Das Internet öffnet Bücherregale
Autor: Dieter Britz
Münnerstadt, Sonntag, 09. November 2014
Über die Historie Münnerstadts mit all seinen Institutionen gibt die Plattform "Google books" unendlich viele Informationen. Nach einer alten Satzung wurden "wollüstige Schüler" vom Gymnasium entfernt.
"Kleine Stadt mit 260 Häusern und 1340 Einwohnern, welche Bier brauen, auch Hopfen und Wein anbauen. Gymnasium, Augustinerkloster" heißt es kurz und knapp in dem Band "Europa und seine Bewohner. Ein Hand- und Lesebuch für alle Stände", erschienen im Jahr 1837 in Stuttgart. Wer sich intensiv mit der Geschichte von Münnerstadt beschäftigen will, der kommt nicht ohne solche alten Bücher aus. Sie sind nicht nur in Archiven und Bibliotheken zu finden, sondern auch völlig kostenlos und legal im Internet.
"Google books" macht es möglich, nach Büchern zu suchen, deren Urheberrechte schon lange abgelaufen sind (nach deutschem Recht 70 Jahre nach dem Tod des Autors) und die deshalb kostenlos veröffentlicht werden dürfen. Auch neuere Bücher sind hier erwähnt, allerdings nur mit Titel und kurzen Auszügen. Unter anderem sind dank Google zahlreiche Bücher der Münchner Staatsbibliothek, die bis etwa 1880 erschienen sind, über das Internet zugänglich. Dort können sie unter der Adresse "books.google.de" aufgerufen, im gängigen pdf-Format gespeichert und jederzeit auf dem Monitor des Computers gelesen werden.
Die älteste Quelle
Das Buch "Reales Staats- Zeitungs und Conversationslexikon" aus dem Jahr 1732 ist die älteste Quelle, die bei Google Books gespeichert ist und etwas über Münnerstadt enthält: "Münnerstadt, Minnerstadt, Mürstadt, Munnerstadt, eine kleine Stadt, Schloss und Amt im Bischoffthum Würtzburg in Francken, am Fluß Lauer, 2 Stunden oberhalb Neustadt an dem Saale-Fluß. Es ist daselbst ein schönes Haus des Teutschen Ritter-Ordens, und wohlerbauetes Augustiner-Kloster".
28 Jahre später (1760) erschien der "Hof- Stands- und Staats-Kalender" des "Fürstlichen Hoch-Stifts Wirtzburg, und Herzogthums Francken". Unter "Amt Münnerstadt" auf Seite 124 finden wir die Namen damaliger Amtsträger. So gab es einen Ober-Bürgermeister Thomas Bauer und einen Unter-Bürgermeister Christoph Emes. Diese Nachnamen gibt es in Münnerstadt noch heute. Auch im Verzeichnis des Lehrpersonals und der Studenten an der Universität Würzburg im Jahr 1833 stoßen wir auf zwei Münnerstädter, nämlich Mauritius Moritz und Valentin Nöth. Moritz war ein offenbar recht konservativer Theologe, denn in Google finden wir eine Streitschrift "Johannes Ronge und sein Gegner Mauritius Moritz. Wahrheit und Unwahrheit" aus dem Jahr 1845. Der bekannte katholische Priester Ronge (mehr über ihn im Internet-Lexikon Wikipedia) war unter anderem wegen seiner Schriften gegen die Verehrung des "Heiligen Rocks" exkommuniziert worden, Mauritius Moritz verteidigte vehement seine katholische Kirche gegen den Abtrünnigen. Wir finden seinen Namen übrigens auch auf einer Liste der Schüler des Gymnasiums aus dem Jahr 1825.
Ausführliche Informationen gibt es über Münnerstadt im dritten Band des Nachschlagewerkes "Geographisches Statistisch-Topographisches Lexikon von Franken", das 1801 in Ulm erschien. Fast vier Seiten sind hier allein Münnerstadt gewidmet. Am Anfang heißt es da "Münnerstadt, gemeinhin Mürstatt, Munirichesstatt, Munrichstetti, Muristett, Würzburgisches Städtchen von 292 Häusern am Flüsschen Lauer an der Chaussee zwischen Schweinfurt und Meiningen, anderthalb Poststationen von Ersterer und 2 Stunden von Neustadt an der Saale."
