Mit Melancholie und Stimmgewalt
Autor: Björn Hein
Bad Bocklet, Mittwoch, 02. Januar 2013
Vladislav Belikov und Sergey Tkachenko gehören dem St.-Daniels- Chor an. Dieser brachte dem Bad Bockleter Publikum orthodoxe Traditionen näher.
Die Kirchenmusik der orthodoxen Ostkirchen bietet einen großen Reiz: Zum einen ist die christliche Thematik für die Zuhörer vertraut, zum anderen wird ihr dort noch größere Bedeutung zugemessen. Mit ihr meint man, Gott auf rechte Weise zu loben. Der St.-Daniels-Chor aus Moskau steht ganz in dieser Tradition.
In Bad Bocklet gelang es den Musikern, die Zuhörer in diese Atmosphäre mitzunehmen. Doch auch weltliche Lieder und traditionelle russische Weisen waren zu hören. Der Leiter des Ensembles, Vladislav Belikov, erklärte, wo und wann die Lieder in der orthodoxen Kirche gesungen werden. Stimmgewaltig und doch harmonisch klang das "Lobe den Herrn meine Seele" ("Blagoslovi, dushe moya, Gospoda") nach dem Psalm 103 von Nikolai Nikolajewitsch Dranitsyn. Dieses Lied eröffnet traditionell die Vesper in den orthodoxen Kirchen.
Nach einer Klostermelodie
Mit dem "Bußgebet" aus der Feder von Pavel Grigorievich Chesnokov, einem Arrangement nach einer Klostermelodie, das der Bass des Ensemble, Sergey Arkhangelskiy, eindrucksvoll in Szene setzte, wurde den Zuhörern gezeigt, dass sich die russische-orhodoxe Kirche noch in der Adventszeit befindet. Dementsprechend war die Weise nachdenklich und ernst.
Auch wenn viele Dinge im orhodoxen Ritus anders sind als in den Westkirchen, so gibt es aber auch zahlreiche Gemeinsamkeiten. Die Mutter Gottes genießt in der russische-orthdoxen - ebenso wie in der katholischen - Kirche eine große Verehrung. Auf Ikonen ist sie in den Kirchen im Osten sehr oft zu sehen, ihr ist eine ganznächtliche Vigil gewidmet, bei der die Gläubigen über mehrere Stunden stehen. Diese Verehrung der Gottesmutter ließ sich im "Ave Maria" ablesen, das von Sergej Rachmaninoff nach einem alten russischen Klosterlied arrangiert worden war. Gefühlvoll, weich und andächtig interpretierte der Chor das Stück.
Gemeinsamer Gebetsschatz
Mit dem Vater unser, dem "Otsche Nasch" von Rimski-Korsakov zeigte das Ensemble, dass die christlichen Kirchen weltweit auf einen Gebetsschatz zurückgreifen können. Mit dem Stück "Ich bete an die Macht der Liebe" von Dmytro Bortnjansky wurde eine Brücke hin zu weltlichen Stücken geschlagen. Gefühlvoll und leicht melancholisch kamen die "Moskauer Nächte" von Wassili Pawlowitsch Solowjow-Sedoi daher, die vom Bariton Sergey Eliseev interpretiert wurden.
Für Begeisterung sorgte das "Wolgalied" aus der Operette "Der Zarewitsch" von Franz Lehár, das Sergey Tkachenko stimmgewaltig, impulsiv und mit viel Melancholie interpretierte. Nach traditionellen Volksliedern wurde ein Segensgebet "Auf viele Jahre" gesungen. Als Zugabe sang Tenor Sergey Tkachenko "O sole mio".