Mit Händen und Füßen reden
Autor: Robert Huger
Nüdlingen, Donnerstag, 18. Dezember 2014
In Nüdlingen gehen derzeit acht Flüchtlingskinder zur Schule. Ab Januar besuchen drei die Kita in Haard. Wie meistern die Lehrkräfte die sprachliche Herausforderung? Wird für diese Aufgabe zusätzliches Personal eingestellt?
"Heute basteln wir etwas", sagt die Lehrerin. Das Kind, das vor ihr sitzt, versteht sie überhaupt nicht. Erst als sie auf Schere und Papier deutet, erkennt der Junge. was sie meint, und greift zu. er versteht halt nur die syrische Sprache. Deutsch ist ihm noch vollkommen fremd. Der Schulalltag ist für Flüchtlingskinder und Lehrer anfangs schwer zu bewältigen.
Mit den Flüchltingsströmen kommen auch viele Kinder. Einige sind bereits an den Schulen und Kitas angemeldet. Wie gehen die Verantwortlichen in Nüdlingen mit dieser Situation um? Wie läuft die Verständigung?
"Mit Händen und Füßen", sagt die angehende Förderlehrerin Lashanna Edmond. Sie selbst hat einen Migrationshintergrund. Ihr Vater stammt aus Bulgarien und ihre Mutter aus den Vereinigten Staaten. Sie selbst ist in Deutschland geboren und ist Förderlehrerin geworden, weil sie selbst gute Förderlehrer hatte. Die seien ihr gute Vorbilder gewesen. Bei ihren Kollegen läuft die Verständigung ebenso per Handzeichen.
"Mit Mimik und Gestik und vor allem mit gutem Willen", sagt Lehrerin Helga Hein. Generell sei die Kommunikation mit den Kindern vorerst nur eingeschränkt möglich. Zu Beginn läuft vieles über Deuten und Nachsprechen.
Wie im Englisch-Unterricht
Die Kinder lernen zunächst die Bezeichnungen für Alltagsgegenstände und einfache Sätze wie "Ich wohne in Nüdlingen". Ähnlich wie deutschsprachige Kinder Englisch lernen.
"Artikel sind aber eine Katastrophe", sagt Helga Hein. Das sei riesen Lerngebiet für alle. Die Schüler sind aber alle sehr engagiert. Genau wie die Eltern im Nachmittagsunterricht, den Helga Hein auf freiwilliger Basis leistet. Einige wussten allerdings nicht, dass es in Deutschland eine Schulpflicht für Kinder gibt.
"Wir mussten ihnen erst vermitteln, dass die Kinder zur Schule gehen müssen", sagt Rektorin Ritta Helfrich. Sie hätten gefragt, ob sie ihre Kinder denn überhaupt ohne weiteres zur Schule schicken dürfen. Sie sehen diese Möglichkeit als etwas Besonderes, als Chance.
Rektorin bleibt gelassen
Ritta Helfrich kann den ganzen Trubel um die Aufnahme von Flüchtlingskindern an Schulen nicht verstehen. "Das ist doch nichts Neues", sagt sie, "Migrantenkinder haben wir seit 25 Jahren." So sind in den vergangenen Jahren viele Menschen aus Russland und jetzt eben eher aus Syrien und dem arabischen Raum in die Region gekommen. Für beide Gruppen ist das Deutsch lernen jedoch besonders schwierig, weil sie auch die Schrift neu lernen müssen. Und das natürlich so schnell wie möglich. Aber: "Man steht unter keinem besonderen Druck", so Helfrich. Es gebe keine Zeitvorgabe. Manche lernen eben schneller, manche langsamer. Ritta Helfrich geht jedoch davon aus, dass die Kinder binnen zweier Jahre voll in den Schulalltag integriert sein werden. Bereits jetzt nehmen sie am Sport-, Kunst-, Mathe-, Englisch- und Musikunterricht teil. Zusätzliches Personal steht bis jetzt nicht zur Debatte. "Das ist Sache der Regierung", so Helfrich. Die Nüdlinger Volksschule hat aber bereits seit Jahren Förderlehrerin Katharina Budewitz, die zusätzlichen Deutschunterricht gibt. Weiter wird die Schule seit einigen Wochen von der angehenden Förderlehrerin Lashanna Edmond unterstützt.
Im neuen Jahr in die Kita
Bisher gibt es drei Anmeldungen syrischer Kinder für die Kita in Haard. Sie werden im Januar in die Gruppe eingeführt. "Es könnten aber noch drei oder vier dazukommen", sagt Jutta Krug, Leiterin des Haarder Kindergartens. Ein Dolmetscher wurde bisher nicht organisiert.Wie die Kommunikation genau von statten gehen wird, ist noch unklar. Übersetzungshelfer könnten andere Dorfbewohner mit Migrationshintergrund sein.
Die Kita ist jedoch auf der Suche nach einer uzusätzlichen Fachkraft, die sie laut Einstellungsschlüssel ohnehin benötigt. "Das ist unser Problem", sagt Jutta Krug, "je mehr Kinder, desto mehr Erzieherstunden brauchen wir."