Mitbeteiligung an den Windrädern kaum nachgefragt
Autor: Stefan Geiger
Oerlenbach, Freitag, 12. April 2013
Dass die Windenergie in Oerlenbach angekommen ist, belegte die Bürgerversammlung. Keiner der 90 Besucher hatte sich gegen einen Park in der Zone WK 97 westlich der Schwarzen Pfütze ausgesprochen.
Bei der Frage einer Mitbeteiligung, die am Ende Bürgermeister Siegfried Erhard (CSU) an die Besucher richtete, hielt sich bei etwa zehn Zustimmungen das Pro für eine Windgenossenschaft in Grenzen. "Das Thema Energiewende bewegt die Menschen", stellte Erhard fest: "Wir haben im Gemeinderat die Weichen für die gemäß Regionalplan mögliche Anlage auf Gemeindegrund gestellt.
Dazu haben wir das Projekt der Energieallianz Bayern (EAB) übertragen."
Die EAB stellte Geschäftsführer Joachim Martini vor: "Wir sind ein Zusammenschluss von 32 Energieversorgungsunternehmen, darunter Überlandwerkzentrale Unterfranken, ÜZ Lülsfeld und Stadtwerke Aschaffenburg." In die Anfangsphase fielen Analysen, Behördenkontakte und die Erstellung von Parklayouts, ehe sich die technische Projektplanung anschließt. Dazu zählen Gutachten zu Schall, Schattenwurf und Artenschutz sowie Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen. Zu den Überlegungen gehörten Wege und Kabeltrassen, ehe die Umsetzung mit Fundamenten, Aufstellung und Betriebsanlagen kommen. "Ihre Gemeinde als Grundeigentümer kann ebenso profitieren wie die Bewohner, wenn sie sich in das Projekt miteinbeziehen", sagte Martini.
Auf Details zur möglichen Anlage ging Peter Trute von Geo net Hannover ein. Der Windpark liege 2,5 Kilometer von Rottershausen, 4,3 Kilometer von Oerlenbach und 4,5 Kilometer von Bad Kissingen entfernt. Siedlungsabstände, etwa zur Schwarzen Pfütze, würden eingehalten. Mit sechs Metern in 140 Metern Höhe reiche die Windgeschwindigkeit aus. Große Rotoren mit 117 Metern Durchmesser seien nötig.
"In dem Vorbehaltsgebiet können vier bis sechs Windräder aufgestellt werden, eines von ihnen auf jeden Fall auf Bad Kissinger Grund. Die große Höhe brauchen wir, um Windturbulenzen über den Baumwipfeln auszugleichen", sagte Trute. Bis zur Realisierung dürften zwei bis drei Jahre ins Land ziehen. Der Regionalplan dürfte in einem Jahr in Kraft treten. Parallel könnten Vorleistungen gestartet werden.
Richtwerte unterschritten
Auf die Umweltauswirkungen ging Ulrike Kubersky von Planung von Geoinformationssystemen "PlanGIS" Hannover ein, etwa auf Eingriffe in die Umgebung, Schall und Schattenwurf. Die Richtwerte würden gemäß ersten Untersuchungen unterschritten. Dem Schutz gefährdeter Vogel- und Fledermausarten diene eine Kartierungspflicht im Umkreis von einem Kilometer. "Dazu sind bereits regelmäßige Begehungen angelaufen. Eingesetzt werden Fledermaushorchboxen. Zu den Naturschutzbehörden pflegen wir engen Kontakt", so Ulrike Kubersky.
Gerhard Falkenstein von der Deutschen Kreditbank und den Sparkassen (Hannover) erläuterte Beteiligungsmodelle für Bewohner aus politischen, wirtschaftlichen und ökologischen Motiven. Für direkte Beteiligungen gebe es Genossenschaften und weitere Finanzstrukturen. Die Mitglieder seien Gesellschafter mit Mitwirkung und Haftung je nach Finanzanteil. Bei fünf Rädern könnte eines von der Genossenschaft finanziert sein, oder die Bürger seien anteilsmäßig in das Gesamtvolumen integriert.
Die EAB sei vorrangig in Südbayern, kaum in Unterfranken tätig, merkte Günther Müller an. Erhard entgegnete, dass ÜZ Lülsfeld der nahezu einzige Versorger im Nachbarlandkreis Schweinfurt sei. Zudem habe die Gemeinde - was Müller ankreidete - die Windkraft seit Jahren in Bürgerversammlungen angesprochen. Entschieden habe der Gemeinderat nur, das Projekt mit EAB anzugehen.
Zum Flächenbedarf sagte Martini, dass je Windrad 1000 bis 2000 Quadratmeter zuzüglich Zufahrt benötigt werden. Die Ausgleichsauflagen richteten sich nach der Wertstufe des Grundes. Wie groß und tief Fundamente nötig seien, hänge von der Geologie ab. Nach der Schallbelastung fragte Petra Eckert. "Das ist am Windrad ein gleichmäßiges Brummen, leiser als ein Pkw, mehr wie ein Ventilator", erwiderte Martini. Alle Daten zum möglichen Windpark würden in eine Übersicht beim Landratsamt einfließen. Die Unterlagen würden gesammelt und öffentlich ausgelegt.
Je nach EEG-Vergütung
Zu Stromausbeute, Amortisation und Rückbau fragte Klaus Eckert nach. "Wir lassen mindestens zwei Ertragsgutachten erstellen. Die Standortqualität muss noch genau analysiert werden. Pro Jahr rechnen wir mit 6,5 Millionen Kilowattstunden bei 95-prozentiger Verfügbarkeit. Der Ertrag hängt sehr von der künftigen EEG-Vergütung ab. Bei der Genehmigung ist die spätere Rückbaupflicht nach 20 bis 25 Jahren per Bankbürgschaft gesichert", erklärte Martini. Zur Bürgerbeteiligung mit Anlagehöhen gebe es noch kein Modell. Das könnten die Mitglieder selbst regeln. Zu weiteren Aspekten wie Feldwegesicherung, Windradtypen, Anlieferung und möglichem Aussehen erhielten die Besucher Auskunft. "Die Gemeinde schafft nur die Voraussetzungen, wird aber nicht als Betreiber auftreten", versicherte Erhard.