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Millionenverluste bei der Staatsbad Bad Kissingen GmbH


Autor: Benedikt Borst, Charlotte Wittnebel-Schmitz

Bad Kissingen, Donnerstag, 01. Dezember 2022

Die Kurverwaltung hat das dritte Jahr massive finanzielle Probleme. Das Defizit wird 2022 so hoch wie zu Beginn der Coronakrise. Wie der Freistaat Bayen und die Stadt Bad Kissingen darauf reagieren.
Fehlende Kurtaxeinnahmen und die hohen Energiekosten machen der Staatsbad GmbH zu schaffen. Die Verantwortlichen rechnen mit 3,6 Millionen Euro Defizit.


Die Staatsbad Bad Kissingen GmbH steht aus wirtschaftlicher Sicht vor dem nächsten Katastrophenjahr. Das Tochterunternehmen von Stadt Bad Kissingen und Freistaat Bayern fährt das dritte Jahr in Folge massive, ungeplante Verluste ein. Erst sind die Übernachtungszahlen und damit die Einnahmen aus der Kurtaxe aufgrund der Corona-Pandemie eingebrochen und haben sich bis jetzt nicht wieder erholt, die explodierenden Energiepreise verschärfen die finanzielle Misere weiter. Wie die Staatsbad GmbH auf Anfrage dieser Zeitung mitteilt, rechnen die Verantwortlichen für 2022 mit einem Minus von 3,6 Millionen Euro.

Die Staatsbad GmbH betreibt schon in normalen Jahren ein Draufleggeschäft. Vor Corona lag das Defizit bei rund zwei Millionen Euro jährlich. Die Stadt Bad Kissingen und der Freistaat springen Jahr für Jahr mit jeweils rund einer Millionen Euro in die Bresche, um das auszugleichen. Im vergangenen Jahr betrug das Defizit nach Angaben der Staatsbad GmbH 3,4 Millionen Euro, im ersten Pandemiejahr mit den monatelangen Lockdowns lag es bei 3,6 Millionen Euro.

Übernachtungszahlen erholen sich

Da ist es erfreulich, dass die Gästezahlen sich deutlich erholt haben. "2022 konnten bis dato wieder deutlich mehr Gästeankünfte und Übernachtungen verzeichnet werden, im Vergleich zu den stark von der Pandemie gezeichneten Vorjahren", berichtet Staatsbad-Pressesprecherin Theresa Preisendörfer. Bis Ende September wurden 974.527 Übernachtungen gezählt, das sind ein Drittel mehr als Vorjahreszeitraum. Bei den Gästeankünften ist der positive Trend noch deutlicher: 165.710 Ankünfte waren es Ende September, das sind fast doppelt so viele wie in den Monaten des Jahres 2021 (88.900). Allerdings bleiben die Zahlen weiterhin hinter den Jahren vor Beginn der Pandemie zurück (2019: 1,2 Millionen Übernachtungen bis Ende September). "Unter anderem ist das darauf zurückzuführen, dass ein Großteil der Bad Kissinger Reha-Kliniken derzeit noch nicht wieder voll ausgelastet ist", erklärt Preisendörfer.

Die grundsätzlich positive Entwicklung macht sich auch bei der Kurtaxe bemerkbar, wenngleich die Erlöse noch nicht wieder das Vorcorona-Niveau erreicht haben: 2,3 Millionen Euro Kurtaxe hat die Staatsbad im laufenden Jahr bis Ende September eingenommen, 2021 waren es 1,7 Millionen Euro. 4,2 Millionen Euro Erlöse wurden insgesamt erzielt (2019: 3,4 Millionen Euro).

Dass das Defizit dennoch wieder anwächst, erklärt die Staatsbad GmbH vor allem mit den Energiepreisen. "Bereits dieses Jahr verzeichnen wir Kostensteigerungen über alle Energieträger von mehr als 60 Prozent zum Vorjahr", gibt die Sprecherin Auskunft. Diese Entwicklung werde sich 2023 weiter verschärfen. 7 Millionen Euro Ausgaben hat das Unternehmen bisher dieses Jahr verzeichnet, im Vorjahreszeitraum war es eine Millionen Euro weniger.

Wo kann die Staatsbad GmbH sparen?

Wie reagieren Stadt und Freistaat, wie die Staatsbad GmbH selbst auf diese Entwicklung? Wird das Defizit bedingungslos getragen oder ziehen die Gesellschafter die Notbremse und verordnen einen strikten Sparkurs? Das Rathaus jedenfalls hat die eigentlich im Dezember anstehenden Haushaltsberatungen im Stadtrat kurzerhand abgesagt und ins neue Jahr verschoben.

