Meister der Tarnung
Autor: Heike Beudert
Bad Kissingen, Sonntag, 27. August 2017
Matthias Franz aus Seubrigshausen erforscht das Vorkommen zweier seltener Heuschreckenarten im Landkreis.
Es ist heiß, die Sonne scheint vom Himmel. Beste Arbeitsbedingungen für Matthias Franz aus Seubrigshausen. Der angehende Umweltingenieur schreibt eine Forschungsarbeit über ebenso unauffällige, wie seltene Landkreisbewohner: Es handelt sich um die rotflügelige Ödlandschrecke und die italienische Schönschrecke. Beide Heuschreckenarten werden aktiv, wenn das Thermometer am höchsten steigt.
Matthias Franz untersucht das Vorkommen dieser unter Naturschutz stehenden und vom Aussterben bedrohte Insekten. Der Landkreis Bad Kissingen ist eine der wenigen Regionen Bayerns, in denen die beiden Heuschrecken vorkommen. Möglichst karg und steinig soll muss der Lebensraum sein, dazu sonnenverwöhnt. Der Raum Hammelburg bietet diese Voraussetzungen, aber teilweise auch die Muschelkalkhänge rund um Münnerstadt. Matthias Franz hat ein Fangnetz in der Hand und begibt sich auf die Suche nach seinen Forschungsobjekten. Es ist eine auf den ersten Blick öde, steinige und leblose Fläche. Kaum setzt der Mann aus Seubrigshausen einen Fuß auf die Fläche, hüpft beziehungsweise fliegt die erste Ödlandschrecke hoch und breitet ihre roten Flügel aus. Perfekt an ihr steiniges Zuhause angepasst, erkennt der Betrachter in diesem Moment, dass es hier neben Steinen auch Leben gibt. Die gut sichtbaren Flügel entfalten sich nur im kurzen Moment des Flugs. Ansonsten verschmilzt die Ödlandschrecke mit den Steinen.
Da die rotflügelige Ödlandschrecke und die italienische Schönschrecke stark gefährdet sind, stehen sie unter besonderem Schutz. Matthias Franz benötigte für seine Forschung eine Genehmigung der höheren Naturschutzbehörde der Regierung von Unterfranken. Darin ist klar geregelt, was er tun darf.
Von der Regierung von Unterfranken hat er die Erlaubnis bekommen, an ausgewählten Standorten die Tiere zu fangen und zu markieren, um sie zu zählen. "Das ist gar nicht so einfach", hat Matthias Franz festgestellt. Die Heuschrecken sind unheimlich schnell und ihre Flugrichtung nicht berechenbar.
Eine Lücke schließen
Bekannt ist, dass es im Landkreis diese seltenen Insekten gibt. Wie hoch ihr Vorkommen ist, das wurde aber in den vergangenen Jahrzehnten nicht mehr ermittelt. Diese Lücke will Matthias Franz mit seiner Untersuchung, soweit es ihm möglich ist, schließen.In 15 Gebieten ist es ihm erlaubt, die Tiere in bis zu drei Durchgängen einzufangen und zu markieren. Wie es derzeit aussieht, kommen Heuschrecken nur in acht von diesen Gebieten vor. Das Fangen und Markieren erleichtert die Zählung und sichert genauere Daten. Mittels eines Berechnungsindex kann Matthias Franz auf diese Art die tatsächliche Population hochrechnen. In den Standorten ohne Fanggenehmigung muss die Zählung per Augenmaß funktionieren. 80 Prozent der Flächen liegen im Altlandkreis Hammelburg. Zwei Gebiete bleiben bei der Zählung außen vor. Der Schweden- und der Hammelberg bei Hammelburg. Die sind einfach zu steil.Es bestünde Absturzgefahren.
Spitzenreiter bei der Rotflügligen Ödlandschrecke ist derzeit ein Gebiet im Raum Münnerstadt. "Das hat mich überrascht", sagt Matthias Franz. Der Student sucht bei seinen Zählungen auch Antwort auf die Frage, weshalb manche Lebensräume eine höhere Populationsdichte aufweisen als Gebiete mit scheinbar ähnlichen Gegebenheiten. Die italienische Schönschrecke kommt im Landkreis so nur an einer Handvoll Stellen im Raum Machtilshausen vorkommt.Deshalb führt Matthias Franz Temperaturmessungen in der Luft und am Boden durch und hinterfragt, ob Hangneigung und Sonnenexposition eine Rolle spielen. Mit Insekten hatte Matthias Franz, der in Triesdorf Umweltsicherung studiert, bislang eher weniger zu tun.
Eigentlich ist er Ornithologe und ehrenamtlicher Wiesenbrüter-Beobachter im Landkreis. Für seine Bachelorarbeit wollte sich der Naturschützer auf ein neues Terrain begeben. Das Vorkommen dieser beiden Heuschrecken-Arten zu erforschen, reizte ihn. "Der Landkreis hat eine herausragende Bedeutung für wärmeliebende Arten in Bayern", betont Matthias Franz.
Er kann sich sicher sein, dass die Ergebnisse seiner Forschungsarbeit Eingang in den praktischen Naturschutz finden. Die Naturschutzbehörde will die Erkenntnisse in ihre Arbeit einfließen lassen, erklärt die Landkreispressereferentin Lena Pfister auf Anfrage. So werden Art und Zeitpunkt der Landschaftspflegemaßnahmen sich nach dem Vorkommen der Arten ausrichten.
Solche Forschungsarbeiten werden an der Unteren Naturschutzbehörde für sehr wichtig eingestuft, übersteigen jedoch nach Angaben von Lena Pfister die Möglichkeiten der Naturschutzbehörde. Um so wichtiger seien solche Arbeiten.