Neue Ausstellung der Museumsfreunde lässt die Gedanken kreisen
Autor: Hartmut Hessel
Münnerstadt, Montag, 06. Juni 2022
Die Berliner Künstlerin Susanne Britz schafft "Über Gänge" im Schloss.
Verwenden Sie einen dieser Wäscheständer, die in Wohn- oder Schlafzimmern, auf Balkonen oder im Flur mit Hilfe von Luft die Textilien von Feuchtigkeit ins Trockene übergehen lassen? Ja, natürlich ein millionenfach verwendeter Gebrauchsgegenstand, der dann oft achtlos vor einem Umzug oder einer Renovierung zum Sperrmüll gestellt wird.
Susanne Britz, geboren und aufgewachsen am Rhein, sie lebt als Künstlerin und Lehrerin in Berlin, kann für ihre Arbeit solche Trockenhilfen gut gebrauchen. Sie schafft bei ihrer Ausstellung im Deutschordensschloss damit einen "Übergang", zusammen mit anderen Materialien, von konkreten Daseins-Utensilien - zum Beispiel Deutschordensfahnen, Perücken und Kinderspielzeuge - und nennt das Ganze "Trockenleitung Schwalbenflug 2022" als spielerische Wegbeschreibung und Begleitung. Und schon beginnen die Gedanken zu kreisen. Oder auch nicht?
Georg Seifried jedenfalls, der für den Kunst-und Kulturverein Museumsfreunde Münnerstadt die Laudatio hielt, fand, dass die Künstlerin im ersten von vier Ausstellungsräumen "die martialische architektonische Herausforderung spielerisch erwidert, durch eine luftige Anordnung fast filigraner Alltagsobjekte...". Er formuliert auch die "Über Gänge" - das Thema der Ausstellung - zu den anderen Raumeinheiten.
In einem neuen Kontext
Was in der Betrachtung und der Debatte darüber vielleicht einen Rahmen schaffen kann, ist das Experiment, dem sich Susanne Britz in ihrer Bildsprache stellt. Das erinnert schon an das formelhafte Geschehen in der Chemie, die Auseinandersetzung damit, Gesetzmäßigkeiten in einen neuen Kontext zu bringen. Von der Zeichnung kommend, setzt sich die Künstlerin nun mehr mit der Fotografie als Leitmotiv und der Verwendung mit anderen Stoffen auseinander. Sie gibt in der Ausstellung Antworten zu ihrem Tun, was jedoch viele Fragen provoziert. Das ist auch gut so. Weil es auch nicht hilfreich ist, das Sinnstiftende in jeder Ecke zu suchen. Die "Über Gänge" von Susanne Britz helfen da ein wenig aus der Patsche, weil man schnell Linien finden kann. Da ist dieser Gummiball, in erster Linie ein Hüpfgerät, doch bei Susanne Britz eine Art Metapher zu unterschiedlichen Aussagen. Voll Luft, halb leer, geknautscht oder in Vorbereitung zum Wiederauffüllen mit der Luftpumpe. Kaum ein Objekt in der Ausstellung zeigt deutlicher, wie "Über Gänge" funktionieren.
Bequem gefüllt oder entspannt leer, auf Erlösung wartend an der Wand oder als eine Art Marionette auf einer Fotografie. Das ist aber nur eines von vielen kleinen Alltagsgegenständen, die Susanne Britz in ihre Arbeiten einbringt. Wer sich auf die zwei- und dreidimensionalen Kunstwerke einlässt, dem fallen zum Teil urige Dinge auf, die ursprüngliche Fotografien zu neuen Aufregern verhelfen, hineinmontiert und versehen mit Linien und Gerätschaften, die Zusammenhänge hervorrufen, aber auch zerstören.
Die Künstlerin kennt Münnerstadt schon lange. Wie Mia Hochrein in einem Grußwort vermeldete, trafen sich beide 2008 bei einem Kunst-Workshop in Ahrenshoop an der Ostsee. Daraus entstand eine enge Freundschaft und es war der Beginn der Künstlerinnen-Gruppe "Island between us". Zuletzt zu besichtigen beim "else2 - Bahnhofs-Projekt 2018". Bis zum 3. Juli ist die Ausstellung zu besichtigen in den Galerieräumen des Deutschordensschlosses am Freitag, Samstag und Sonntag von 14 bis 17 Uhr.