Früher war alles anders in Münnerstadt
Autor: Thomas Malz
Münnerstadt, Donnerstag, 27. Dezember 2018
Der Jahresbericht der Verwaltung kommt heuer später und ein Stadtrat-Abschlussessen gibt es nicht. Ein Blick auf die Veränderungen.
"Wie in jedem Jahr hatte Bürgermeister Müller den Stadtrat zu einer Abschlußsitzung eingeladen, um einen Jahresbericht zu geben." An diesem Satz fallen drei Dinge auf. Der Bürgermeister heißt nicht Müller, Abschlusssitzung schreibt man mit drei "s" und eine solche gibt es nicht. Jedenfalls nicht in diesem Jahr. Der zitierte Satz stand im Dezember 1968 in der Zeitung, also vor genau 50 Jahren. So begann ein Artikel, der sich auf den Jahresbericht von Bürgermeister Alfred Müller bezog.
Den Jahresbericht des Bürgermeisters bei der letzten Stadtratssitzung, wie es in anderen Städten und Gemeinden üblich ist, gibt es in Münnerstadt schon längere Zeit nicht mehr in dieser Form. Vielmehr ließ man es in Münnerstadt gemütlich angehen bei einem Abschlussessen des Stadtrats, bei dem der jeweilige Bürgermeister ein paar Worte über das letzte Jahr verlor. So war es jedenfalls noch bei Eugen Albert (Freie Wähler), der diese Tradition von seinem Vorgänger Ferdinand Betzer (CSU) übernommen hatte. Helmut Blank (CSU) änderte dies ein wenig ab. Er lud die Stadträte zur ohnehin stattfindenden Weihnachtsfeier der Verwaltung ein. Dann kehrte er vor zwei Jahren zur alten Vorgehensweise zurück, allerdings mit einem kleinen Problem: nicht einmal die Hälfte der Stadträte kamen. "Es hat nicht funktioniert, dann lass ich es lieber", sagt Helmut Blank. Seitdem gibt es das Abschlussessen des Stadtrats nicht mehr.
Dass schon seit Jahrzehnten am Jahresende auf einen Rückblick des Bürgermeisters verzichtet wird, hatte früher vor allem einen Grund: Zum Neujahrsempfang, der immer Anfang Januar stattfand, nahm das jeweilige Stadtoberhaut die Gelegenheit wahr und gab vor Vertretern der Politik, der Wirtschaft, der Vereine und Institutionen einen ausführlichen Rückblick auf die Ereignisse des letzten Jahres und schaute auch gleich auf das neue Jahr. Zuletzt hatte Bürgermeister Helmut Blank aber auch darauf verzichtet und den Rückblick beispielsweise dem Komiker Fredi Breunig überlassen. "Mich haben viele Leute angesprochen", sagt dazu der Bürgermeister. "Sie wollen so einen langen Rückblick mit so vielen Zahlen gar nicht hören." Darauf habe er sich eingestellt. Helmut Blank will sich Gedanken machen, ob man nicht den Jahresrückblick in einer Broschüre zusammenfassen könnte, so wie es schon einmal im Januar 2014 geschehen ist.
Apropos Jahresrückblick: einen solchen hat es früher seitens der Verwaltung immer bei der letzten Stadtratssitzung des Jahres gegeben. In letzter Zeit allerdings nicht mehr. "Kommt noch", sagt Helmut Blank und nennt einen Grund für die Verzögerung: "Alles unsere Dienststellen leiden unter Personalmangel, wie andere Behörden auch", sagt er.
Immerhin: die im letzten Jahr beinahe abgeschafft Neujahrswunschenthebung gibt es noch. Da können Münnerstädter Geld spenden, die der Bürgermeister dann bedürftigen Personen zukommen lässt. Letztes Jahr hatte er kurzfristig ein paar Stunden lang selbst das Geld angenommen, heuer können die Spenden zu den Öffnungszeiten des Rathauses im Vorzimmer des Bürgermeisters abgegeben werden. Beinahe 1000 Euro seien bereits zusammen gekommen. Die Namen der Spender werden allerdings nicht mehr veröffentlicht. Vor 50 Jahren, im Jahr 1968, waren insgesamt 804.50 DM gespendet worden.
Ein Vergleich der beiden Jahre lohnt sich durchaus, beispielsweise, was die Einwohnerzahl betrifft. Damals lebten 4645 Menschen in der Stadt. Diese Zahl bezieht sich ausschließlich auf Münnerstadt selbst, denn die Stadtteile gehörten damals nicht dazu. Derzeit sind in Münnerstadt selbst 4076 Menschen gemeldet, also weit weniger als 1968. Hinzu kommt, dass vor 50 Jahren die Baugebiete Schindberg, Zent und Karlsberg weit weniger besiedelt waren als heute. Viele Menschen lebten in der Altstadt.
Interessant ist auch die Bautätigkeit in jener Zeit. So hat beispielsweise die Firma Georg Jäger eine neue Halle am Bahnhof errichtet. Das sind die Hallen, die jetzt Parkplätzen weichen sollen. Das Raiffeisenbank baute gerade ihr neues Haus in der Veit-Stoß-Straße hatte mit dem Neubau des Pfarrgemeindehauses begonnen. Der dem Zeitgeist entsprechende Betonbau war allerdings ein kompletter Fehlgriff und ist längst wieder abgerissen worden.