Landkreis Bad Kissingen: Politik ruht sich auf Ehrenamtlichen aus
Autor: Charlotte Wittnebel-Schmitz
LKR Bad Kissingen, Freitag, 18. Februar 2022
In den Flüchtlingsunterkünften herrscht krasser Personalmangel. Ehrenamtliche übernehmen in großem Umfang Tätigkeiten, für die es eigentlich mehr Hauptamtliche bräuchte.
Vor ein paar Wochen wandte sich das Ehepaar Wilk verzweifelt an die Öffentlichkeit. Die Ehrenamtlichen forderten dringend eine Vollzeitstelle für die Flüchtlingsunterkunft in Volkers. Wie ist die Lage in anderen Unterkünften im Landkreis?
Wie ein Vollzeitjob
"Alles ist am Anschlag." Diese Haltung vertreten mehrere Menschen im Landkreis, die in der Flüchtlings- und Integrationsarbeit hauptamtlich und ehrenamtlich aktiv sind. Manche Ehrenamtliche schultern sogar so viel Arbeit, dass sie mit dem Umfang einer hauptberuflichen Vollzeitstelle verglichen werden kann.
Es sind Menschen, die sich seit der Flüchtlingskrise 2015 immer noch engagieren oder vor ein paar Jahren dazu gekommen sind. Menschen wie das Ehepaar Wilk aus Volkers, Gesine von Postel aus Hammelburg oder Maria Wahler aus Ebenhausen. Es sind zu viele Namen, um sie hier alle zu nennen, aber zu wenig Menschen, um die Aufgabe zu schultern, die die Politik sie tragen lässt. Denn wer hier nicht irgendwann auch mal "Nein" sagt, bricht unter der Masse der Aufgaben zusammen.
Anmeldung im Kindergarten
Flüchtlingsunterkunft Oerlenbach-Ebenhausen: Wird ein Baby geboren oder kommen neue Kinder in die Unterkunft gibt Maria Wahler im Kindergarten und in der Gemeinde "sofort Bescheid". Als Ehrenamtliche kümmert sie sich darum, - nicht nur, aber auch - dass Kinder beim Kindergarten oder in der Schule angemeldet werden. Die Zusammenarbeit mit den Kindergärten und der Schule funktioniere sehr gut, sagt sie.
Aber ursprünglich war es so nicht gedacht. "2015 dachte ich, dass man mal einen Kaffee oder Tee zusammen trinkt und gemeinsam etwas unternimmt." Als 2015 Flüchtlinge nach Ebenhausen kamen, habe es geheißen, die Ehrenamtlichen brauchten sich um solche Verwaltungsangelegenheiten nicht kümmern, dafür sei offiziell jemand da. "Inzwischen ist die Realität eine ganz andere. Niemand ist da, der sich kümmern würde."
Wahler sagt das ohne Vorwurf. Wenn Hausmeister krank seien, seien sie krank. Die Frau von der Flüchtlings- und Integrationsberatung der Caritas täte ihr Bestes, sei aber nur alle 14 Tage da. Sie muss sich auch um die Flüchtlingsunterkunft in Münnerstadt kümmern. "Keiner kann mehr arbeiten, als er arbeiten kann."
Innenministerium wäre zuständig
Kritisch äußert sie sich in Richtung der Regierung von Unterfranken - die jedoch verweist auf das Innenministerium. Die Politik verlasse sich darauf, "dass das von Ehrenamtlichen aufgefangen wird", findet Wahler.