Aus der Psychiatrie in die reale Welt
Autor: Thomas Ahnert
Maßbach, Dienstag, 22. November 2022
Das Intime Theater schloss Maßbach hat "Elling", ein Schauspiel nach dem Roman "Blutsbrüder" inszeniert. Darum lohnt es sich, das Stück anzuschauen.
Jetzt konnte das Intime Theater im Schloss Maßbach die zweite Runde seiner Wiederauferstehung nach den einschneidenden Corona-Maßnahmen feiern. "Elling", ein Schauspiel nach dem Roman "Blutsbrüder" von Ingvar Ambjørnson in der Bühnenfassung von Axel Helstenius hatte Premiere.
Der erste Gedanke: Das ist doch in Maßbach schon einmal aufgeführt worden?! Das stimmt: Das war 2008.
Damals führte Rolf Heiermann Regie; die Rollen des Elling und Kjell Bjarne spielten Marc Marchand und Klaus Heindl, Gunn, Kellnerin und Reidun spielte in Personalunion Sandra Lava, Stefan Krischke war der Sozialarbeiter Frank. Das Bühnenbild hatte Peter Picciani gebaut, die Kostüme waren von Jutta Reinhard, das Licht hatte Robert Werthmann übernommen.
Man hätte es sich jetzt einfach machen können und das Stück als Wiederaufnahme herausbringen können. Denn außer Klaus Heindl und Stefan Krischke sind alle Akteure noch da. Aber es war Theaterchefin Anne Maar wichtig, eine Inszenierung herauszubringen, in der niemand der damals Beteiligten mitwirkt, um etwas absolut Neues zu bringen. Und das ist auch gelungen. Fast. Denn Robert Werthmann sitzt auch dieses Mal hinter den Schaltern und Dimmern.
Aus der realistischen Welt gefallen
"Elling" ist ein etwas aus der realistischen Welt gefallenes Stück. Die Handlung beginnt sozusagen nicht bei Null. Denn Ambjørnsons "Blutsbrüder" ist der dritte Teil einer fünfteiligen Romanreihe über den psychisch labilen Elling, der längst im heiratsfähigen Alter ist, noch bei seiner Mutter wohnt. Als sie gestorben ist, findet ihn die Polizei im Kleiderschrank und bringt ihn in eine psychiatrische Klinik, in der er ein Zimmer mit Kjell Barne teilt. Die beiden werden Freunde. Nach zwei Jahren werden die beiden ins kalte Wasser der realen Lebenswelt entlassen.
An diesem Punkt setzt das Theaterstück ein. Sie beziehen in Oslo eine vom Staat im Rahmen eines Wiedereingliederungsprogramms zur Verfügung gestellte Wohnung und werden dort von dem Sozialarbeiter Frank betreut. Der soll sie in das tägliche Leben mit seinen Tücken, aber auch Freuden zurückführen.
Ob ihm das wirklich gelingt muss offenbleiben, denn er scheint nicht nur fachlich überfordert zu sein, sondern auch durch seine private Lebenssituation. Natürlich machen die beiden Fortschritte, aber eher aus eigenem Antrieb und nicht durch Franks etwas hilflose Schulterklopferei. Am Ende kommen alle vergnügt zusammen, aber ist das das Happy End. Wohl eher nicht. Aber um das zu erfahren, muss erst der nächste Band von Ingvar Ambjørnson dramatisiert werden.