Druckartikel: Mit Blick auf den Wandel der Bestattungskultur

Mit Blick auf den Wandel der Bestattungskultur


Autor: Dieter Britz

Münnerstadt, Sonntag, 19. Oktober 2014

Der Verband für landwirtschaftliche Fachbildung (VLF) hat sich beim "Hausgartentag" mit dem Wandel der Bestattungskultur im Lauf der Jahrhunderte und Jahrtausende befasst. Vortrag und Diskussion standen im Ausbildungszentrum für Bestatter im Programm.
Oliver Wirthmann (links), Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur e.V., sprach im Münnerstädter Bestatter-Zentrum über den Wandel der Bestattungskultur. In der Mitte Ute Schmidt, Vorsitzende der Frauengruppe des Verbandes für landwirtschaftliche Fachbildung im Kreis Rhön-Grabfeld, rechts der Kreisvorsitzende Ludwig Geis. Foto: Dieter Britz


Als Referenten hatte der VLF den Diplomtheologen Oliver Wirthmann verpflichtet, der Geschäftsführer des Kuratoriums Deutsche Bestattungskultur e.V. und Pressesprecher Bundesverbandes Deutscher Bestatter ist. Er kennt sich in Sachen Trauer und Beerdigungen aus, denn zunächst war er katholischer Geistlicher (Stadtpfarrer in Kitzingen), dann trat er zur evangelischen Kirche über und ist heute ehrenamtlicher Pfarrer in Köln.

Wirthmann begann seinen Streifzug durch die Bestattungskultur mit einem Satz des griechischen Staatsmannes Perikles: "Ein Volk wird nach dem beurteilt, wie es seine Toten bestattet." Die ägyptische Hochkultur habe sich aus dem entwickelt, wie die Toten bestattet wurden. Die Grabanlage in Stonehenge (England) sei ein "Stoppschild gegen den Tod, ein Zeichen erster Grabkultur". In früheren Jahrhunderten seien die Toten im Kirchhof direkt an der Kirche begraben worden, aber dann habe es Probleme mit dem Platz und dem Grundwasser gegeben. Deshalb seien im 19. Jahrhundert Friedhöfe in der freien Landschaft angelegt worden. In dieser Zeit sei auch die Feuerbestattung aufgekommen. Wirthmann rechnet damit, dass im Jahr 2014 etwa 56 Prozent aller Toten in Deutschland verbrannt werden. Dabei gebe es starke regionale Unterschiede, im Osten bis zu 90 Prozent, im Bodenseeraum oder Allgäu eher wenig.

Bei Beerdigungen sei der Ritus wichtig, heute komme dazu aber auch die Inszenierung. Aufgabe der Bestatter sei es, beides zu verbinden. Trauer brauche einen konkreten Ort, aber nur noch 50 Prozent der Bevölkerung könnten sich laut einer Umfrage ein klassisches Erd- oder Urnengrab vorstellen. Manche wünschten sich, die Urne eines Verstorbenen mit nachhause zu nehmen, was in Deutschland wegen der Friedhofspflicht allerdings verboten ist. "Wer hat dann das Besuchsrecht an der Urne im Wohnzimmer, falls es mal Krach in der Familie gibt?" fragte Wirthmann.

Der Friedhof der Zukunft bietet für Wirthmann Formenvielfalt der Architektur, ist ein Dialograum, ein "Ort des Glaubens und unserer Kultur". Er ging auch auf alternative Bestattungsformen ein, unter anderem unter Bäumen im Wald. Jede Gemeinde müsse im Rahmen der Daseinsvorsorge einen Friedhof mit genügend Platz für Erdbestattungen unterhalten. Je mehr Bürger dort aber nicht beerdigt würden, desto höher würden die Friedhofsgebühren der Gemeinden.

Nach dem Vortrag stellte Rosina Eckert, die Leiterin des Bestatter-Zentrums, die Einrichtung vor und die Zuhörer hatten die Gelegenheit, bei einem Rundgang sich selbst ein Bild zu machen.