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Entsetzen bei den Tierschützern


Autor: Thomas Malz

Münnerstadt, Mittwoch, 09. Juli 2014

In einem katastrophalen Zustand sind sechs Hunde und etliche Kleintiere in die Wannigsmühle gekommen. Nach einer Kontrolle eines unter Auflagen stehenden Tierhalters im Markt Bad Bocklet war das Veterinäramt eingeschritten.
Die Schäferhündin ist in einem katastrophalen Zustand. Auf ihrer Haut tummelt sich das Ungeziefer.  Foto: Thomas Malz


Die Stimmung ist auf dem Tiefpunkt. Nach und nach bringen die Mitarbeiter des Tierheims Wannigsmühle die Hunde in den Raum, in denen sie die nächsten Tage verbringen werden. Das Geschirr muss einem Tier abgeschnitten werden, es lässt sich gar nicht mehr öffnen. Alle sind spindeldürr. "Der ist kurz vor dem Verhungern", sagt Tierheimleiterin Ursula Boehm, die einfach nur noch wütend ist. "So etwas passiert mitten in Deutschland!?"
Mit jedem Hund, der ins Zimmer kommt wird der ekelhafte Geruch stärker. Er haftet an den Tieren wie das Ungeziefer, das auf den kahlen Stellen des Felles deutlich zu erkennen ist."So hat es in dem Zimmer gestunken, aus dem wir sie geholt haben", erklärt Ursula Boehm. "Alles war voller Kot."

Alle in Quarantäne

Inzwischen wird der letzte Hund aus der Box im Fahrzeug geholt. Während es sich bei den anderen um Mischlinge handelt, dürfte dieser ein echter Schäferhund sein. Aber da will sich Ursula Boehm nicht festlegen. In dem Zustand ist das kaum zu erkennen. "Die müssen alle erst einmal in Quarantäne", sagt sie. Das betrifft nicht nur die Hunde, auch die Kleintiere sehen jämmerlich aus. Der von Ursula Boehm beschriebene katastrophale Pflegezustand zeigt sich unter anderem in den langen Krallen eines Kaninchens und eines Meerschweinchens. Noch schlimmer steht es um die Chinchillas. Das Weibchen des Trios ist völlig abgemagert. Auch für die Hunde gilt: "Wir dürfen ihnen nicht zu viel Futter hinstellen, sonst erbrechen sie alles wieder", erklärt die Tierheimleiterin. "Sie müssen sich erst langsam wieder ans Essen gewöhnen." Und: "Ob die alle überleben, ist noch unklar."
Während sich die Mitarbeiter um die Versorgung der Tiere kümmern, nimmt sich Ursula Boehm jetzt Zeit für ein Gespräch. Auf dem Tisch stehen noch die vollen Kaffeetassen. Der ist inzwischen kalt, aber das interessiert jetzt niemanden. Die Tierheimleiterin ist unendlich wütend. Am liebsten möchte sie den Namen des Tierhalters nennen. "Wir sind wieder die Dummen", sagt sie. Trotz allen Ärgers ist sie froh, dass das Veterinäramt in diesem Fall eingeschritten ist. "Das Schlimme ist, dass es viele Fälle gibt, von denen man nichts erfährt." Der Weg, bis es möglich wird, dass Tiere aus solchen Verhältnissen geholt werden und dem Besitzer ein Tierhaltungsverbot ausgesprochen wird, sei sehr lang. Da brauche man schon konkrete Angaben. Und weil es immer wieder vorkommt, sagt sie ganz deutlich: "Anonyme Hinweise nützen gar nichts."

Landratsamt schritt ein

"Als staatliche Behörde mussten wir einschreiten", sagt Stefan Seufert, Pressesprecher des Landratsamtes Bad Kissingen. Vor Ort dabei war der zuständige Amtstierarzt Dr. Richard Roider. "Die Tiere waren nicht artgerecht untergebracht", sagt der Veterinär. Bei einer Wohnungshaltung müssten bestimmte Voraussetzungen erfüllt werden, wie genügend Auslauf oder Belüftung. Das sei aber nicht gegeben gewesen.
Der Tierhalter habe schon seit längerer Zeit unter Beobachtung gestanden. "Es hat sich mit der Zeit verschlechtert", erklärt Richard Roider. 2010 sei die Tierhaltung noch in Ordnung gewesen, aber immer mehr ins Negative abgerutscht. Der Halter habe Auflagen bekommen. "Jetzt haben wir unangekündigt eine Hauskontrolle durchgeführt, ob die Auflagen erfüllt werden. Da sie nicht eingehalten wurden, habe ich sofort veranlasst, dass die Tiere ins Tierheim kommen", sagt der Amtstierarzt. Sie seien in einem äußerst schlechten Zustand. So ein Fall komme alle zwei Jahre vor, schätzt Richard Roider auf Nachfrage unserer Zeitung.
Wie der Leiter der Polizeiinspektion Bad Kissingen, Stefan Haschke, bestätigt, hat eine Streifenbesatzung der Polizei das Landratsamt bei dem Einsatz unterstützt.