Münnerstadt und Lauertal: Rekordwert bei den Kirchenaustritten
Autor: Heike Beudert
Münnerstadt, Montag, 31. Januar 2022
Auch in Münnerstadt und im Lauertal steigt die Zahl der Katholiken, die der Kirche den Rücken kehren. Welches sind die Gründe?
Die Unzufriedenheit der Katholiken mit ihrer Amtskirche wächst. Das spiegelt sich in der Jahresstatistik der katholischen Pfarrgemeinde Münnerstadt ebenso wider wie im gesamten Pastoralen Raum Münnerstadt. Die Zahl der Kirchenaustritte hat in der Münnerstädter Pfarrei im Jahr 2021 einen Rekordwert erreicht. Und die Erschütterung, die das Missbrauchsgutachten in München nach seiner Veröffentlichung verursacht hat, ist als Nachbeben aktuell im Münnerstädter Standesamt zu spüren. Dort sind seit Mitte Januar schon zahlreiche Termine an Menschen vergeben worden, die der Kirche den Rücken zuwenden wollen, sowohl aus dem Stadtgebiet von Münnerstadt, als auch aus der Verwaltungsgemeinschaft Maßbach. In Münnerstadt befindet sich das gemeinsame Einwohnermeldeamt für die Lauertalregion.
63 Austritte nennt das Standesamt für Münnerstadt und seine Stadtteile im Jahr 2021. Brünn war der einzige Stadtteil ohne Kirchenaustritte. 40 Kirchenaustritte vermeldet davon die Statistik für die Pfarrei Münnerstadt. 30 entfielen auf Münnerstadt, zehn auf die Filialen Althausen, Burghausen, Reichenbach. Wie hoch die Zahlen sind, verdeutlicht ein Blick in die Vorjahre. 2017 lag die Zahl der Austritte in der Pfarrei Münnerstadt noch bei 13, 2018 bei 27. In der Pfarrei Seubrigshausen gab es 2021 insgesamt 13 Austritte. Die höchste Zahl der Austritte in den Stadtteilen hatte im vorigen Jahr Windheim (7), das kirchlich zu Bad Bocklet zählt.
Selten persönliche Gründe erfahren
Eine Austrittsmeldung "tut jedes Mal weh", sagt P. Markus Reis. Er fühle sich dabei machtlos. Und er hofft, dass er nicht der Grund für den Austritt sei. Weshalb sich auch in Münnerstadt immer mehr Katholiken von der Kirche abwenden, kann P. Markus Reis in der Regel nur vermuten. Er sieht den engen Zusammenhang mit der Missbrauchthematik, glaubt aber auch, dass zusätzlich die Kirchensteuer eine Rolle spielt. Doch selten erfährt er die persönlichen Gründe. "Wir schreiben jeden an, wenn wir die Mitteilung bekommen", erläutert der Seelsorger. Dem Schreiben beigefügt ist ein Fragebogen und ein Gesprächsangebot. Der Rücklauf sei allerdings gering; er liegt nach Schätzungen von Markus Reis bei rund zehn Prozent.
Wer austritt, ist in der Pfarrei Münnerstadt in der Regel jung. Die Gruppe der 25- bis 30-jährigen sei am stärksten vertreten, danach die Altersgruppe der ca. 50-jährigen. Tendenziell finden sich Leute, die älter als 60 oder 70 Jahre alt sind, seltener unter den Ausgetretenen.
Schwierige Seelsorge
Wie er auf die Situation reagieren kann? "Ich muss schauen, dass ich meine Arbeit so gut wie möglich mache", sagt P. Markus. Gerade in Corona-Zeiten sei es allerdings noch schwieriger geworden, kirchenferne Katholiken zu erreichen.
Derzeit sei es tatsächlich so, dass es Beerdigungen sind, bei denen er die meisten Menschen erreichen kann. Gerade in dieser Zeit will er für die Trauernden da sein. Sie sollen merken, dass er sie wahrnehme und höre.