Gespaltene Stadt
Im Mittelalter gab es in Münnerstadt zwischen den evangelischen und den katholischen Bürgern heftige Auseinandersetzungen. "Dieses Städtchen gehörte zur Hälfte dem Bischof von Wirzburg, und zur Hälfte den Brüdern Berthold und Albrecht, Grafen zu Henneberg Aschau... Als der evangelische Pfarrer Münnerstadt, an Hag im Jahre 1869 verstorben war, setzt der Bischof von Wirzburg einen katholischen Pfarrer zu Münnerstadt an, auch auf andere Weise, die evangelische Religion da zu vertilgen. Hierüber beschwerte sich die Gräfin Katharina auf dem Reichstage zu Speier" heißt es im "Repertorium der Geschichte und Staatsverfassung von Teutschland nach Anleitung der Häberlinschen ausführlichen Reichshistorie", erschienen 1793 in Halle. Autor ist D. Christoph von Schmidt, genannt Philsedek.
Vor allem Kirche und Schule
Der Band "Münnerstadt und seine nächste Umgebung nach den ältesten archivalischen Nachrichten dargestellt, besonders in seinen kirchlichen, Religions- und Schulverhältnissen", erschienen 1852 in Würzburg, ist eine besonders aufschlussreiche Quelle. Autor ist Nikolaus Reininger. Das Buch umfasst 416 Seiten, die profane Geschichte von Münnerstadt wird nur auf den ersten 58 Seiten abgehandelt, dann geht es umso ausführlicher um die Darstellung der Kirchen- und Ordensgeschichte in Münnerstadt. Auch dem Dorf und der Kirche in Burglauer ist ein längerer Abschnitt gewidmet.
Gymnasium gut vertreten
Das Gymnasium ist in Google Books besonders gut vertreten. Die "Geschichte des Gymnasiums in Münnerstadt" erschien 1835 und wurde in Würzburg gedruckt. Der Autor Dr. Joseph Gutenäcker, der Professor am Gymnasium war, gibt auf 151 Seiten einen recht guten Überblick über die Schul-Geschichte von Münnerstadt und zitiert auch eine Urkunde aus dem Jahr 1280, in der ein "Henricus Rector Scolarum in Munrichstat" erwähnt ist.
Amüsant zu lesen sind die "Landesväterliche Aufforderung und Ermahnung an Aeltern und Kostleute in Ansehung ihrer Pflichten gegen die auf dem Gymnasium Würzburg und Münnerstadt studirende akademische Jugend" aus dem Jahr 1793. Auf 27 Seiten gibt der Bischof von Bamberg und Würzburg , der gleichzeitig auch Landesherr war, Erziehungsratschläge und mahnt zur Tugend. Auch die "Satzungen für die lateinische Schule in Münnerstadt" aus dem Jahr 1836 sind über Google Books leicht zugänglich. Streng waren die Sitten damals. Im Paragraph 45 heißt es "schamlose, wollüstige Schüler und Verführer werden nicht geduldet und, sobald sie als solche erkannt sind, von der Anstalt entfernt".
Im Paragraph 36 heißt es weiter "der Besuch der Wirthshäuser, selbst in Begleitung der Eltern und Verwandten, ist streng verboten, desgleichen die Theilnahme an Trinkgelagen und das Tabakrauchen. Wer durch die erste Warnung und Bestrafung nicht gewitzigt wird, muß im Wiederholungsfalle die Anstalt verlassen".
Was geprüft wurde
Schließlich finden sich in Google Books auch mehrere Jahresabschlussberichte und Namenslisten des Gymnasiums und der Lateinschule, in denen auch die Preisträger aufgeführt sind. Einige dieser Listen sind in Latein verfasst. Interessant ist auch hier, dass die Nachnamen vieler Schüler auch heute noch zu finden sind, Blümlein und Albert (1861) zum Beispiel. Keine Namen, aber dafür den genauen Prüfungsverlauf enthält eine 21 seitige Broschüre "Oeffentliche Prüfung der Schulen zu Münnerstadt" aus dem Jahr 1777. Vier Stunden lang wurde in Glaubenslehre, Sittenlehre, Religionsgeschichte, Deutsch, Latein, Griechisch, Französisch, Ästhetik, Redekunst, Dichtkunst, politischer Geschichte, Mythologie, Archäologie, Erdbeschreibung, Naturgeschichte und Mathematik geprüft. Mädchen nahm das Gymnasium seinerzeit nicht auf, wie man aus den Namenslisten schließen kann.