Münnerstadts Archivar im Goldenen Buch
Autor: Sigismund von Dobschütz
Münnerstadt, Montag, 31. Oktober 2016
Das "personifizierte Gedächtnis der Stadt" erhält hohe Ehrung für sein Wirken: Goldene Stadtmedaille wird Stadtarchivar Klaus-Dieter Guhling verliehen.
Im Beisein seiner Angehörigen und zahlreicher Weggefährten wurde Klaus-Dieter Guhling (76) am Sonntag im Münnerstädter Rathaus mit der goldenen Stadtmedaille ausgezeichnet. Für den musikalischen Rahmen des Festaktes sorgte der Jugendchor der Münnerstädter Liedertafel.
Nicht etwa Guhlings langjährige Verdienste als Stadt- und Kreisrat, sein Engagement in der evangelischen Kirchengemeinde oder sein unermüdlicher Einsatz für den Kindergarten seines Wohnortes Reichenbach, den alle seine vier Kinder besucht hatten, waren Anlass zur Auszeichnung des 1940 in Posen geborenen Gymnasiallehrers. Mit der goldenen Stadtmedaille dankte ihm die Stadt ausschließlich für seine 30-jährigen Ehrenamtstätigkeit als Stadtarchivar.
Ehrenhaft und kompetent
"Mit großer Energie, Zuverlässigkeit, Beharrlichkeit und klarem, wachem Auge" habe Guhling voller Idealismus
seine Arbeitskraft und Fähigkeiten in den Dienst der Stadt gestellt und "damit wesentlich zum Gedeihen unseres Gemeinwesens beigetragen", dankte Bürgermeister Helmut Blank (CSU) dem 76-Jährigen. Blank würdigte Guhlings "besonnene Art, Einfühlungsvermögen und Bescheidenheit" sowie dessen ehrenhaftes und zugleich kompetentes Auftreten als ein Mann, "der in sich ruht, dabei aber stets präsent ist".Seit 1987 betreut Guhling ehrenamtlich das Münnerstädter Stadtarchiv. Er sei inzwischen, so der Bürgermeister in seiner Laudatio, das "personifizierte Gedächtnis der Stadt". Guhling habe durch die Einarbeitung ergänzender Sammlungen und den Aufbau des Fotoarchivs das Stadtarchiv "deutlich aufgewertet und zu einem Hort der Geschichte gemacht", in dem heute Ahnen- und Heimatforscher fündig werden.
Notfalls Archiv ins Erdgeschoss
Guhling habe kürzlich gesagt, er
wolle weitermachen, solange er die Treppen in der Zehntscheune noch hochkomme, zitierte ihn Blank aus einem Zeitungsinterview. Mit Verleihung der goldenen Stadtmedaille sei deshalb auch der Wunsch verbunden, scherzte der Bürgermeister, ihn als Stadtarchivar weiter in Diensten zu halten. "Notfalls könnten wir ja das Archiv ins Erdgeschoss verlegen."
Stichwortartiger Rückblick
Der so Geehrte gab in seiner Dankesrede einen stichwortartigen Rückblick auf die geschichtliche Entwicklung des Stadtarchivs, mit dem er bereits in den 1970er-Jahren in Berührung gekommen war. Damals noch eine unzugängliche Aktenkammer im Deutschordensschloss, sei es seit 1987 sein Bestreben gewesen, das Archiv - seit 1982 in der Zehntscheune untergebracht - zu einer öffentlichen Einrichtung in leicht zugänglicher Form aufzubereiten.Nicht die reine Aktenverwaltung, sondern die Entwicklung des Archivs "zu einem kollektiven Gedächtnis der Stadt" sei sein Streben gewesen. Auch sei ihm die enge Zusammenarbeit mit den Lokalzeitungen immer wichtig gewesen: "Was heute in der Stadt geschieht, ist morgen schon Geschichte." Aktuell verfügt das Archiv, so Guhling, über eine Bibliothek mit 2500 heimatgeschichtlichen Büchern, eine vielbändige Zeitungssammlung, eine Zehntausende Bilder zählende Fotosammlung und eine umfängliche Personenkartei verstorbener und lebender Einwohner.
Sternstunden erlebt
Auch wenn Archivarbeit unspektakulär sei und sich im Stillen vollziehe, habe er in den 30 Jahren allerdings auch Sternstunden erlebt, freute sich Guhling noch immer.
So sei es ihm einst gelungen, fast 50 komplette Jahrgänge der Münnerstädter Volkszeitung von 1884 bis 1932 zu erwerben und das Archiv eines Münnerstädter Fotografen "mit einem einmaligen Schatz an Personenfotos" zu übernehmen. Er erinnerte auch an den Tag, als komplette Zeitungsbände aus dem Obergeschoss der früheren Lokalredaktion auf die Straße in den Abfallcontainer geworfen wurden: "Wir haben damals 280 solide gebundene Zeitungsbände mit über 30 Jahrgängen für das Archiv retten können."
Lustvolle Lebensaufgabe
Abschließend dankte Guhling seinen Mitarbeitern und Helfern, denen ein großer Anteil an der ihm zuteil gewordenen Ehrung gebühre.
Auch habe eigentlich die Stadt eine Auszeichnung verdient, weil ihr das Archiv etwas wert sei und "sie mich vor Jahren mit diesem Amt betraut hat, obwohl ich in der Sache weder promoviert noch habilitiert bin". Die Stadt habe ihm damit "zu einer lustvollen Lebensaufgabe ohne Altersbeschränkung" verholfen.