Münnerstadt: Einen Blick in den Kopf des Klima-Managers
Autor: Dieter Britz
Münnerstadt, Montag, 23. August 2021
Sehr unterhaltsam präsentierte Stefan Richter den Mürschtern, welche Ideen er für den Klimaschutz hat. In der Diskussion trafen zwei junge Menschen von Fridays for Future auf Bundestagspolitikerinnen
"Ich bin nicht so talentiert, was die Präsenz auf einer Bühne angeht", entschuldigte sich Stefan Richter schon vorab. Doch der Vortrag des neuen städtischen Klima-Managers in der Aula des alten BBZ war sehr informativ und hatte dazu auch einen hohen Unterhaltungswert, zum Beispiel als er zugab, dass er überlegt hatte, überhaupt den Zug zu verlassen, als er den Münnerstädter Bahnhof zum ersten Mal sah. Schon dafür bekam er den ersten Applaus. Ein Herzenswunsch ist es ihm, dass aus diesem Bahnhof etwas gemacht wird.
Biobauer bis Fridays for Future
Stefan Richter hatte schon vor einigen Wochen vor dem Stadtrat gesprochen. Nun hielt er seinen Vortrag, um einiges erweitert, nochmals, nun aber vor etwa 130 Bürgerinnen und Bürgern. Außerdem gab es eine lange Diskussionsrunde mit den beiden Bundestagsabgeordneten Sabine Dittmar (SPD) und Dr. Manuela Rottmann (Bündnis 90/Grüne), Christian Machon (CSU-Listenkandidat als Vertretung für die verhinderte CSU- Bundestagsabgeordnete Dorothea Bär), Bürgermeister Michael Kastl (CSU), Pauline Beck und Peter Distel (beide Fridays for Future), dem Biobauern Andreas Limbach und Gunter Häckner (tätig in Energiegenossenschaften).
"Warum betreiben wir überhaupt Klimaschutz?", fraget Bürgermeister Michael Kastl ins Publikum. Schließlich sei Bad Königshofen der Trocken-Hotspot zumindest in Franken. Trotz der Vorgaben der EU, des Bundes und des Freistaates in Sachen Umweltschutz liege die Planungshoheit aber bei den Gemeinden. Zu einem Klimaschutzkonzept betonte er, "das Jahr 2030 kommt schnell, wer bis dahin nicht weiß, was getan werden soll, wird Schnellschüsse fabrizieren müssen".
"Wie bei den Simpsons"
Stefan Richter ist schnell zum Fan der kleinen Stadt geworden: "Ich komme aus einer ganz anderen Welt, aus dem Ruhrgebiet, einem Ballungsgebiet mit 5 Millionen Einwohnern". Hier in Münnerstadt grüßten sich die Leute auf der Straße, man sehe Traktoren im Stadtbild und Windkraftanlagen am Horizont, hier lebten Biber - all das ist ihm gleich aufgefallen. Und alles, einschließlich der Schulen, ist genau einmal da ("Wie in Springfield, wo die Simpsons wohnen"), sodass die Stadt funktioniere - "wir sind eine Modellkommune, was die Überschaubarkeit angeht".
Dank Autobahn und Eisenbahn seien alle Orte in Deutschland schnell erreichbar "und man ist auch schnell weg von hier", was mit lautem Lachen quittiert wurde. Der Klima-Manager bekannte, er habe aus Überzeugung kein Auto. Um nicht zu spät zum Vortrag zu kommen, habe er eine Frau anhalten müssen, mit der Bitte, ihn zum BBZ zu fahren. "Das wäre in Bochum völlig unmöglich gewesen und hätte mir vielleicht Prügel eingebracht". Noch etwas fiel ihm auf: "ich kann mich nicht erinnern, dass ich in Bochum einmal die Sterne gesehen habe. Hier sieht man sie gut". Sein erster Eindruck, den er nach wenigen Wochen von Münnerstadt hat, ist gut und deshalb ist es sein "Herzenswunsch, dass man was draus macht". Auch dafür gab es Applaus.
Nahwärmesystem
Stefan Richter war in den ersten Wochen seiner Tätigkeit in Münnerstadt nicht untätig. Er hat schon Vorschläge gemacht, wie zum Beispiel die Veranstaltung eines langen Abendmarktes für Regionalprodukte auf dem Anger mit Verkauf und Kleinkunst oder die Einrichtung von abschließbaren Radabstellplätze beim Bahnhof. In seiner Vorstellung könnte aus dem alten BBZ eine Zukunftsakademie entstehen, die wissenschaftliche Klimaforschung aufs Land holt. Er plädierte auch für ein Nahwärmesystem für städtische Liegenschaften, vor allem dann aber auch am schulischen Karlsberg. Zum Thema Hallenbad allerdings hüllte er sich in Schweigen: "Da lass ich die Pfoten weg, das sag ich nix".
Kritik an unbebauten Bauplätzen
In der Diskussionsrunde forderte Sabine Dittmar (SPD) eine bessere Verkehrsanbindung, eine bessere ärztliche Versorgung für die Dörfer und klagte darüber, dass es auf dem Land noch sehr viele Funklöcher gebe. All das müsse verbessert werden, um die Lebenssituation auf dem Land zu heben. Manuela Rottmann (Grüne) wies darauf hin, dass auf dem Land die meisten Bewohner in selbstgenutzten Eigenheimen leben, die auf Dauer klimaneutral werden müssten. Klimaschutz bedeute hier etwas ganz anderes als in der Stadt. Sie kritisierte, dass viele Baulücken von den Eigentümern freigehalten würden für Söhne oder Enkel. Rottmann sagte voraus, dass der ländliche Raum in Zukunft "der starke Raum" werde.