Landkreis Bad Kissingen: Seniorenheime im Krisenmodus
Autor: Benedikt Borst, Thomas Malz
LKR Bad Kissingen, Freitag, 03. April 2020
Die Corona-Fälle im Seniorenheim Kramerswiesen rufen auch in anderen Einrichtungen Bestürzung hervor. Die Sicherheitsvorkehrungen sind hoch, die Lage weitgehend ruhig. Dass Schutzkleidung knapp wird, ist derzeit noch kein Thema.
Der Schock war groß, als bestätigt wurde, dass es die ersten Coronafälle in einem Seniorenheim im Landkreis Bad Kissingen gibt. In dem Oerlenbacher Seniorenheim Kramerswiesen wurden 20 Bewohner und elf Mitarbeiter positiv auf das Coronavirus getestet. Eine 85-jährige Infizierte mit mehreren Vorerkrankungen war Anfang der Woche in einer Klinik gestorben.
"Es ist eine extrem belastende Situation für Bewohner und Mitarbeiter", sagt Volker Göbel, Mitglied der Geschäftsleitung für die Altenpflege beim Diakonischen Werk Schweinfurt. Er ist neben dem Seniorenhaus Kramerswiesen in Oerlenbach auch für das Bad Kissinger Diakonie-Pflegezentrum Theresienstift und weitere Schweinfurter Seniorenzentren zuständig. "Die Lage hat sich stabilisiert", sagt er. Nachdem alle Bewohner und Mitarbeiter in Oerlenbach getestet wurden, "haben wir Planungssicherheit gewonnen, welche Mitarbeiter noch gesund sind und wen wir einsetzen können."
Die Fälle hätten die Mitarbeiter verunsichert. Göbel: "Man glaubt bis zuletzt an sich und dann bahnt sich das Virus doch seinen Weg. Egal, was man tut." Aber: "Wir lernen durch die Situation." Mitarbeiter seien nochmal sensibler, da es Kollegen getroffen habe. "Man überdenkt seine eigenen Handlungen noch kritischer", sagt er.
Schutzausrüstung auf Lager
Die kreiseigene Carl von Heß'sche Sozialstiftung betreibt sieben Altenpflegeheime im Landkreis, in Hammelburg, Bad Brückenau, Münnerstadt, Zeitlofs, Oberthulba und Euerdorf. "Die Vorkommnisse in Oerlenbach und Würzburg haben uns sehr bestürzt", sagt Stiftungsvorstand Marco Schäfer. Die Schutzvorkehrungen für Bewohner und Mitarbeiter in den Heimen seien hochgefahren worden, wenige Stunden bevor die Regierung die Ausgangsbeschränkung verhängte. Grundsätzlich gelten die Schutzbestimmungen für Altenheime bayernweit. Heimintern können sie aber verschärft werden, weil sie unter das Hausrecht fallen. "Viel mehr kann man aber nicht machen. Wir tun alles, um unsere Bewohner abzuschotten und versuchen, die Zeit so gut wie möglich zu überbrücken", erklärt Schäfer.
Das Besuchsverbot werde akzeptiert, Verstöße seien nicht aufgefallen. Über das Telefon wird versucht, den Kontakt der Bewohner zu den Angehörigen zu halten. Und: "Wir haben die Betreuung hochgefahren, um den fehlenden Kontakt zu den Angehörigen zu kompensieren", berichtet Schäfer. Die sieben Einrichtungen verfügen bislang über ausreichende Mengen an Schutzkleidung und Schutzmasken in verschiedenen Kategorien. Die komplette Schutzmontur mit FFP2-Masken solle nur bei Verdachtsfällen und Infizierten zum Einsatz kommen. Schäfer: "Bislang reichen unsere Kapazitäten aus, aber das hängt auch davon ab, wie die nächsten Tage verlaufen."
Corona seit Januar Thema
Pflegeunternehmer Michael Wehner macht seine Angestellten bereits seit längerem für Corona bereit. "Eigentlich beschäftigt es uns seit Januar, zu dem Zeitpunkt haben wir uns im Einkauf darauf vorbereitet", teilt der Geschäftsführer vom Pflegedienst Wehner, Seniorenheim und Tagespflege Saaleufer, Seniorenheim Rhönblick und Wenoba Heimbeatmungsservice, mit.
Vor sechs Wochen habe es eine erste interne Schulung gegeben, um den Angestellten Ängste zu nehmen. Es gründete sich ein interner Krisenstab. "Wir arbeiten seit etwa vier Wochen, als hätten wir schon Coronafälle bei uns", sagt Wehner. Mehrfach täglich desinfizieren Mitarbeiter beispielsweise Türklinken oder Lichtschalter. Außerdem gibt es täglich eine Videokonferenz mit den Leitungskräften aus Pflege und Verwaltung. Wehner: "Das Ziel ist, jeden Schritt so zu planen, dass alle Bereiche auf dem gleichen Stand sind."