Lippel liest und träumt
Autor: Dieter Britz
Maßbach, Mittwoch, 02. Juli 2014
"Lippels Traum" feierte am Mittwoch im Fränkischen Theater Schloss Maßbach Premiere. Das Stück lebt vom Wechsel zwischen Fiktion und Realität und ist auch junggebliebenen Erwachsenen zu empfehlen.
Nicht nur im wirklichen Leben vermischen sich gelegentlich Traum und Wirklichkeit. Das Theaterstück "Lippels Traum" nach dem Buch von Paul Maar, das am Mittwoch im Fränkischen Theater Schloss Maßbach Premiere hatte, lebt geradezu davon, dass Fiktion und Realität ständig wechseln.
Böse Stiefmutter
Mehrere Hundert Buben und Mädchen aus Schulen im weiten Umkreis waren mit ihren Lehrern ins Theater gekommen und erlebten mit, wie der junge Lippel von seinem Vater eine Woche lang alleingelassen wird, weil der Vater beruflich verreisen muss. In dieser Zeit soll Frau Jakob für ihn sorgen. Doch die erinnert schon ab dem ersten Augenblick viel mehr an die böse Stiefmutter aus dem Märchen als an eine fürsorgliche Haushälterin.
Das fängt damit an, dass der arme Lippel unbedingt Tomatensuppe essen soll, die er mehr als alles andere verabscheut.
Und die Schikanen enden noch lange nicht damit, dass Frau Jakob ihm am Abend das Buch "Tausend und eine Nacht" samt Taschenlampe abnimmt. Beides hatte ihm sein Vater überlassen, damit er im Bett lesen kann. Und deswegen träumt er die Handlung im Buch ein wenig weiter, wird aber von der verständnislosen Frau Jakob gestört.
Nebenbei bemerkt: Lippels Bett wird ebenso wie andere Requisiten schlicht und einfach von Schauspielern dargestellt - und zwar so, dass man auch ohne viel Fantasie ihren Verwendungszweck wirklich erkennt.
Lippel bekommt zwei neue türkische Klassenkameraden, Hamide und Arslan, mit denen er sich anfreundet. Arslan hat Probleme mit der deutschen Sprache: "Es heißt doch das Haus, also muss es auch das Schule heißen". Beide spielen im weiteren Verlauf der Geschichte eine große Rolle als Prinzessin Hamide und Prinz Asslam. Lippel erzählt seiner netten Nachbarin Frau Peschke von seinem Kummer.
Die verständnisvolle Frau gibt ihm einen einfachen, aber guten Rat: "Da hilft nur ein Fortsetzungs-Traum."
Also legt sich Lippel ins Bett und träumt weiter. Und dabei entpuppen sich die beiden netten türkischen Klassenkameraden als Königskinder, die in höchster Gefahr sind. Auch sie haben es mit einer bösen Tante zu tun, die der realen Frau Jakob wie aus dem Gesicht geschnitten ist. Der König verbannt seine Kinder auf Drängen der machthungrigen Tante in die Wüste, wo sie in einem Sandsturm ums Leben kommen sollen. Lippel ist auch dabei, besteht mit ihnen viele Abenteuer und hilft ihnen schließlich, die böse Tante zu überlisten und zu ihrem Vater in den Palast zurückzukehren.
Der König erfährt die Wahrheit über seine Kinder und verbannt nun die böse Tante: "in ein Land voller Regen und Wolken, nach Deutschland".
Lehrreich und unterhaltsam
Die schauspielerische Leistung aller Akteure verdient höchste Anerkennung. Sie schaffen es, einen durchaus komplexen Inhalt auch für ein junges Publikum sehr gut verständlich zu präsentieren. Ein dickes Lob haben aber auch die Schüler verdient. Noch Sekunden vor Beginn der Aufführung verstand man im Theater sein eigenes Wort gelegentlich kaum noch.
Als es losging, blieb es mit einem Schlag eine ganze Stunde lang mucksmäuschenstill, sogar ohne Ermahnungen der Lehrer. Auch diejenigen, die zwischendrin hungrig an ihren mitgebrachten Pausenbroten kauten, ließen derweil keinen Blick von der Bühne und den Schauspielern. Insgesamt ist "Lippels Traum" ein Stück nicht nur für Kinder, sondern auch für junggebliebene Erwachsene - sowohl lehrreich als auch unterhaltsam.