Leidenschaft für Schuhe
Autor: Arnold Nöth
Oerlenbach, Dienstag, 01. Oktober 2013
Rebecca Erhard lernte beim Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum in Oerlenbach den heute schon seltenen Beruf. Jetzt ist sie Kammersiegerin in Unterfranken.
Es gibt den alten Spruch: "Schuster bleib bei deinen Leisten!", der aussagen will, dass man bei dem bleiben soll, was man gelernt hat, was man kann. Manchmal treffen alte Weisheiten aber auch doppelt zu, wie z.B. im Falle der 19-jährigen Rebecca Erhard (Reichenbach), denn sie hat den heutzutage seltenen Beruf des Schuhmachers, sprich Schusters (in diesem Falle Schusterin) beim Bundespolizeiaus- und -fortbildungszentrum in Oerlenbach erlernt und will ihrem Traumberuf treu bleiben.
Prüfung in München
Eine Lehrstelle in diesem Bereich zu finden war im näheren Umkreis gar nicht so einfach. Doch bei der Bundespolizei fand sie eine Stelle (wir berichteten). Nun hat Rebecca ihre dreijährige Lehre hinter sich gebracht und vor dem Gesellenprüfungsausschuss der Schuhmacher-Innung München ihre Abschlussarbeit und Prüfung mit Bravour bestanden. Ihre Prüfungsaufgabe: Das Gesellenstück, bestand darin, ein Paar Herrenschuhe komplett zu fertigen, dazu kam noch als weitere Aufgabe eine Schuhzurichtung (Änderung) mit Außenrand-Erhöhung.
Mit der Benotung "Gut!" in den Prüfungsteilen A und B, wurde sie gleichzeitig auch Kammersiegerin in Unterfranken im Landeswettbewerb des Deutschen Handwerks, Wettbewerbsberuf Schuhmacher, und freut sich natürlich selber am meisten über diesen großartigen Erfolg. Ebenso ihr Ausbildungs-Meister Dieter Hein, der schon zu Beginn der Lehrzeit über seine stets freundliche und immer gut aufgelegte Azubi sagte: "Die passt scho, die Rebecca!" und freilich stolz auf den besonderen Erfolg seines Lehrmädchens und die gemeinsame Ausbildungszeit ist. Bei der Freisprechung in Fürth wurde ihr gerade der Gesellenbrief überreicht; am 27. September fand in Würzburg die Abschlussveranstaltung statt.
Erst die Arbeit, dann das Studium
Mittlerweile hat Rebecca eine Stelle in einem Orthopädie- und Schuhtechnik-Geschäft in Schweinfurt angetreten. "Ich kenne den Betrieb schon von der überbetrieblichen Ausbildung, darum freut es mich, dass ich jetzt hier arbeiten und das Erlernte in die Praxis umsetzen kann...!" sagt die junge Frau. Allerdings soll es für sie nur eine Zwischenstation sein, denn ihr eigentliches Wunsch-Berufsziel, das sie sich schon vor drei Jahren gesetzt hatte, ist ein Studium in Schuh-Design an der Deutschen Schuh-Fachschule in Pirmasens.
Befragt nach den Eindrücken ihrer nun zurückliegenden Azubizeit, meint Rebecca Erhard: "Die drei Jahre gingen ganz schnell rum. Die Ausbildung war witzig, lehrreich und hat mir viel Spaß gemacht!" Statt der vielen Stunden, die sie dabei während ihrer Ausbildung auch für Gipsen und Schienenfertigung aufbringen musste, hätte sie "viel lieber Schuhe gezwickt", womit das Aufspannen und Anpassen des Oberleders auf den Schuhunterteil gemeint ist. Denn das komplette Aufbauen und Fertigen eines Schuhes, "...das macht mir am meisten Spaß!" Zum Berufsschul-Blockunterricht musste sie nach München. Dabei war sie die einzige Schülerin aus Unterfranken. "Die anderen kamen aus ganz Bayern und sogar aus Baden Württemberg. Aber es war gut!" Die Frage, ob ihr denn der heute so seltene Beruf eines Schuhmachers noch Spaß mache, meinte Rebecca kurz angebunden: "Bis jetzt passt's noch. Und es ist und bleibt mein Traumberuf!"
Befragt nach der Besonderheit ihrer Ausbildung im Schuhmacherbetrieb in Oerlenbach wusste die nun nicht mehr unter täglichem Polizeischutz stehende Gesellin im Schuhmacherhandwerk, dass das schon eine exotische Sache war, auf die sie oft angesprochen worden sei. Doch für sie war es ganz normal und: Seit dem vergangenen Jahr hat sich dort eine Nachfolge gefunden. Es gibt wieder ein Schustermädchen bei der Bundespolizei.