Jahr darauf, wenn die Schiffe wieder auf der Saale verkehren. Für Helmut Fischer gehört das zum Sommer dazu.


Passend zum Stadtbild

Auch für Oberbürgermeister Kay Blankenburg (SPD ist das so. "Eine Fahrt auf dem Dampferle passt genau zu dem Bild von Bad Kissingen, wie wir unsere Stadt sehen: gelassen, mit einer inneren Ruhe versehen, fast schon meditativ." Er findet, dass man auf einer Fahrt auf dem Dampferle ein bisschen zu sich selbst finden kann. Dafür stehe Bad Kissingen mit dem Motto: "Entdecke die Zeit."

Dampferle-Saison
Wann
Ab Ostern startet die Schifffahrt auf der Saale, sofern der Wasserstand passt. Bei gutem Wetter ist ein Start ab Palmsonntag möglich. Infos gibt es unter www.saaleschiffahrtgmbh.de

Fahrtpreis Die Fahrtpreise für die gut zwei Kilometer lange Strecke zwischen Rosengarten und Saline bleiben in diesem Jahr stabil. Erwachsene zahlen für die einfache Fahrt vier Euro, für Hin- und Rückfahrt sechs Euro. Kinder und Jugendliche zwischen sechs und 16 Jahren zahlen für die einfache Fahrt 1,50 Euro, hin und zurück zwei Euro. eik