Landkreis Bad Kissingen: Südlink im Osten, Masten im Westen?
Autor: Ralf Ruppert
Bad Kissingen, Donnerstag, 12. Sept. 2019
Bund und Freistaat haben sich darauf geeinigt, dass die Wechselstrom-Leitung P 43 von Mecklar nach Bergrheinfeld kommt. Der Protest dagegen hält sich noch in Grenzen, obwohl es sicher den Landkreis treffen wird und die Leitung wohl kaum unter die Erde kommt.
Ingo Queck, Vorsitzender der Bürgerinitiative "Sinntal gegen die Stromtrasse", ist sich sicher: "Die Bedrohung durch die P 43 ist für unsere Region sogar noch höher als die durch Südlink." Eine 380-Kilovolt-Wechselstrom-Doppelleitung soll ab dem Jahr 2030 das hessische Dipperz mit dem unterfränkischen Bergrheinfeld verbinden. "Diese Variante ist die kürzeste und bringt die geringste Gesamtbelastung", heißt es im Vorschlag des Bundeswirtschaftsministeriums zur "Lösung im Dreiländereck Bayern, Hessen und Thüringen."
Während die Staatsregierung in München den Kompromiss mit dem Bund feierte und Oberfranken sich freute, dass die P 44 von Schalkau in Thüringen nach Grafenrheinfeld gekippt wurde, läuteten in Unterfranken die Alarmglocken. Als "Opfer des Kompromisses" bezeichnete selbst CSU-Landrat Thomas Bold den Landkreis Bad Kissingen. Er geht davon aus, dass die neue Leitung "genau unsere Heimat durchqueren" wird. Der Landkreis hatte vor allem auf die Alternative auf der bestehenden Trasse von Dipperz nach Urberach, die sogenannte P 43 mod, gehofft, die jedoch ebenso verworfen wurde wie die "bisher von den Netzbetreibern und der Bundesnetzagentur als zwingend erforderlich angesehene Leitung P 44 samt Alternativen".
"Die Region verraten"
"Hubert Aiwanger hat die Region verraten", greift Markus Stockmann, Vorsitzender der Bürgerinitiative "Der Gegenstrom Elfershausen", den Wirtschaftsminister der Freien Wähler an. Er verweist auf den Kompromiss nach dem Kampf gegen die Höchstspannungs-Gleichstrom-Trasse "Südlink": Erdkabel auf der gesamten Länge und keine Trasse durch "schützenswerte Gebiete": "Hier war die Rhön gemeint", betont Stockmann.
Nur abschnittsweise Erdkabel
Die Vereinbarung mit der Großen Koalition sei nun dahin: "Das ganze Verfahren fängt von vorne an." Stockmann glaubt auch nicht den Beteuerungen der Staatsregierung, dass die Wechselstromleitung ohne Masten auskomme: "Es ist ein Irrglaube zu meinen, dass die P 43 als Erdkabel kommen wird, auch wenn dies von der Politik versprochen wurde."
Auch das Bundeswirtschaftsministerium schränkt im Hinblick auf die P 43 ein: "Aus netztechnischen Gründen ist die Erdverkabelung bei Drehstromvorhaben nur auf Teilabschnitten möglich." Bei bereits geplanten Vorhaben schließt der Kompromiss zwischen Bund und Ländern Erdkabel bereits so gut wie aus, weil "eine Umplanung auf Erdkabel zu mehrjährigen Verzögerungen und damit zu gravierenden Netzengpässen führen" würde.
Weil es für den südlichen Abschnitt der P 43 zwischen Dipperz und Bergrheinfeld zumindest noch keinen Trassen-Vorschlag gibt, soll zumindest eine abschnittsweise Erdverkabelung geprüft werden. Zuständig dafür ist die Bundesnetzagentur, die auf Nachfrage ebenfalls bestätigt, dass im Gegensatz zu den großen Gleichstromleitungen bei den Wechselstromleitungen durchgehende Erdkabel unwahrscheinlich sind.
Bislang erst 612 Unterschriften
"Alle Aussagen deuten darauf hin, dass die P 43 kommt", ist auch der Mottener CSU-Bürgermeister Jochen Vogel sicher, und: "Es geht entweder auf der einen oder der anderen Seite der Mottener Haube entlang, im Altlandkreis Bad Brückenau müssen alle die Augen und Ohren offen halten." Umso erstaunlicher ist, dass in den vier Kommunen der VG Bad Brückenau bislang kein einziger Bürger die Resolution des Landkreises gegen die P 43 unterschrieben hat. In der Stadt Bad Brückenau waren es laut einer Umfrage dieser Zeitung zu Beginn der Woche 27, in Motten immerhin 61. Insgesamt gibt es im Landkreis bislang erst 613 Unterschriften.