Druckartikel: Nach der Klinik ins Büro

Nach der Klinik ins Büro


Autor: Pat Christ

Rannungen, Donnerstag, 24. April 2014

Julia Wolf hat neben ihrem Job als Krankenschwester ein anspruchsvolles Ehrenamt. Sie ist eine von drei Diözesanvorständen in der KLJB und setzt sich hier für das Thema "Kritischer Konsum" ein.
Julia Wolf aus Rannungen ist eine von drei Diözesanvorständen der KLJB. Neben ihrer Arbeit als Krankenschwester ist sie manchmal fast täglich im Büro der KLJB. Hier trägt sie gerade ein Boot dorthin, das ein Mitglied der katholischen Jugend im brasilianischen Juruti Vello als Partnerschaftsgeschenk für die KLJB in der Diözese Würzburg gebaut hat.   Foto: Pat Christ


Nicht Greenpeace und nicht Attac: Julia Wolf aus Rannungen hat die Katholische Landjugendbewegung (KLJB) als "ihre" Organisation entdeckt. "Mir hat es als Kind schon super gut gefallen, bei der KLJB mitzumachen", erzählt die 25 Jahre alte Krankenschwester aus dem Münnerstädter Thoraxzentrum, die seit Oktober letzten Jahres dem Diözesanvorstand der KLJB angehört. Inhaltlich setzt sie sich in dieser Funktion vor allem für das Thema "Kritischer Konsum" ein.
Dass wir Waren aus allen Weltregionen in unseren Supermärkten haben, darüber denken wir oft gar nicht mehr nach. Wir kaufen Baumwollstoffe aus China, Nüsse aus Syrien, Honig aus dem Jemen, Stoffe aus Indien und Möbel aus Marokko. Wir genießen Kaffee aus Südamerika und Schokolade aus Kakaobohnen, die westafrikanische Bauern auf großen Plantagen ernteten.

Banane ist nicht gleich Banane

Die KLJB steht für eine soziale und ökologische Wende in der Landwirtschaftspolitik weltweit. Konkret bedeutet dies für die Mitglieder, Lebensmittel möglichst regional und Saison einzukaufen. "Darum bemühe ich mich auch", sagt Julia Wolf. Welchen weiten Weg Waren zurücklegen müssen, das erfuhr sie im vergangenen Jahr als Teilnehmerin des Weltjugendtags in Brasilien: "Zum ersten Mal flog ich in ein Land außerhalb Europas." Wie weit es doch ist bis nach Südamerika! Waren, die diese Strecke zurücklegen, müssen zwangsläufig an Qualität verlieren. Auch das erlebte Julia Wolf: "Eine Banane schmeckt in Brasilien völlig anders, viel intensiver als hier!"
Julia Wolf wuchs in einem Agrarbetrieb auf. Ihr Vater ist Landwirt. Er hat Kühe und Schweine, Hühner und Katzen. Bauer zu sein, ist heute nicht mehr leicht, weiß die junge Frau: "In unserem Dorf gibt es nur noch zwei Milchbetriebe, alle anderen gaben auf." Sie selbst schlug den Weg ihrer Mutter ein. Auch die ist Krankenschwester.
Eine Vierzigstundenwoche auf einer Intensivstation abzuleisten, ist ebenfalls keine einfache Sache. Doch Julia Wolf macht die Arbeit Spaß. Gleichzeitig versucht sie alles, um ihren Schichtdienst mit dem anspruchsvollen Ehrenamt als eine von drei gewählten Diözesanvorständen der KLJB unter einen Hut zu bringen.

Neue Gruppenstunde

Dem Ausverkauf öffentlicher Infrastruktur entgegenzuwirken, auch das ist ein Ziel der KLJB auf allen Ebenen. Dass es in vielen Dörfern keine Läden mehr gibt, dass Schulen schließen und Unternehmen abwandern, bedauert Julia Wolf. Beunruhigend für sie und die anderen Aktiven vom Diözesanvorstand ist, dass zugleich immer mehr KLJB-Ortsverbände die Arbeit einstellen. Das neue Projekt "Extrem nah dran" soll diesen Trend in der Diözese stoppen und im besten Falle umkehren. Die Gruppen vor Ort sollen Besuch von der Diözesanebene und damit einen Motivationsschub-erhalten: "Ich selbst möchte in Schönderling unsere neue Brasiliengruppenstunde vorstellen."
Julia Wolf ist keine Frau, die gern vor dem Fernseher sitzt. Sie hat viele Ideen, ist aktiv und liebt es, zu handeln. In mancher Woche hat sie nahezu täglich einen Termin im Büro der KLJB. Daneben spielt sie in Rottershausen Fußball, außerdem musiziert sie: "Ich spiele Flügelhorn."
Das Leben ist spannender als die spannendste Fernsehserie, weiß Julia Wolf, die noch lange von ihren Erlebnissen in Brasilien zehren wird. Selbst in einem kleinen Dorf wie Rannungen gebe es viel zu erleben. Darum bleibt die 25-Jährige auch in ihrer Heimatgemeinde wohnen. Die Stadt vermisst sie nicht. "Ich mag es übersichtlich", sagt sie. Und unkompliziert. In Rannungen kommt man überall mit ein paar Schritten hin. Oder mit dem Rad.