Druckartikel: Mitgliederversammlungen online: Mit diesen 10 Tipps sichern Sie Ihren Verein rechtlich ab

Mitgliederversammlungen online: Mit diesen 10 Tipps sichern Sie Ihren Verein rechtlich ab


Autor: Rebecca Vogt

Bad Kissingen, Montag, 15. Februar 2021

Rechtsanwalt Manuel Hemm von der Kanzlei Steinbock & Partner erklärt, worauf Vereine aktuell in Sachen (digitale) Mitgliederversammlung achten müssen. Er geht zudem auf eine weitere Alternative dazu ein.
Digitale Mitgliederversammlungen sind für Vereine aktuell eine Alternative zur sonst üblichen Präsenzveranstaltung. Foto: Adobe Stock


Aufgrund der Corona-Pandemie können Vereine ihre Hauptversammlungen aktuell nicht wie gewohnt abhalten. Doch was gilt es zu beachten, wenn man seine Jahresversammlung online durchführen will? Rechtsanwalt Manuel Hemm von der Kanzlei Steinbock & Partner, mit Hauptsitz in Würzburg und Zweigstelle in Bad Kissingen, gibt nachfolgend Auskunft zu den wichtigsten Fragen.

1. Dürfen Hauptversammlungen/Neuwahlen online abgehalten werden?

"Die Abhaltung virtueller Mitgliederversammlungen ist möglich. Hierbei können auch Beschlüsse gefasst, mithin auch gewählt werden. Eine virtuelle Mitgliederversammlung setzt grundsätzlich voraus, dass alle Mitglieder zustimmen oder die Durchführung einer elektronischen Mitgliederversammlung in der Vereinssatzung vorgesehen ist.

Der Gesetzgeber hat aufgrund der Corona-Pandemie allerdings mit dem ,Gesetz über Maßnahmen im Gesellschafts-, Genossenschafts-, Vereins-, Stiftungs- und Wohnungseigentumsrecht zur Bekämpfung der Auswirkungen der Covid-19-Pandemie‘ - kurz auch COVMG genannt - die Möglichkeit geschaffen, abweichend von diesem Grundsatz virtuelle Mitgliederversammlungen durchzuführen. Aktuell kann der Vorstand daher - auch ohne Satzungsgrundlage und ohne Zustimmung aller Mitglieder - vorsehen, dass die Mitgliederversammlung virtuell stattfindet.

Der Vorstand kann überdies auch vorsehen, dass Mitglieder - ohne Teilnahme an der Mitgliederversammlung - ihre Stimmen vor der Mitgliederversammlung schriftlich abgeben können. Als weitere Möglichkeit für die Beschlussfassung gibt es außerdem noch das sogenannte Umlaufverfahren (siehe Punkte 9 und 10), also eine Abstimmung gänzlich ohne Mitgliederversammlung."

2. Was ist bei einer virtuellen Mitgliederversammlung zu beachten?

"Im Grunde sind zunächst alle ,normalen‘ Aspekte zu beachten, die auch bei Präsenzveranstaltungen einzuhalten sind. Diese gelten auch für virtuelle Versammlungen."

3. Müssen alle Mitglieder die Möglichkeit haben teilzunehmen?

"Informiert werden müssen alle Mitglieder, da allen die Teilnahmemöglichkeit gegeben werden muss. Die Art und Weise der Einberufung einer (virtuellen) Mitgliederversammlung richtet sich nach der Vereinssatzung. Soll die Mitgliederversammlung virtuell stattfinden, muss den Mitgliedern - um allen die Teilnahmemöglichkeit zu geben - mit der Einladung zugleich mitgeteilt werden, dass (nur) eine virtuelle Versammlung stattfindet und wie sich die Mitglieder zu dieser einwählen beziehungsweise zuschalten können.

Hat ein Vereinsmitglied tatsächlich keinen eigenen Internetzugang, steht dieser Umstand einer virtuellen Versammlung nicht entgegen. Ein Verein muss Kommunikation nicht auf jede erdenkliche Weise anbieten. Insbesondere um auch Mitgliedern ohne Internetzugang die Abstimmung zu ermöglichen, kann der Vorstand jedoch anbieten, dass Mitglieder, die nicht an der Mitgliederversammlung teilnehmen, ihre Stimmen vorab schriftlich abgeben können. Der Vorstand ermöglicht so also eine Art Briefwahl. Schriftlich heißt hier, dass Mitglieder die Stimmabgabe handschriftlich unterzeichnen und dann an den Vorstand senden müssen. Gezählt werden alle Stimmen, die bis zum Beginn der Mitgliederversammlung beim Vorstand eingegangen sind.

