"Es isch scho e weng länger har"
Autor: Dieter Britz
Münnerstadt, Donnerstag, 08. Januar 2015
Anekdoten aus seinem Heimatort Großwenkheim erzählte Albin Dannhäuser, Ehrenpräsident des Bayerischen Lehrerinnen- und Lehrerverbandes, in fränkischer Mundart beim Erzählcafé in Münnerstadt. Es war das 100. seiner Art.
Albin Dannhäuser wohnt heute in Friedberg östlich von Augsburg. Doch man merkt ihm an, dass das Herz des gebürtigen Großwenkheimers noch immer an Unterfranken hängt. Beim 100. Erzählcafé im Julius-Spital konnte Eugen Albert den Ehrenpräsidenten des BLLV (Bayrischer Lehrerinnen- und Lehrerverband) als Ehrengast willkommen heißen. Da Albert vor seiner Tätigkeit als Münnerstädter Bürgermeister ebenfalls Lehrer und BLLV-Funktionär war, kreuzten sich ihre Wege oft. Die beiden kennen sich seit 40 Jahren.
Albin Dannhäuser musste sich etwas gedulden, bis er an die Reihe kam, denn zu Beginn des Jubiläums-Erzählcafés gab Eugen Albert einen kurzen Rückblick und überreichte Emmi Hoffmann und Klaus-Dieter Guhling, die in früheren Jahren das Erzählcafé mit organisiert hatten, kleine Präsente.
"Wie es blüht und gedeiht, erfüllt mich mit großer Freude", sagte Klaus-Dieter Guhling. Als "kleine Bestechung, dass sie es noch viele Jahre weitermachen" überreichte Karina Dietz, die das Haus St. Michael des Julius-Spitals leitet, Präsente an Anneliese und Eugen Albert.
Seine Arbeit als Lehrer und Verbandsfunktionär streifte Albin Dannhäuser bescheiden mit kaum einem Wort. Vielmehr unterhielt er die zahlreichen Gäste, unter denen auch sehr viele Lehrer waren, vor allem mit selbst erlebten Geschichten und Anekdoten in unterfränkischer Mundart unter dem Motto "es isch scho e weng länger har". Warum in Mundart? "Damit kann man Gefühle ausdrücken, wie es in Hochdeutsch nicht geht". Die Mundart müsse gepflegt werden, denn das sei ein Stück Heimat.
Aus der Bibel
Die erste Geschichte "Die Marchereth" erzählt von einer alten Frau, die durch den Zweiten Weltkrieg nach Großwenkheim verschlagen wurde. "Der Marchreth ihr Gsicht wor ganze gor zommekutzelt und sie hatt a überhaupt keen Zoh mer kot; ower ihr braune Aache worn groeß und hömm geglenzt wie die vo e jungs Mädle", erzählte Dannhäuser. Besonders in Erinnerung geblieben ist ihm, dass den ganzen Tag eine dicke Bibel bei ihr aufgeschlagen auf dem Tisch lag und sie ihm oft daraus vorgelesen und vieles erklärt hat. Doch sie hat ihn auch vorgeworfen, ihr "Nembercha Leffela" (Nürnberger Löffelchen) gestohlen zu haben, weil sie von seinen Eltern etwas zu essen haben wollte. Und später fand sich das Leffela dann als Lesezeichen in ihrer Bibel.
Doch konnte der Marchereth keiner böse sein.
Respektsbeweise
Die Geschichte "Schinke un Ääär brange Eser un Zwäär" (für zugereiste Nicht-Unterfranken: "Schinken und Eier bringen Einser und Zweier") widmete Albin Tannhäuser der Schwester des in Großwenkheim geborenen Speyerer Altbischofs Anton Schlembach, Gertrud Dannhäuser. Sie feierte im Dezember 2014 ihren 80. Geburtstag.
Einst war es in den Dörfern noch Tradition, "dass die Bauer en Lehrer ümmer emoel öpes zugsteckt hömm", Schinken, Blutwurst, Kirschen oder Eier. Damit wollten die Bauern zeigen, dass sie große Stücke auf ihre Lehrer halten, denn diese waren, neben dem Pfarrer, hohe Respektspersonen.
Und natürlich haben die Bauernkinder, wenn es auf das Zeugnis zuging, deutlich mehr Naturalien als sonst mitgebracht.
Der Handel mit den Beichtzetteln
In der Geschichte "Osterbeicht" geht es um den Handel mit Beichtzetteln. Bis in die Sechzigerjahre lernten alle katholischen Kinder in der Schule "du sollst wenigstens einmal im Jahr das Sakrament der Buße und der heiligen Kommunion empfangen. Und zwar zur österlichen Zeit". Das war Pflicht für jeden Katholiken, und das Beichten zwischen dem Palmsonntag und dem Weißen Sonntag gehörte auch dazu. Dafür gab es einen Beichtzettel, der später wieder im Pfarrhaus abgegeben werden musste. Die jungen Burschen, die alles mögliche auf dem Kerbholz hatten, gingen nach Maria Bildhausen, wo sie der Pfarrer nicht kannte oder nach Münnerstadt zum schwerhörigen Augustiner-Pater Emmeran.
"E besondere Surte vo junge Bursch" aber, die sich vor der Beichte drücken wollten, stifteten kleine Buben an, zweimal zum Beichten zu gehen und den zweiten Zettel ihnen zu geben - gegen 50 Pfennig, was viel Geld war. Nach dem weißen Sonntag tranken die jungen Burschen auf ihren Streich ein Bier im Wirtshaus, doch der Wirt rief dazwischen "Ja, ja ihr seid mr schüene Toochdiewe. Iech sooch euch: Bescheißt n Pforr niet jedes Mal, denn Gottes Aug ist überall!"
Ein sehr vergnüglicher Nachmittag im Erzählcafé, aber auch eine Herausforderung für alle Zugereisten, die nicht mit unterfränkisch als Muttersprache aufgewachsen sind.