Oberbürgermeister Dirk Vogel (SPD) betont, dass die Krise jeden Haushalt und jedes Unternehmen beschäftigt. "Wir überlegen genau wie jeder andere, wie wir zum Beispiel mit den gestiegenen Energiepreisen nächstes Jahr umgehen", kommentiert er. Das bayerische Finanzministerium hält sich mit Aussagen zurück und verweist darauf, dass die Zahlen für das laufende Geschäftsjahr noch nicht aussagekräftig sind und die Abstimmungen für den Wirtschaftsplan 2023 noch laufen. Auch zur Situation in den übrigen vier bayerischen Staatsbädern trifft das Ministerium derzeit keine Aussagen.

Laut Staatsbad-Sprecherin Preisendörfer haben Freistaat und Stadt signalisiert, das hohe Defizit für 2022 mitzutragen. Das Unternehmen habe bereits Sparmaßnahmen eingeleitet, ohne die Attraktivität Bad Kissingens zu schwächen. "So wurden beispielsweise Raumtemperaturen abgesenkt, Brunnen frühzeitiger in den Wintermodus gesetzt, Park- , Wege- und und Außenbeleuchtungen von Gebäuden reduziert", berichtet sie. Für das kommende Jahr stünden Dinge auf dem Prüfstand, die sich nicht dauerhaft auf die Darstellung und Leistungsfähigkeit auswirken. Preisendörfer betont, dass weder ein Personalabbau oder der Stopp von laufenden Projekten zur Diskussion stehen. Der Wirtschaftsplan 2023 wird voraussichtlich Ende Januar beschlossen.

Stadt Bad Kissingen verschiebt Haushaltsberatung

Das Rathaus hat die im Dezember anstehende Haushaltsberatung im Stadtrat abgesagt und ins neue Jahr verschoben. In einem Schreiben an die Stadtratsfraktionen begründet Oberbürgermeister Dirk Vogel den Schritt damit, dass die Kämmerei "erhebliche Unsicherheiten bei der Aufstellung des Haushaltes" gegenübersteht. Die explodierenden Energiekosten, die Auswirkungen der staatlichen Gas- und Strompreisbremse, die finanziellen Probleme der Staatsbad GmbH (siehe ) werden als wesentliche Unsicherheitsfaktoren genannt.

"Wir werden die Haushaltsberatungen ein bisschen schieben", erläutert Vogel im Gespräch mit dieser Zeitung. "Bevor wir irgendetwas planen und dann im nächsten Jahr wieder zurückrudern. Die Zahlen sind zu volatil." Die Stadt wolle erst die Eckdaten für Dezember abwarten. Besonders im Blick habe man die Energiekosten. "Wir wissen nicht, wie sich die Gas- und Strompreise entwickeln. Kommt jetzt noch die Gas- und Strompreisbremse? Diese Entscheidung warten wir noch ab."

Weil Bad Kissingen viele historische Gebäude hat, die nicht so gut gedämmt sind und viel Energie verbrauchen, schlagen die Energiekosten besonders zu Buche. "Bei den Staatsbadgebäuden, die beheizt werden, ist das ein Riesenthema." Zusätzlich zu den Energiekosten ist auch die Höhe der Schlüsselzuweisung noch unklar. Diese kämen erst im Dezember. Die Stadt entschied deshalb, die für Anfang Dezember vorgesehenen Haushaltsberatungen auf Februar zu verschieben.

Die Stadt merke zunehmend, dass die Krise - finanziell gesehen - immer stärker ankomme. Zur Reha seien beispielsweise nicht so viele Patienten gekommen wie sonst. Das mache sich dann bei der Kurtaxe bemerkbar. "Wenn die Kurtaxe wegfällt, müssen Freistaat und Stadt ran." Dann muss das Geld aus dem Haushalt kommen, andere Projekte gestrichen oder kleiner geplant werden. "Von der Deluxe-Version verabschieden, um den Kern halten zu können", nennt der OB das. "Wir müssen jetzt nicht krampfhaft ein Krisenszenario aufmachen, aber wir müssen kritisch die Haushaltansätze hinterfragen." Bisher ist geplant, dass die Stadträte - wie ursprünglich geplant - am 15. Februar 2023 über den Haushalt entscheiden.