Etwas kurios und wichtig zu wissen ist, dass auch bei einer rein virtuellen Mitgliederversammlung ein physischer Versammlungsort in der Einladung angegeben werden muss, an dem der Versammlungsleiter dann auch anwesend ist. Zugleich sollte angegeben werden, dass eine persönliche Teilnahme vor Ort für die Mitglieder nicht möglich ist. Erklärend kann beigefügt werden, dass der Bundestag zur Abmilderung der Folgen der Corona-Pandemie ein Gesetz beschlossen hat, das es ermöglicht, eine Mitgliederversammlung ohne physische Präsenz der Mitglieder durchzuführen."

4. Müssen die Anwesenden ihre Identität nachweisen?

"Es muss sichergestellt werden, dass nur Vereinsmitglieder und gegebenenfalls andere berechtigte Personen an der Versammlung teilnehmen können. Diese Absicherung kann bei virtuellen Mitgliederversammlungen etwa durch spezielle Zugangsdaten und Passwörter erfolgen, die nur den berechtigten Personen übermittelt werden - zum Beispiel mit der Einladung. Neben der Sicherstellung, dass nur berechtigte Personen an der Versammlung teilnehmen, hat die ,Einlasskontrolle‘ auch Relevanz dahingehend, dass sichergestellt ist, dass nur berechtigte Personen abstimmen. Die Abstimmung über Beschlussgegenstände selbst kann dann, insbesondere in einer Videokonferenz bei der alle Teilnehmer gleichzeitig sprechen und hören können, direkt erfolgen. Dies wäre zwar keine geheime Abstimmung, doch muss ein Verein das in seiner Satzung auch nicht vorsehen.

Alternativ kann die Abstimmung auch über hinterlegte Online-Stimmzettel erfolgen. Diese sollten ebenfalls nur mittels Zugangsdaten zugänglich sein. Für die Durchführung solcher Online-Abstimmungen gibt es verschiedene Softwareanbieter, die eine entsprechende Infrastruktur zur Verfügung stellen. Wichtig ist dabei: Erfolgt die Online-Abstimmung nach Schluss der Mitgliederversammlung, müssen die Vorgaben zum Umlaufverfahren (siehe Punkte 9 und 10) eingehalten werden.

Insbesondere bei einer Vielzahl von Mitgliedern sollte auch dafür gesorgt werden, dass die Videokonferenz moderiert wird, damit kein Chaos entsteht. Die Abhaltung einer Videokonferenz mit vielen Mitgliedern, einschließlich Zugangssicherungen und gegebenenfalls Abstimmungssoftware, kann technisch durchaus anspruchsvoll sein, weswegen insbesondere größere Vereine sich nicht scheuen sollten, professionelle technische Hilfe zu suchen oder sich auch rechtlich beraten zu lassen. Der Ablauf und die einzusetzende Software sollten vor der (virtuellen) Versammlung mehrfach getestet werden, um technischen Hürden und Störungen vorzubeugen."

5. Was muss in Sachen Datenschutz beachtet werden?

"Es müssen zunächst die allgemeinen Datenschutzvorgaben eingehalten werden - auch im Hinblick auf die Auswahl des Anbieters, über den etwa eine Videokonferenz abgehalten wird. Dieser sollte zum Beispiel eine sogenannte Ende-zu-Ende-Verschlüsselung anbieten und Daten bestenfalls nur über Server in der Europäischen Union (EU) leiten.

Für die Mitgliederversammlung selbst muss beachtet werden, dass diese nicht aufgezeichnet werden darf, außer es stimmen alle Mitglieder zu. Gerade der Aspekt ,Datenschutz‘ ist aber ein weites Feld, da es hier unter anderem auch auf den Einsatz des konkreten Mediums ankommt. Das Bayerische Landesamt für Datenschutzaufsicht hat - insbesondere für kleinere Vereine - einige Informationen dazu im Internet (www.lda.bayern.de/media/veroeffentlichungen/DS-GVO_in_Vereinen.pdf) zusammengestellt."

6. Wie können Neuwahlen digital abgehalten werden?

"Für Neuwahlen des Vorstands gelten bei virtuellen Mitgliederversammlungen im Prinzip keine besonderen Regelungen. Es sei denn, die Satzung schließt zum Beispiel die schriftliche Wahl des Vorstands ausdrücklich aus, was etwa dem Umlaufverfahren (siehe Punkte 9 und 10) entgegenstehen kann. Zudem sieht das COVMG als Sonderregel vor, dass ein Vorstand im Amt bleibt, bis ein Nachfolger bestellt wird. Hierdurch soll ein Vakuum vermieden werden und der Verein handlungsfähig bleiben. Ohne eine solche Übergangsregel würde der Vorstand nämlich mit Ablauf der Amtszeit automatisch ausscheiden, sofern die Vereinssatzung nicht bereits eine Übergangsregelung vorsieht."

7. Gibt es diesbezüglich eine Beratungsstelle für Vereine?

"Teilweise bieten Stadt- oder Gemeindeverwaltung Beratungen für Vereine an."

