Meister in der Kläranlage: "Es stinkt eigentlich gar nicht"
Autor: Carmen Schmitt
Bad Kissingen, Dienstag, 04. August 2015
Tobias Dittrich und Jonny Heyne arbeiten in der Bad Kissinger Kläranlage. Jetzt haben die zwei Männer neben wenigen anderen aus ganz Deutschland ihre Meisterprüfung bestanden. Sie erklären, warum ihnen ihr Beruf überhaupt nicht stinkt.
"Es stinkt eigentlich gar nicht", sagt Jonny Heyne. Er muss es wissen. Der 22-Jährige arbeitet seit sechs Jahren in der Kissinger Kläranlage. Jetzt hat er zusammen mit seinem Kollegen Tobias Dittrich die Meisterprüfung in seinem Ausbildungsberuf gemacht. Die beiden waren zwei von 30 Meisteranwärtern aus ganz Deutschland, die in Bayern ihre Prüfung ablegten.
"Das war Aufregung pur", sagt Tobias Dittrich.
Anstelle eines "Meisterstücks" mussten die zwei Männer durch ein Fachgespräch: drei Prüfer, 20 Minuten, eine Präsentation und eine Menge Fragen der Prüfkommission. "Das Auftreten war nicht das Problem", sagt Tobias Dittrich. Der 32-Jährige engagiert sich beim Faschingsverein Fidelia in Reisterswiesen und bei der Freiwilligen Feuerwehr - das Reden fällt ihm leicht.
Unsicherer war er bei dem Thema, das jeder Meisterprüfling für das Gespräch vorbereiten muss.
"Die Zeit in der Schule muss man zum Lernen nutzen - und eben das Wochenende", sagt Jonny Heyne. Tobias Dittrich sieht im Blockunterricht, den die beiden durchlaufen haben, einen großen Vorteil: "Man ist weg von daheim und wird nicht abgelenkt." In der Gemeinschaft war das Lernen intensiver, meint er. Jeden Monat reisten sie für eine Woche in das gut zwei Stunden entfernte Lauingen an der Donau. So wie 28 andere aus ganz Deutschland, die dort den Abwassermeister-Kurs belegt hatten. Im August 2013 haben sie den Lehrgang gestartet. Ein Jahr, nachdem sie ihre Ausbildung beendet hatten. "Man ist im Stoff drin", sagt Jonny Heyne. "Das Wissen ist noch frisch. Mit dem Meister wird es gefestigt."
Inhaltlich kam viel Neues auf die beiden zu: Rechnungswesen, Pädagogik und Personalmanagement. "Es ist wichtig, die Meister als Führungskräfte zu fördern", sagt Alexander Pusch, Bereichsleiter und Ausbilder bei der Kissinger Kläranlage. Schließlich sollen die einmal Bewerbungsgespräche führen und das möglichst objektiv und fair, erklärt er. "Beim Meisterlehrgang wird versucht, Kompetenzen zu festigen und zu sensibilisieren", sagt Alexander Pusch. Er sieht in der Ausbildung einen Auftrag: "Die Azubis werden bei uns nicht herumgeschickt, um niedere Arbeit zu machen." Interner, individueller Unterricht, Zeit zum Lernen, die Ausstattung mit Werkzeugen - "die Stadt nimmt die Ausbildung ernst", sagt er.
Spagat zwischen Abteilungen
Was die beiden Männer an ihrem Beruf reizt? "Es ist einfach so abwechslungsreich", sagt Jonny Heyne. Elektrotechnik, Schlosserarbeiten, Aufgaben im Labor, Chemie und Biologie zählt der 22-jährige Untererthaler auf. Die Mischung mache es aus. Jeder Tag sei ein bisschen anders, sind sich die zwei Abwassermeister einig. "Die Kläranlage von heute ist eher ein Industriebetrieb. Es ist extrem vielfältig", sagt Alexander Pusch. Tobias Dittrich und Jonny Heyne sehen ihre Herausforderung darin, als Bindeglied zu agieren. "Ein Meister muss den Spagat zwischen Verwaltung und Arbeiter hinbekommen", sagt Jonny Heyne. Wenn sie Schüler und Gäste durch den Betrieb führen, polieren sie gleichzeitig den Ruf auf, der einer Kläranlage anhängt. "Die meisten sind am Ende einer Führung erstaunt", sagt er. Tobias Dittrich wünscht sich, dass sich mehr Menschen für die Thematik interessieren. "Wir bezahlen schließlich alle dafür."