Eine Stadt im Ausnahmezustand
Autor: Dieter Britz
Münnerstadt, Sonntag, 29. März 2020
1855 und 1860 fanden die ersten beiden Studiengenossenfeste in Münnerstadt statt. Wegen der Kriege 1866 und 1870/71 und der politischen Situation trafen sich die Männer erst wieder 1880. Aber da wurde richtig gefeiert.
Die Vorbereitungen für das Studiengenossenfest der Ehemaligen des Schönborn-Gymnasiums im Juli laufen auf Hochtouren. Wieder wollen sich Hunderte von ehemaligen Schülerinnen und Schülern treffen und Erinnerungen austauschen und hoffen, dass das Corona-Virus keinen Strich durch die Rechnung macht.
Das erste Studiengenossenfest fand 1855 statt, weiter ging es 1860. Erst nach einer langen Pause trafen sich 189 Studiengenossen vom 9. bis zum 11. August 1880 wieder. Darüber wird im Programm der "königlichen Studienanstalt zu Münnerstadt" (so hieß die Schule früher) für das Schuljahr 1882/83, das 1883 gedruckt erschien, auf 49 Seiten ausführlich berichtet. Im Juli 1855 erschien unter anderem in der Neuen Münchener Zeitung und im Würzburger Anzeiger eine "Einladung zu einem Studiengenossenfeste in Münnerstadt".
Unterzeichnet ist die Anzeige von Spitalverwalter Buch, dem königlichen Advokaten Hippeli, dem Prior des Augustiner-Ordens und Studienlehrer Pater Pius Keller, Bürgermeister Mangold und fünf auswärtigen Mitgliedern des Fest-Comités. Damals wurde beschlossen, sich in fünf Jahren, also 1860, wieder zu treffen.
Fest im Jahr 1865 geplant
Die Einladung dazu erschien im Juli unter anderem im Würzburger Anzeiger. In der Anzeige heißt es, dass es 1860 gleichzeitig das 200-jährige Bestehen der Studienanstalt zu feiern gebe. Auch 1865 war ein Fest geplant. Doch am 12. August dieses Jahres erschien im Würzburger Abendblatt der Hinweis, "das diesjährige Studiengenossenfest muss wegen lokaler Hindernisse unterbleiben und soll dasselbe im Nachsommer des nächsten Jahres stattfinden, wozu die Einladungen rechtzeitig ergehen werden". Mit der Verschiebung nur um ein Jahr wurde es nichts. Auf den ersten Seiten des schon erwähnten Berichtes über das Studiengenossenfest 1880 wird ausführlich erklärt, warum es eine Pause gab bis 1880. Das politische Klima 1865/66, das im preußisch-österreichischen Krieg mündete, verhinderte in jenen Jahren ein Treffen. 1870 kam der deutsch-französische Krieg dazwischen, und "noch viel weniger aber schienen sich die folgenden Jahre für ein glückliches Gelingen des Festes zu eignen". Eine rege Beteiligung und ein gedeihliches Zusammengehen seien infrage gestellt.
Die Idee kehrt zurück
"Erst als die alles heilende Zeit ... ihren sänftigenden Einfluss zu üben begann, stieg da und dort der Gedanke auf, man solle nachholen, was der Verhältnisse Ungunst bisher nicht verstattet", schilderte der Autor des Berichts, der königliche Studienlehrer Martin Heid. Im Jahr 1880 trafen sich deshalb Honoratioren des Städtchens und bildeten wieder ein Fest-Comité. Unter ihnen waren wiederum Pater Pius Keller und Notar Zeißner, außerdem der Arzt Dr. Riegel und Rektor Seiz.
In zahlreichen Zeitungen erschien eine Einladung mit einem detaillierten Programm für ein Fest vom 9. bis 11. August.
Viele Bürger, die Teilnehmer aufnehmen wollten, putzten ihre Zimmer heraus, "auch manches Haus selber erneuerte zur Überraschung der Nachbarn sein verblasstes Gewand".