Den Finger in die Wunde legen
Autor: Dieter Britz
Großwenkheim, Donnerstag, 31. März 2022
Bürgerinnen und Bürger sind gefragt, um das Gemeindeentwicklungskonzept zu erstellen. Dabei geht es nicht um Banalitäten, sondern um die wirklichen Schwachstellen. Wo diese liegen.
Wie kann die Entwicklung der Stadtteile in den nächsten 20 und mehr Jahren gesteuert werden? Ein sogenanntes Gemeindeentwicklungskonzept (kurz GEK) soll Antwort auf diese Frage geben. Die Bürgerinnen und Bürger sollen unter anderem in "Dorfwerkstätten" intensiv mitreden können. Die erste für die Stadtteile Kleinwenkheim, Großwenkheim, Seubrigshausen und Wermerichshausen fand im Sportheim in Großwenkheim statt. Das Interesse war allerdings überschaubar, denn von etwa 950 Einwohnern dieser vier Stadtteile waren nur gut zwei Dutzend gekommen.
Am schlechtesten vertreten war Seubrigshausen: außer Bürgermeister Michael Kastl (CSU) saß nur ein einziger Bürger an dem Tisch, der für diesen Stadtteil reserviert war. Interessant auch: in normalen Bürgerversammlungen sieht man vor allem Männer ab 45 oder 50 Jahren, Frauen und Jüngere aber weniger. In dieser Dorfwerkstatt jedoch waren Frauen und junge Leute in der Mehrzahl. Sie interessieren sich offenbar sehr für die Zukunft ihres Stadtteils.
"Es geht hier nicht um Brunnen oder um Rosenbüsche, sondern um wirkliche Schwachstellen", meinte Bürgermeister Kastl zum Sinn des Gemeindeentwicklungskonzeptes. Er wies darauf hin, dass vor allem in den östlichen Stadtteilen die Einwohnerzahl in den letzten Jahren um bis zu 20 Prozent abgenommen hat und dass die Frauen und Männer immer älter werden. Mit stetig steigenden Energiekosten werde es zudem schwieriger, auf dem Land zu leben.
Online-Befragung: 787 Punkte
In dem Konzept, das erstellt werden soll, sollen wichtige Punkte wie der demographische Wandel, der Erhalt der Lebensqualität, Natur und Klima sowie die Mobilitätswende behandelt werden. Kastl wies darauf hin, dass schon im ersten Schritt, der Online-Bürgerbeteiligung Ende letzten Jahres, 787 Punkte zur Sprache kamen.
Zukunftsthemen seien zum Beispiel der signifikante Rückgang der Bevölkerung, "es wird mehr Alte geben und weniger Junge, die Angebote müssen entsprechend angepasst werden". Der Bürgermeister wies auch darauf hin, dass es in den Ortsteilen 107 Baulücken gibt, 146 leerstehende Häuser und zahlreiche, in denen nur noch eine einzige (meist ältere) Person lebt. "Das Problem ist, dass die Baugrundstücke nicht verkauft werden", hieß es, "oder sie gehen ruckzuck unter der Hand weg".
Die Landschaftsarchitektin Sigrid Ziesel (WGF Nürnberg) und Architekt Johannes Klüpfel (Schirmer Architekten + Stadtplaner GmbH) schnitten in ihrem Impulsreferat kurz an, welche Zukunftsthemen eine Rolle spielen werden und nannten unter anderem Bauplätze, Kulturangebot, Freizeit, Naherholung, Nahversorgung, Ärzte vor Ort. In vier Arbeitsgruppen (je eine für jeden Stadtteil) wurden die Themen nochmals ausführlich diskutiert.
Ärger ist in Kleinwenkheim vorprogrammiert
Bürger aus dem bei der Dorfwerkstatt gut vertretenen Kleinwenkheim machten ihrem Ärger Luft: "Wir wollen nicht, dass auf einen Schlag 200-300 Leute ins Dorf kommen, das würde den Charakter zerstören. Wir wollen keine Trabantenstadt." Dazu betonte Bürgermeister Kastl, dass der Investor, der dort ein größeres Gelände erworben hat und auf seine Kosten erschließen will, an anderer Stelle im Stadtgebiet höchst willkommen sei, hier allerdings nicht. Er versicherte "der Investor will was machen, was nicht in das Dorf passt, das ist eine ganz blöde Situation. In Münnerstadt selbst wäre er herzlich willkommen." Er versicherte ausdrücklich: "Der Stadtrat stimmt nicht zu".