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Mesner werden in Bayern langsam knapp


Autor: Ralf Ruppert

Bad Kissingen, Montag, 05. August 2013

Laut der evangelischen Kirche in Bayern werden die Mesner langsam knapp. Für den Hauptamtlichen Hans Welmann ist der Dienst auch Berufung und Glaubensbekenntnis.
Mesner Hans Welmann beim Einstecken der Liedernummern: Sieben solcher Tafeln hängen in der Erlöserkirche und müssen für jeden Gottesdienst bestückt werden. Fotos: Ralf Ruppert


1990 kam Hans Welmann aus Siebenbürgen nach Bad Kissingen. Wie die Mehrheit der Spätaussiedler ist er evangelisch. Schnell wurde er nicht nur Mitglied der evangelischen Kirchengemeinde, sondern fand hier auch Arbeit. "Ich bin seit 22 Jahren fest angestellt", berichtet der 59-Jährige. Als Hausmeister und Mesner ist er "Mädchen für alles" und täglich im Einsatz: "Da muss man sich dran gewöhnen", kommentiert er seine Arbeitszeit.

Für Welmann ist

der Dienst ein Ehrenamt. "In Siebenbürgen hieß das Kirchenvater", erinnert er sich an die Bezeichnung des Mesners. Dass das Berufsbild im Wandel ist, sieht aber auch er: "Es ist kein Wunder, wenn sich junge Leute nicht für den Mesnerdienst interessieren.", Laut Evangelischer Kirche in Bayern müssen immer mehr Pfarrer selbst "mesnern", also sich um Blumenschmuck kümmern, die Kirche aufschließen oder den Gottesdienst vorbereiten. In der Bad Kissinger Erlöserkirche macht das alles Hans Welmann.

Bescherung wird nachgeholt

"An manchen Feiertagen bin ich den ganzen Tag da", berichtet der gelernte Dreher. Zum Beispiel Heiligabend: Vier Gottesdienste und Konzerte stehen an, am Ersten Weihnachtsfeiertag geht es gleich weiter. "Die Bescherung in der Familie holen wir dann immer nach", berichtet Hans Welmann. Für Frau, Tochter und die beiden Enkel ist das selbstverständlich. Auch an Silvester gibt es erst am Abend einen Gottesdienst, dann ein Konzert und um Mitternacht kommt Welmann noch einmal zum Läuten. "Wenn andere feiern, arbeiten wir", sagt er über den Mesner-Beruf.

Aber nicht nur an Feiertagen sind die Arbeitszeiten flexibel: Welmann schließt täglich meist gegen 8 Uhr, spätestens bis 10 Uhr die Kirche auf. Offiziell bleibt sie dann bis 17 Uhr geöffnet, oft kommt Welmann erst um 20 Uhr. Der einzige halbwegs regelmäßige freie Tag ist der Montag, aber: "Wenn es sein muss, komme ich auch da rein."
Sein Aufgabenbereich reicht von der Bestuhlung des Gemeindehauses bis zum Bühnenaufbau für die Konzerte auf Grund des Kurbetriebes. Daneben ist er für die Materialbeschaffung in den Kirchen in Bad Bocklet und Oerlenbach zuständig. Weil Welmann nicht überall sein kann, gibt es dort nebenberufliche Mesner: Arthur Minnich etwa hilft jeden Sonntag in Bad Bocklet mit. Der 56-Jährige ist eigentlich Orthopädietechniker. "Der Dienst ist für mich auch ein Bekenntnis zum Christentum", sagt er. Auch Minnich ist Spätaussiedler, kam 1991 aus Rußland, noch im gleichen Jahr übernahm er den Mesner-Dienst. "Der Glaube ist wichtig, er ist unsere Wurzel", würde er sich wünschen, dass die Gottesdienste besser besucht sind.

Sieben mal sieben Nummern

Für Welmann dauert der Dienst pro Gottesdienst rund drei Stunden: Eine Stunde vorher kommt er zum Läuten und steckt die Lieder-Nummern ein: Sieben Tafeln mit je sieben Zeilen gibt es dazu in der Erlöserkirche. Woanders wird das elektronisch gemacht, aber: "Die Leute sind es so gewöhnt", nimmt er den Mehraufwand gerne in Kauf.

"Als Pfarrer muss ich mich zu 100 Prozent auf die zuverlässige Erledigung dieser Aufgabe verlassen können", beschreibt der Bad Kissinger Pfarrer Jochen Wilde die Bedeutung des Mesner-Dienstes. Zudem trete der Mesner als Akteur im Gottesdienst in Erscheinung: "Deshalb muss dieses Erscheinungsbild auch dem gottesdienstlichen Anlass entsprechend sein, bei uns in der Erlöserkirche beispielsweise trägt der Mesner deshalb einen eigenen Mesnertalar." Zu den Aufgaben gehören auch die Begrüßung der Gottesdienstbesucher oder das Herumreichen des Klingelbeutels. "Dies muss er zuverlässig und möglichst dezent tun, damit der Gottesdienst nicht gestört wird." Zudem müsse er andere Akteure wie Pfarrer, Organist oder Lektor unterstützen.

"Ein großes Problem heutzutage ist die Arbeitszeit an den Wochenenden und zu den Feiertagen", sagt Wilde und weiß, was er an seinem Mesner hat: "Wir sind sehr froh, dass Herr Welmann seinen Mesner-Dienst äußerst verlässlich versieht und bis zum heutigen Tag auch noch keinen einzigen Gottesdienst vergessen hat."


Bezeichnung
Was landläufig als Mesner oder Küster bezeichnet wird, heißt in der evangelischen Kirche offiziell Kirchner. Sämtliche Mitarbeiter der Evangelischen Kirche in Bayern, die sich um die Pflege der Gebäude und die Vorbereitung der Gottesdienste kümmern, sind deshalb auch in der Fachgruppe Kirchner zusammengefasst.

Zahlen
In Bayern gibt es derzeit rund 4200 fest angestellte Mesner. Nur rund 150 sind voll beschäftigt wie Hans Welmann. Etwa 300 haben mehr als eine halbe Stelle, rund 1150 arbeiten zwischen sechs und 19 Wochenstunden. Weitere 2600 Mesner sind offiziell für weniger als sechs Stunden in der Woche angestellt, arbeiten aber oft deutlich mehr ehrenamtlich, die restlichen rund 1000 Mesner sind komplett auf ehrenamtlicher Basis bei der Evangelischen Kirche in Bayern tätig.