8. Welche Fristen müssen eingehalten werden? Welche Strafen drohen?

"Wann eine ordentliche Mitgliederversammlung stattfindet, sollte in der Satzung des Vereins geregelt sein. Darüber hinaus hat der Vorstand die Möglichkeit und Pflicht, eine (außerordentliche) Mitgliederversammlung einzuberufen, wenn das Interesse des Vereins dies erfordert - also etwa grundlegende Entscheidungen zu fällen sind. Nach Paragraf 5 Absatz 2 (a) COVMG - der ab dem 28. Februar 2021 bis zum 31. Dezember 2021 gilt, sofern keine Verlängerung erfolgt - besteht keine Verpflichtung des Vorstands, eine in der Satzung vorgesehene ordentliche Mitgliederversammlung einzuberufen, solange Mitglieder sich nicht an einem Ort versammeln dürfen und die Durchführung der Mitgliederversammlung mithilfe elektronischer Kommunikationsmittel für den Verein oder die Vereinsmitglieder nicht zumutbar ist.

Verletzt der Vorstand die Einberufungspflicht, kann er sich gegenüber dem Verein schadenersatzpflichtig machen."

9. Sonderfall: Beschlussfassung im Umlaufverfahren

"Für viele Vereine kann die Abhaltung von virtuellen Mitgliederversammlungen eine zu hohe Hürde darstellen, insbesondere was die technische Umsetzung betrifft. Dennoch kann es sein, dass dringende Beschlüsse gefasst werden müssen. Möglich ist daher auch, dass Mitgliederversammlungen zunächst zurückgestellt werden und Beschlüsse im sogenannten Umlaufverfahren gewissermaßen vorgezogen werden.

Das Gesetz zur Abmilderung der Folgen der Covid-19-Pandemie ermöglicht ein Umlaufverfahren - abweichend vom Regelfall - auch dann, wenn dem Verfahren nicht alle Mitglieder zustimmen.

Es müssen für wirksame Beschlüsse lediglich folgende Punkte erfüllt sein: Alle Mitglieder müssen beteiligt worden sein, also die Möglichkeit zur fristwahrenden Stimmabgabe erhalten haben. Mindestens die Hälfte der Mitglieder muss bis zur Abstimmungsfrist abgestimmt haben und - je nach Beschlussgegenstand - muss die jeweils erforderliche Mehrheit erreicht werden.

Auch der Vorstand kann über das Umlaufverfahren neu gewählt werden."

10. Wie läuft das Umlaufverfahren ab?

"Der Vorstand fordert die Mitglieder zur Abstimmung über den Beschlussgegenstand binnen einer angemessenen Frist - zum Beispiel 14 Tagen - auf. Wichtig ist, dass die Mitglieder mit ausreichenden Informationen als Entscheidungsgrundlage versorgt werden. Diese Informationen sollten spätestens mit der Einladung zur Abstimmung übermittelt werden.

Eine handschriftliche Unterschrift und Stimmabgabe ist im Umlaufverfahren nicht erforderlich. Die Abstimmung im Umlaufverfahren selbst ist denkbar per E-Mail, SMS oder über einen Stimmzettel, der online ausgefüllt wird, was allerdings wiederum mit Zugangsdaten oder Passwort abzusichern wäre, um Missbrauch zu vermeiden und sicherzustellen, dass lediglich Mitglieder abstimmen. Es gibt für solche Zwecke auch Softwareanbieter, die ein solches Abstimmungsverfahren unterstützen. Ebenfalls möglich ist, dass mit der Einladung zur Abstimmung Stimmzettel verschickt werden, die die Mitglieder dann an den Vorstand zurücksenden.

Nach Ablauf der Frist für das Umlaufverfahren muss der Verein das Ergebnis der Abstimmung dann bekanntgeben. Wichtig: Das Umlaufverfahren ist streng von der vorhin erwähnten Möglichkeit zu trennen, nach welcher der Vorstand Mitgliedern einräumen kann, vor einer Mitgliederversammlung und bis zu deren Beginn ihre (hand-)schriftlichen Stimmen abzugeben. Warum der Gesetzgeber hier einen Unterschied macht leuchtet nicht ein, doch entspricht dies der Gesetzeslage.

Das Umlaufverfahren ist insgesamt deutlich weniger (technisch) aufwendig als eine virtuelle Mitgliederversammlung. Es hat allerdings den Nachteil, dass eine Diskussion zwischen den Mitgliedern kaum möglich ist. Auch ersetzt das Umlaufverfahren die Mitgliederversammlung nicht. Insbesondere die ordentliche Mitgliederversammlung muss dennoch stattfinden, wenn auch gegebenenfalls erst zu einem späteren Zeitpunkt.

Bitte beachten: Die besonderen Regelungen des COVMG, die etwa das Umlaufverfahren in der genannten Form ermöglichen, sind vorläufig. Aktuell gelten diese bis Ende 2021, sofern es nicht zu einer Verlängerung kommt. Mit Auslaufen der Regelungen gelten wieder die üblichen Regelungen für Mitgliederversammlungen."