Lehrreiches Zeltlager für Behinderte in Maria Bildhausen
Autor: Anton Then
Maria Bildhausen, Sonntag, 15. Sept. 2013
Eine Waldlichtung war das Basislager. Von dort aus wurde der Alltag organisiert. Das Zeltlager gehörte zu einem Erlebnispädagogik-Projekt, das Jonathan Thain und Dominik Driemer zusammen mit einer Wohngruppe des Dominikus-Ringeisen-Werkes Maria Bildhausen auf die Beine stellten.
Jonathan Thain und Dominik Driemer arbeiten im Dominikus-Ringeisen-Werk im ambulant betreuten Wohnen der Gruppe Markus in Münnerstadt. Derzeit absolvieren beide innerhalb von drei Jahren eine berufsbegleitende Ausbildung zum staatlich anerkannten Erlebnispädagogen und stehen kurz vor dem Abschluss. Dazu gehören ein Projekt, exakt dokumentiert, und schließlich noch eine mündliche Prüfung.
Im Vorfeld wurde das ganze Projekt, an dem sich sieben Betreute freiwillig beteiligten, ausführlich in der Theorie behandelt. Zum Auftrag der Einrichtung gehörten die Heranführung an Wohnformen mit geringem Hilfebedarf, Orientierungshilfen für das künftige Leben und Wohnen der Betreuten, die Vermittlung eines realistischen Bildes von selbständigem Leben und Wohnen und das Erkennen, dass eine enge Zusammenarbeit mit den Betreuern notwendig ist.
Dazu wurde eine ganze Palette von Feinzielen erstellt. Jeder Teilnehmer musste eine persönliche Einschätzung abgeben. "Einige haben sich teilweise überschätzt und mussten im Nachhinein feststellen, dass die Wirklichkeit doch anders ist als im geschützten Raum der Gruppe", sagt Jonathan Thain. Durchgeführt wurde das Projekt auf einer Waldlichtung zwischen Weichtungen und Poppenlauer. Die erste große Aufgabe war der Aufbau eines Jutezeltes (Beduinenzelt für 10 bis 15 Personen). Dann konnten sich die Teilnehmer entscheiden, ob sie die drei Tage im Basislager oder außerhalb verbringen wollten. Zwei bauten sich ein eigenes kleines Lager, drei entschieden sich für eine Dreiergemeinschaft und zwei blieben im Basislager in der Obhut der Betreuer.
Einkaufen in Maßbach
Bei den zahlreichen Einzelaufgaben wie Orientierungslauf, Essenszubereitung, Verpflegungseinkauf in Maßbach konnten die Teilnehmer wieder für sich entscheiden, ob sie die Aufgabe alleine oder in der Gruppe bewältigen wollten. Die Betreuer beschränkten sich auf minimale Vorgaben und Impulse.
"In der Erlebnispädagogik ist viel Eigeninitiative erforderlich", sagt Dominik Driemer. Großer Wert wurde auf Notwendigkeiten im Alltag gelegt. Dazu gehörten das Üben bei Notfallsituationen, wie Hitzschlag, Lebensmittelvergiftung oder Verschwinden eines Teilnehmers. Unvorhergesehen herrschte am Abend des zweiten Tages große Aufregung. Der Ernstfall trat tatsächlich ein. Ein Teilnehmer hatte sich den Knöchel schwer verstaucht und musste ins Krankenhaus eingeliefert werden. "Als Übung war der Vorfall gut, für den Teilnehmer aber weniger", so Jonathan Thain. Die Tagesreflexion und die Darstellung eines persönlichen Highlights aus Naturmaterialien standen ebenfalls auf dem Programm. Erstellt wurden außerdem Videointerviews mit allen Beteiligten. Eine Urkunde rundete das Projekt ab.
"Ich bin lieber im Basislager geblieben, weil das Alleinsein für mich neu ist und ich lieber in einer Gruppe bin", sagt Tobias Auernhammer, der einen ausgelagerten Arbeitsplatz im Juliusspital in Münnerstadt hat. Das Einkaufen in Maßbach mit dem Rucksack, auch wenn es anstrengend war und das Kochen haben ihm am besten gefallen. Am liebsten würde der 22-Jährige in einer Dreier-Wohngemeinschaft leben.
Ein tolles Erlebnis
Daniel Guggenberger, der im Landschaftspflegeteam arbeitet, meinte, er habe beim Kochen, bei der Orientierung im freien Gelände und beim Verhalten in der Notfallsituation am meisten gelernt. Der ebenfalls 22-Jährige würde auch das Leben in einer Dreier-Wohngruppe bevorzugen. Jonathan Thain und Dominik Driemer bezeichneten das Projekt als "tolles Erlebnis", das sie jederzeit wieder machen würden. Der große Zusammenhalt der Gruppe habe sie überrascht. "Das reale Notfallmanagement war für uns eine zwar unerwartete, aber besonders wichtige Erfahrung."