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Münnerstadt hat die erste Häkelakademie


Autor: Heike Beudert

Münnerstadt, Mittwoch, 02. Mai 2018

Rainer Mößner hat beim Kunstprojekt "else!2"in Münnerstadt die Häkelakademie eröffnet. Schmunzeln ist ausdrücklich erlaubt.
Es darf auch mal ein Geweih sein, das Rainer Mößner mit Häkelnadel und Wolle auf seine persönliche Art veredelt.Heike Beudert


Rainer Mößner hat dicke und dünne Häkelnadeln, silberne und metallicfarbene. Er häkelt mit Nadeln aus Holz oder Kunststoff. Es darf auch gerne Metall sein. Mit seinen Nadeln verhäkelt Rainer Mößner alles, was im weitesten Sinne mit einem Faden zu tun hat. Hochwertige Merinowolle ist ebenso dabei, wie in Streifen geschnittene Bettwäsche oder Baumarktschnüre. Je nach Material entstehen Mützen, Taschen, Hüte oder Hundeleinen. Auch hier sind der Phantasie keine Grenzen gesetzt.

Im Publikum sitzen bei der Eröffnung der Häkelakademie vor allem weibliche Fans des Münnerstädters, die sich schon seit längerer Zeit von Mößners Arbeiten in der Stopfstube inspirieren lassen. Wenn Rainer Mößner nicht als Heilpraktiker arbeitet, dann widmet er sich in seiner Freizeit der Kunst des Häkelns. Diese Leidenschaft begann vor rund 40 Jahren in einer Münchner WG. Zwischenzeitlich war das Handarbeiten dann zwar etwas eingeschlafen, bekam jedoch durch die Münnerstädter Stopfstube der Künstlerin Mia Hochrein neuen Auftrieb. Mittlerweile häkelt Mößner nach eigenen Angaben eigentlich immer und überall. "Ich muss immer etwas machen", erklärt Mößner. Selbst beim Weihnachtsessen habe er Nadel und Wolle immer dabei, weiß die Münnerstädterin Bärbel Fürst. "Und er hat die schönsten Utensilien", stellt sie neidlos fest.



Seine Leidenschaft will er in der Münnerstädter Häkelakademie weitergeben. Diese läuft im Rahmen des dreimonatigen Kunstprojektes "else!2" im Münnerstädter Bahnhof. "Abgefahren" lautet das Motto von "else!2". Das passt sicherlich auch ein bisschen zur Häkelakademie. Bei der Eröffnung stellt Mößner seine Arbeiten vor. Viele Mützen sind darunter. Tonnenweise habe er die zuhause, erklärt der Häkelmeister. Sein Versuch, sie auf dem Weihnachtsmarkt unter die Leute zu bringen, hat nicht optimal geklappt. Die Mützen waren den meisten Käufern einfach zu bunt. Doch Rainer Mößner mag es bei seinen Häkelarbeiten vor allem farbig.Gehäkelte Kunst ist eben immer auch Geschmackssache.
Die Lacher auf seiner Seite hat Mößner mit seinem lindgrünen Klorollenhut, der sich im Handumdrehen in eine kleine Handtasche mit diskret verstecktem Inhalt verwandeln lässt . Und natürlich waren es die beiden umhäkelten Geweihe, die den Geschmack des Publikums trafen.

Mia Hochrein, die Initiatorin von "else!2" findet, dass Häkeln durchaus eine Kunst ist. "Mit jeder Technik kann man künstlerisch arbeiten", erklärt sie. "Häkeln ist sehr kreativ", erklärt Rainer Mößner. Dass Häkeln in Münnerstadt nun akademisch wird, das ist allerdings mit einem Augenzwinkern zu sehen. "Eigentlich war die Häkelakademie eine Spinnerei auf einem Geburtstag", erzählt Rainer Mößner. "Es klingt anspruchsvoller als Stopfstube", ergänzt Mia Hochrein. Doch mittlerweile sind die Initiatoren ganz begeistert von ihrer Häkelakademie, vermutlich der ersten in ganz Deutschland,wie eine Besucherin einwarf.Mia Hochrein findet, die Häkelakademie sollte eine Dauer-Einrichtung werden. Einen Schrank gibt es schon. Dort finden sich Stoff- und Wollereste, die die Stopfstuben-Teilnehmer in der Vergangenheit mit gebracht haben und die auf eine Weiterverarbeitung warten.

Jetzt existiert die Häkelakademie aber erst einmal bis zum August. Bei den nächsten Treffen zeigt Rainer Mößner, wie Bommeln hergestellt werden. Gebommelt wird für eine Bommeljacke. Wer es abgefahren mag, darf beim Einfahren eines Zuges diese Jacke anziehen und als Bommelflitzer den Bahnhof umrunden. Erste Freiwillige gibt es schon. Außerdem entsteht eine Bommelgirlande für den Bahnhof, denn für die Dauer von "else!2" wird der Bahnhof auch zum "Lungerland" (Herumlungern ist auch eine Kunst) mit Direktanschluss an die "Bommelbahn".

Am Ende der Akademie-Eröffnung wussten die Teilnehmer aber tatsächlich einiges Neues über diese Handarbeitstechnik. Ursprünglich nutzten sie laut Rainer Mößner Fischer zum Erstellen ihrer Netze. Daraus wurde im 18. Jahrhundert eine Handarbeit für die Mittelklasse. Erst Königin Viktoria machte das Häkelnfür die bessere Gesellschaft salonfähig, als sie Schals für britiscbe Soldaten im Angola-Krieg häkeln ließ. Seither ist Häkeln eine beliebte Handarbeitstechnik.Schwierig ist es allerdings bis heute Anleitungen für Häkelmode für den Mann zu finden, weiß Rainer Mößner. Kein Problem ist es dagegen mittlerweile, dass Männer in der Öffentlichkeit diesem Hobby frönen. Vor 40 Jahren war das noch anders, weiß Rainer Mößner aus Erfahrung.

Termine 17. und 31. Mai, Bommel-Abend. 7. und 14. Juni; Tunesisches Häkeln. Am 14. Juni liest der Schauspieler Jens Müller-Rastede dazu tunesische Märchen vor. 5. und 19. Juli Free-Style-Häkeln. 2. August: Mandala-Häkeln.
Die Häkelakademie trifft sich an den Terminen jeweils von 20 bis 22 Uhr im Bahnhof. Häkelnadeln und Wollreste können gestellt werden.

Infos https://www.projekt-else.com. Auf der Homepage gibt es auch Informationen über alle weiteren Veranstaltungen und Ausstellungen des Kunstprojektes.