Druckartikel: Michl Müller - Von Null auf Hundert

Michl Müller - Von Null auf Hundert


Autor: Sigismund von Dobschütz

Bad Bocklet, Sonntag, 15. Dezember 2013

Michl Müllers wachsender Bekanntheitsgrad und seine Auftritte auch außerhalb Frankens verlangen ihm thematisch mehr ab, als man bislang von ihm gewohnt ist.
Der Kabarettist Michl Müller kommt in seiner Heimat nach wie vor am besten an, wenn er das regionale Geschehen aufs Korn nimmt.  Foto: Sigismund von Dobschütz


Mit seinem Jahresrückblick "Schluss! Aus! Fertig!" brachte der Kabarettist Michl Müller den Bad Bockleter Kursaal wieder mal zum Kochen. In dem für den Garitzer typischen Pointengalopp nutzte er nicht nur die ganze Bühnenbreite für seinen Auftritt, sondern spurtete von Garitz bis Südafrika und über Mallorca zurück nach Berlin, durch das politische Weltgeschehen und die Garitzer Nachbarschaft, durch die vergangenen 50 Wochen des Jahres 2013.

Es war kaum ein Durchkommen im Kursaal. Bis in die letzte erlaubte Ecke war bestuhlt worden. Die vorderen Reihen hatten sich Müllers Fatzebook-Hardcore-Fans gesichert, voller Erwartung in Dreggsagg-Shirts gekleidet und mit selbstgestrickten Pudelmützen auf dem Kopf. Sie wurden von ihrem Idol nicht enttäuscht.
"Endlich wieder bei normalen Menschen" sagte der "König von Garitz" über sein Publikum und startete sein Programm ohne langatmige Einleitung aus dem Stand von Null auf Hundert. Auf seiner Anreise habe er die schönen Christbäume in Kleinbrach und Großenbrach bewundert. "Auch in Garitz steht jetzt ein schöner Baum!" Schon tobte der ganze Saal, die Anspielung war angekommen.

Am Charme des Bockleter Kursaals hätte bestimmt auch Limburgs Bischof Tebartz-van Elst seine Freude, sinnierte der Komödiant weiter: "Nur ein paar Millionen reingesteckt, wär's eine schöne Sakristei." Damit lag der Gedankensprung zum Vatikan und ein Vergleich zwischen Johannes Paul II. und Ratzingers Rücktritt auf der Hand. Das sei wieder typisch: "Die Polen schaffen bis zum Umfallen und der Deutsche geht gepflegt in den Ruhestand."

Bei der Wahl des neuen Papstes seien über 100 Kardinäle zum Konklave in die Sixtinische Kapelle "gesperrt" worden. "Ich dachte schon, jetzt ist die Welt sicherer."
Vom Ausflug in den Vatikan und zur Trauerfeier für Nelson Mandela kehrte Müller zurück zum deutschen Wahlkampf: Ein Rosamunde-Pilcher-Film sei heute spannender als jedes politische TV-Duell.

Nicht alle Witze kamen an

Nicht immer kamen seine Witze bei den Zuhörern an. Wenn Müller sich zum Beispiel zum NSU-Prozess und den Neonazis äußerte. Manche Themen einfach nicht zum Lachen und passen nicht zu ihm.

Michl Müller scheint momentan am beruflichen Scheideweg zu stehen, was auch der Wechsel seiner Agentur zeigt. Sein wachsender Bekanntheitsgrad und seine Gastspiele außerhalb Frankens verlangen ihm thematisch mehr ab, als man bisher von ihm gewohnt ist. Noch scheint er - auch inhaltlich - auf der Suche nach dem für seine künftige Karriere besten Weg. Er muss sich ein neues Publikum schaffen, ohne das alte zu vergraulen.
Diesem gefallen die kleinen regionalen Spitzen immer noch am besten, was sich am Applaus zeigte. Wenn er sich beispielsweise über die Garitzer Nachbarschaft mokiert, wo jetzt jeder einen Minibagger habe und überall im Garten Löcher bohre. Bei diesen Scherzen ist Müller wieder der "Normalo" von nebenan, der sich - nicht intellektuell abgehoben - seinen Blick für das Menschliche bewahrt hat. Oder wenn er auf seine Garitzer Herkunft verweist, den Kissinger Vorort mit dem Autokennzeichen KG: "Das bedeutet Kissingen-Garitz."

Ein Garitzer macht keinen Urlaub, erklärt er dem Publikum. Der mache allenfalls Kurztrips - in die anderen Stadtteile Bad Kissingens. Und wenn er dann doch mal nach Mallorca fährt, dann trifft er dort sicher die "Jutta von der Poppenröther Höh", wie Müller in einem seiner Lieder versichert. Denn du kannst hinfahren, wohin du willst, "es sind schon Franken da".