Druckartikel: Jörg Knör schlüpft in viele Rollen

Jörg Knör schlüpft in viele Rollen


Autor: Björn Hein

Münnerstadt, Sonntag, 01. Dezember 2013

Der Unterhaltungskünstler parodiert, zeichnet und macht mit seinem Spott vor keinem halt.
Stimmen-Imitator: Jörg Knör als Inge MeyselFotos: Björn Hein


Der Begriff "Entertainer", mit dem ein Unterhaltungskünstler bezeichnet wird, scheint ein Relikt aus den 90ern zu sein. Allgegenwärtig ist in der heutigen Zeit eher der Begriff "Supertalent", ganz so, als ob es darüber hinaus keine Steigerung mehr gäbe. In einer Welt, in der Superlative die Sprache prägen, scheint der "Entertainer" nicht mehr en vogue.
Dass diese Wahrnehmung ganz und gar falsch ist und sehr wohl auch heute Unterhaltungskünstler bei den Menschen sehr gut ankommen, dafür lieferte Jörg Knör mit seinem Kabarett-Programm in Münnerstadt den Beweis. Nicht nur, dass er für frenetischen Applaus sorgte - er rührte die Besucher zu Freudentränen. Gekonnt kokettierte er mit dem Publikum und machte dabei mit ausgewählten Personen seine Späße, die herzhaft mitlachten. Ob Presse, Bürgermeister, Wahl oder die Unwägbarkeiten auf dem flachen Land - Knör machte mit seinem feinen Spott vor keinem halt. Er wagte den Dialog mit seinen Zuschauern, kommentierte bissig-satirisch deren kleine Schwächen und zeigte so, wie ein Showprogramm aussehen muss.
"Alles nur Show" - das war auch das Motto des Programms, das sich schon in der Annonce mit dem Untertitel "6 Millionen Zuschauer" und dann mit kleinem Stern "hat dieses großartige Programm verdient" in der Unterzeile selbst auf die Schippe nimmt.
Jörg Knör spulte nicht wie so mancher Kollege sklavisch sein Programm ab. Er ging auf das Publikum ein, veränderte seine Stücke und passte mit viel Gespür für Situationskomik sein Programm an. Und noch etwas passte zum "Entertainer" - er überzog sein Programm so lange wie Gottschalk "Wetten dass" in seinen besten Zeiten. Über drei Stunden spielte er unermüdlich, die Zeit verging wie im Flug und die Zuschauer sahen, dass hier ein ganz großer Könner seines Fachs am Werk ist.

Stadt mit Gegensätzen

Der Abend hatte mit romantischer Klaviermusik begonen, fast melancholisch sang Knör seinen ans Herz gehenden "Song zum Jahresende". Kochend heiß servierte er einen Jahresrückblick, der es in sich hatte. Natürlich schweifte er dabei auch immer wieder ab, sehr zur Freude des Publikums. So erzählte er von der mühsamen Anfahrt in die Rhön und auch davon, dass Münnerstadt eine Stadt mit vielen Gegensätzen ist. "Hier ist der Schaub reich und der Bürgermeister blank", meinte er schelmisch und hatte dabei die Lacher auf seiner Seite.
Doch auch die Presse war immer wieder im Visier der Kabarettisten. Schon nach fünf Minuten meinte er: "Der schreibt und schreibt - so viel habe ich doch gar nicht gesagt. Aber wenn Sie schon beim Schreiben sind: vergessen sie nicht, meinen Knackpo und den attraktiven Körper zu erwähnen" - das Publikum applaudierte begeistert. Überhaupt: Viele Scherze schienen oft wie aus dem Stegreif entwickelt und waren es sicher auch. Aber wenn man genau hinhörte, so konnte man Nuancen wahrnehmen, die sich oft tiefgründig mit Thematiken auseinandersetzten und diese im Nebensatz bissig kommentierten. Auch dieser feinsinnig gewobene Spott sorgte dafür, dass das Publikum schier an den Lippen von Jörg Knör klebte, um ja keinen Scherz zu verpassen. Ein Herzstück des Abends waren natürlich die Stimmimitationen, in denen sich der Kabarettist als wahrer Meister erwies.
Ob Jopi Heesters, Papst Johannes Paul II., Inge Meysel und viele weitere Prominente: Knör gelang es, sowohl Stimmlage als auch Sprachduktus des Persiflierten meisterhaft anzunehmen und die Imitation mit sarkastischen Untertönen zu würzen. Und wenn der Kabarettist virtuos von Heinz Erhardt zum Bum-Bum Boris sprang, so geschah dies in rasendem Wechsel. Da zeigt sich, dass Knör sein Handwerk meisterhaft beherrscht. Überraschungen natürlich inklusive.

Situationskomik

Wehe dem Journalisten, der seinen Platz verlässt, um an anderer Stelle ein Foto zu machen: "Was machen Sie eigentlich noch alles: Fotografieren, schreiben, Zeitung setzen und austragen? Entwickeln Sie die Bilder eigentlich selbst? Früher hat man die Filmrollen in die Entwicklungsländer geschickt." Natürlich amüsierte sich das Publikum über diesen Spott köstlich. Doch auch Bürgermeister Helmut Blank verschonte Knör nicht, wenn er meinte, dass es logisch sei, dass man in Franken bei der CSU ist: "Das ist hier genetisch bedingt", meinte er mit einem Schmunzeln.
An der Bunderkanzlerin ließ er kein gutes Haar. Mit zwei Problemzonen - dem Kopf und den Körper - belastet, trägt diese einen Zauberflöten-BH: "Wenn sie den BH aufmacht, ist der Zauber flöten." Und natürlich gibt es auch nur eine Möglichkeit, 's Angela auf dem Fernseher zum Lächeln zu bringen - wenn man ihn umdreht.
Knör demonstrierte dem Publikum auch sein Talent als Zeichner. Neben Angela Merkel entstanden so mit virtuosem Pinselstrich Portraits von Rudi Carrell und von Bürgermeister Blank, der auf die Bühne geholt und gezeichnet wurde."Besser von Knör gemalt, als vom Leben gezeichnet", meinte der Kabarettist dazu. Dabei outete sich Blank, dass er beim Fasching als Pirat gehen will. Knör griff das natürlich sofort auf: "Als Pirat? Wie ist da die Verkleidung? Mit Augenklappe und Laptop?"
Knör verstand es, um Situationen eine kleine Geschichte zu weben, er nahm die Thematik auch im späteren Teil immer wieder auf und sorgte so mit viel Improvisationstalent für einen rundum gelungenen Abend. "Ich bin manchmal so 'ne lustige Type", sagt er über sich. Schlichtweg genial war auch seine Udo-Lindenberg-Imitation. Doch auch hier übernahm Knör nicht einfach Texte: Flugs dichtete er das Lied um, was für viel Freude und Häme im dreieinhalb Stunden lang unterhaltenen Publikum sorgte.