Lügen haben vielleicht kurze Beine, aber sehr lange Nasen
Autor: Thomas Ahnert
Bad Kissingen, Dienstag, 05. Juli 2016
Carlo Collodis Märchen von Pinocchio, einer Holzpuppe, die zu einem richtigen Jungen wird, ist in aller Welt bekannt und beliebt.
Die ellenlange Nase des putzigen Kerls hat einen enormen Soforterkennungswert. Auch beim Kissinger Sommer, wo das Kammerorchester "concierto München" und das "münchner puzzletheater" im Kurtheater mit einer Kindervorstellung gastierten. Carlos Dominguez-Nieto hatte mit seinem Team eine Spielfassung erarbeitet, die die Geschichte aufs Wesentliche reduzierte, aber dafür der Fantasie Freiräume eröffnete - womit Kinder im Gegensatz zu Erwachsenen bekanntlich nicht die
geringsten Schwierigkeiten haben.
Carlos Dominguez-Nieto spielte den Geigenbauer Gepetto, der sich aus einem Pinienast eine Puppe schnitzt, weil er so gerne einen Sohn hätte. Dieser Pinocchio (Sylvia Mayer) erwacht allmählich zum Leben, gerät aber an die falschen Freunde, will nicht in die Schule gehen. Die Grille (Florian Weber) will ihn auf den rechten Weg bringen, aber Pinocchio verweigert sich mit Lügen. Seine Nase wächst, und schließlich wird er sogar noch zum Esel. In der verfahrenen Situation gibt es eigentlich nur eine sinnvolle Lösung: Gepetto erwacht aus seinem Traum - aber, und das ist das Gute: Aus der Holzpuppe ist tatsächlich ein richtiger Junge geworden.
Die Inszenierung zielte nicht so sehr auf den Aspekt des Mitmachtheaters. Die Kinder waren vor allem Zuschauer, die das Spiel mit vielen kleinen Requisiten und witzigen Einfällen gespannt verfolgten, und die am Ende froh waren, dass die Sache so gut ausging. Vor allem das mit der Schule hatte sie doch ziemlich beschäftigt.
Was sehr schon war, war die nahezu durchgehende Begleitung der Spielhandlung mit Musik. Da waren Dominguez-Nieto und sein Team vor allem bei Rossini und seinen Sonate a quattro fündig geworden, einer Musik, die mit ihrer Leichtigkeit und ihrem Humor sehr gut zu der Handlung passte und die von einem Streichquintett, Klarinetten und Oboen erfrischend musiziert wurde.
Der einzige Wermutstropfen an diesem Vormittag: die Eltern, die nicht mit ihren Kindern ins Kurtheater gekommen waren.