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Münnerstadt: Die Wahl fiel auf die Ost-Trasse


Autor: Thomas Malz

Münnerstadt, Donnerstag, 07. März 2019

Vor 25 Jahren fiel die Entscheidung, die A 71 in ihrer heutigen Form zu bauen. Das war die erste verbindliche Festlegung. Es gab aber auch Widerstand.
Der Verkehr rollt über die Lauertalbrücke bei Münnerstadt. Die A 71 ist heute nicht mehr wegzudenken. Vor 25 Jahren wurde der Trassenverlauf "Ost" festgelegt. Thomas Malz


Heute gehört sie einfach dazu. Seit Dezember 2005 ist die Autobahn A 71 durchgehend von Schweinfurt nach Erfurt befahrbar. Das Verkehrsprojekt Deutsche Einheit Nummer 16 war vor allem wegen der Querung des Thüringer Waldes eines der aufwendigsten. In den Landkreisen Bad Kissingen und Rhön-Grabfeld, die während der Deutschen Teilung zu den strukturschwächsten Gebieten Bayerns gehörten, versprachen sich die Befürworter ganz erhebliche Vorteile. Anders als im benachbarten Thüringen, gab es aber im Freistaat von Anfang an auch Widerstand. Vor 25 Jahren fiel die Entscheidung für die sogenannte Ost-Trasse.

Regierungspräsident Franz Vogt gab im März 1994 bei einem Pressegespräch das Ergebnis des Raumordnungsverfahrens bekannt. Drei Varianten waren untersucht worden. Die Wahllinien West und Mitte entsprachen demnach nicht den Erfordernissen der Raumordnung. 90 Träger öffentlicher Belange waren gefragt worden, 900 Eingaben von Bürgerinitiativen, Privatpersonen, Vereinen und Pfarrgemeinderäten waren bei der Regierung eingegangen.

Für die Ost-Trasse der Autobahn, die damals noch A 81 heißen sollte, sprachen mehrere Dinge. So sah die Regierung bei der Variante West das Ziel der Stärkung und verkehrlichen Verknüpfung der zentralen Orte bei Weitem nicht so gegeben, wie bei der Variante Ost. Außerdem werde bei der Trasse Ost bei Weitem nicht so viel Wald in Anspruch genommen, hieß es damals. Und was die Landwirtschaft betreffe, müssten in jedem Fall Unternehmensflurbereinigungen durchgeführt werden, um den Zerschneidungseffekt wenigstens teilweise auszugleichen.

Damals zog die Regierung von Unterfranken das Resümee: "Unter Berücksichtigung aller Maßgaben und bei eingehender Beachtung der weiteren zahlreichen Vorschläge wird die A 81 in Form der Wahllinie Ost (...) aus raumordnerischer Sicht ganz erhebliche Vorteile - nicht nur in wirtschaftlicher Art - für die Region Main-Rhön bringen, ohne dass dabei die natürlichen Lebensbedingungen soweit beeinträchtigt würden, dass dies nicht zu verantworten wäre." Damit waren die Würfel gefallen: Die Variante Ost sollte es werden, wenn überhaupt gebaut wird. Denn das war 1994 noch gar nicht so klar.

Mit dieser Entscheidung waren nicht alle zufrieden. Der Münnerstädter Stadtrat hatte bereits zuvor beschlossen, in diesem Fall Klage zu erheben, was dann auch geschah. Erst 2001 zog der Stadtrat die Klage zurück. "Das war ein dramatischer Augenblick" erinnert sich der damalige Bürgermeister Eugen Albert. Der Stadtrat hatte sich zu einer Sitzung zusammengefunden und stundenlang über die weitere Vorgehensweise diskutiert. "Gegen 22 Uhr haben wir dann ein Fax ans Gericht nach Berlin geschickt, ab 0 Uhr hätte die Klage gegriffen."

Im Gegenzug hatte die Autobahndirektion Nordbayern einige Zugeständnisse gemacht. Für Münnerstadt war es unter anderem problematisch, dass die Autobahn mitten durch das Einzugsgebiet der Wasserversorgung verlaufen sollte. In diesem Bereich wurden dann beim Bau besondere Vorkehrungen getroffen, um das Trinkwasser zu schützen. Auch gab es Nachbesserungen beim Lärmschutz. "Wohlwollende Prüfungen", ob Münnerstadt beispielsweise die Autobahnmeisterei bekommt, liefen allerdings ins Leere.

Die "Bürgerinitiative B 19/ A 81" kündigte nach Bekanntgabe des Trassenverlaufs an, weiterhin gegen die Auswirkungen der geplanten A 81 vorzugehen und den Klageweg vorzubereiten. Stellvertretender Sprecher der Initiative war damals Johannes Wegner, der ab Oktober 1996 Bürgermeister der Marktgemeinde Maßbach war. Die Mitglieder der Initiative favorisierten einen Ausbau der vorhandenen B 19. "So wie das im südlichen Bayern auch gemacht wurde", sagt Johannes Wegner. Erreicht werden sollte das durch den Bau von zweispurigen Teilstücken, auf denen das Überholen problemlos möglich ist.

Im Gegensatz zu Münnerstadt hat der Markt Maßbach nie geklagt. Vor allem, weil es Nachbesserungen gab, die Johannes Wegner als extrem günstig einstuft. Dazu gehörte , dass in Zusammenarbeit mit dem Amt für Ländliche Entwicklung ein verbesserter Lärm- und Sichtschutz erreicht wurde. "Das war schon wichtig für die Gemeinde", sagt der frühere Bürgermeister. Und wenn schon eine Autobahn gebaut werde, dann müssten die Anschlussstellen so gelegt werden, "dass die Autobahn einen Nutzen für die Ortschaft bringt." Das sei bei der Anschlussstelle Maßbach-Poppenlauer auch so geschehen. Das Problem sei gewesen, dass dort, wo die Autobahn gebaut wurde, die besten Ackerflächen lagen. "Aber deswegen den Verlauf zu ändern, wäre illusorisch gewesen."

Heute hat Johannes Wegner seinen Frieden mit der Autobahn geschlossen. "Man hat sich daran gewöhnt", sagt er. "Man kommt halt ein Stück weit schneller und bequemer nach Würzburg oder Erfurt."

Bereits 1994 gab es auch Kundgebungen von Autobahn-Befürwortern. Sie versprachen sich einen Aufschwung für die gesamte Region. Heute ist sie für die meisten Menschen nicht mehr wegzudenken, auch wenn sich einige Hoffnungen nicht erfüllt haben, was besonders die Ansiedlung von Gewerbe und Industrie entlang der Autobahn betrifft.