Den Lehrerberuf dem Priesteramt vorgezogen
Autor: Dieter Britz
Münnerstadt, Sonntag, 10. Dezember 2017
Der Waldfensterer Edmund Seller erzählte beim Erzählcafé im Julius-Spital aus seinem Leben. Auch die musikalische Komponente kam nicht zur kurz.
"Einen Waldfensterer, so wie ich" präsentierte Eugen Albert im Erzählcafé des Julius-Spitals als Erzähler. Neben dem Geburtsort haben der Bad Kissinger Konrektor i.R. Edmund Seller und der Mürschter Altbürgermeister noch manches mehr gemeinsam. Beide wollten ursprünglich Pfarrer werden, beide sind dann aber Lehrer geworden. Seller erzählte nicht nur sehr plastisch und unterhaltsam aus seinem sehr abwechslungsreichen Leben. Er hatte seine Gitarre mitgebracht und sang mit den Seniorinnen und Senioren einige Lieder, die zum Nikolaustag und zur Adventszeit passten.
Edmund Seller wurde im Juli 1937 in Waldfenster geboren, nach ihm erblickten noch drei Schwestern und ein Bruder das Licht der Welt. Während sein Vater ab 1939 als Soldat im Krieg war, bewirtschaftete seine Mutter zusammen mit Großvater und Großmutter eine kleine Landwirtschaft. "Wir hatten Kühe, Hühner, Enten, Gänse, Schweine. Zu essen war genug da", erinnert er sich und "morgens gab es immer heiße Milch mit Brot. Damals gab es noch gute Milch. Die Felder waren nicht gedüngt, die Kühe hatten gutes Futter." Er weiß noch genau, wie es damals in der Schule war, die er ab 1943 besuchte. Es gab nur zwei Klassen, eine für die Erst- bis Viertklässler, eine für die Fünft- bis Achtklässler. "Jeden Tag mussten wir ein Vaterunser für den großen Führer beten. Wir haben noch nicht gewusst, was das für ein Verbrecher ist, " erinnerte er sich.
Den Zölibat abgelehnt
Im Jahr 1946 kam der Vater aus der Gefangenschaft zurück. Edmund Seller war ein sehr guter Schüler und deshalb wollten der Lehrer und der Pfarrer im Jahr 1947, dass er das Gymnasium in Münnerstadt besucht. Er schaffte die Aufnahmeprüfung problemlos, aber im Gymnasium war nicht genug Platz, um ihn aufzunehmen. Deshalb versuchte er es 1948 in Würzburg wieder und bestand auch hier die Aufnahmeprüfung für das Kilianeum. "Die Zeit war streng und karg, aber sie hat mich geprägt. Wir waren 20 Schüler in einem Schlafsaal" erinnerte er sich, "um 6 Uhr war Frühmesse, um 19 Abendmesse, danach ging es ins Bett und wir durften nicht mehr reden." Im Kilianeum lernte er auch Trompete spielen. 1957 machte er das Abitur in Deutsch, Mathematik, Latein und Griechisch. "Ich wollte Pfarrer werden, das war mein erklärtes Ziel" erklärte er den Zuhörern. Logisch also, dass er sich fürs Priesterseminar anmeldete und ein Philosophie- und Theologiestudium begann. Er blieb vier Semester im Seminar, doch nach "langer reiflicher Überlegung" beschloss er, doch nicht Priester zu werden. Begründung: Er lehnte den Pflicht-Zölibat ab. "Es ging aber um keine konkrete Frau, meine jetzige Ehefrau kannte ich damals noch nicht" betonte er. Das theologische Abschlussexamen machte er trotzdem, studierte 1960 bis 1963 an der pädagogischen Hochschule und machte 1963 die erste Lehramtsprüfung. 1961 absolvierte er in Bad Kissingen ein Stadtschul-Praktikum. Bei den Busfahrten zwischen Bad Kissingen und dem heimischen Waldfenster fiel ihm eine hübsche junge Dame auf, die zu den englischen Fräulein in Bad Kissingen fuhr. Sie freundeten sich an, 1965 wurde geheiratet.
Als Lehrer zurück in die Rhön
Die Chancen für Lehrer, eine Anstellung zu bekommen, waren damals sehr gut, auch wenn ihre Prüfungsergebnisse nicht ganz so gut waren. "Meine waren aber gut", darauf legt Edmund Seller Wert. Er zog bis 1980 als Lehrer durch halb Unterfranken. Nach der ersten Prüfung unterrichtete er in Aschach, Steinach bei Aschaffenburg, Ober- und Unterriedenberg, Neuwirtshaus (alle Klassen waren in einem Raum, unten im Schulhaus Schule, oben Lehrerwohnung). Nach der zweiten Lehramtsprüfung im Jahr 1966 ging es etwas ruhiger zu. Er unterrichtete in Schwärzelbach, leitete dort eine Jugendblaskapelle und gründete dort einen CSU-Ortsverband. 1973 bezog er mit seiner Familie sein neu gebautes Haus in Bad Kissingen. In diesem Jahr kam er an die dortige Anton-Kliegl- Grundschule. 1978 bis 1980 unterrichtete er an der Grundschule in Poppenroth-Albertshausen. Schließlich wurde er Konrektor an der Anton-Kliegl-Grundschule und blieb dies bis zu seiner Pensionierung im Jahr 2000.
Kurgast-Singen lockte bisher mehr als 200.000 Besucher an
Die Tätigkeit als Lehrer ist nur eine Facette im Leben des Edmund Seller. Er singt sehr gerne und für das zweite Lehrerexamen musste er zwei Musikinstrumente beherrschen. 1989 initiierte er in Bad Kissingen nach der Devise "Singen macht frei" das noch heute sehr beliebte Kurgast-Singen, dass viele treue Fans hat. Eine Frau reist extra aus Nürnberg an. Seller rechnete vor, dass bisher rund 200.000 Besucher in die Wandelhalle kamen. 1990 startete er in Bad Boklet eine ähnliche Initiative. Seit dem Jahr 2000 ist er, zum Teil bis heute, samt Familienmitgliedern in mehreren Hotels, Kur- und Senioreneinrichtungen präsent und singt dort mit Gästen und Patienten. Nicht erwähnt hatte er, das tat aber seine Frau für ihn, dass er 1983 in seiner Heimatgemeinde wegen einer Primiz einen Chor gründete, den er bis 2013 leitete. Wer sich so für die Allgemeinheit engagiert, der wird auch geehrt. 1999 bekam er mit seiner Familie den Kulturpreis der Hans-Seidel-Stiftung und
1999 das Ehrenzeichen des Freistaates für Verdienste im Ehrenamt.