Kurpension Trümbach verkauft nach fast 100 Jahren im Familienbesitz
Autor: Carmen Schmitt
Bad Bocklet, Freitag, 20. November 2015
Das einstige Sanatorium der Trümbachs war fast 100 Jahre im Familienbesitz. Die Kurpension hat seine letzten Gäste verabschiedet und dicht gemacht. Was aus der alten Villa werden soll, weiß der neue Besitzer noch nicht.
Bilder lehnen an der Wand. Ein paar von ihnen will Annette Limpert mitnehmen. Als Erinnerung. Die Türen in der alten Villa stehen offen. Frische Herbstluft ist in die Räume gekrochen. Die Sonne steht tief und blendet durch die Sprossenfenster. Die 52-Jährige steht heute alleine auf der dunklen Holztreppe, über die in den vergangenen Jahrzehnten viele Tausend Koffer geschleppt wurden.
Die Menschen kamen zur Kur, zum Urlauben oder einfach zum Runterfahren in die Pension Trümbach in der Kissinger Straße in Bad Bocklet. Sie kamen, weil sie sich wohlfühlten. Am 19. Oktober haben die letzten Gäste ausgecheckt.
Nur noch Übernachtung mit Frühstück: Schon in den letzten beiden Jahren blieb die Küche kalt. Genauso wie das Hallenbad. Die Unterhaltungskosten für das sechs auf 13 Meter große Schwimmbecken waren zu hoch. "Es müsste viel gemacht werden", sagt Annette Limpert. Zu viel, meint sie. Sie wird die alte Villa verkaufen. Fast 100 Jahre war sie im Familienbesitz. Ihr Großvater, Ludwig Trümbach, hat das Haus gekauft. Er blickt im ersten Stock von einem Gemälde erwartungsvoll auf Zimmer Nummer "8", den Fernsehraum - eine Mischung aus Eiche rustikal und Herrenzimmer. In der Mitte des Raumes baumelt ein Geweih als Kronleuchter. Fast 50 Jahre lang hat Annette Limperts Großvater Langzeitpatienten psychosomatisch in der Villa therapiert.
Familien unter einem Dach
Später übernahm ihr Vater das Sanatorium, der Onkel leitete die Praxis, ihre Mutter schmiss die Küche. In den 70er-Jahren erweiterte das Familienunternehmen die Kurpension um das "Haus Christa" mit der Badeabteilung, die später ihr Bruder als Physiotherapeut leitete.
Die Kurgäste, die zu Trümbachs nach Bad Bocklet kamen, hatten Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Stoffwechselprobleme oder wurden orthopädisch oder psychosomatisch behandelt. 1987 stieg Annette Limpert ein. Die gelernte Krankenschwester kümmerte sich schließlich um Buchhaltung und Verwaltung. Heute ist die 52-Jährige müde.
Offen für private Urlauber
Noch mal etwas ganz anderes anfangen? Dafür hat sie
keine Kraft mehr, sagt sie. 1996 hatte das Sanatorium 10 000 Übernachtungen im Jahr. Ein Jahr später nicht mal mehr die Hälfte. Bis 2008 kämpften sie sich wieder hoch auf 6000 Übernachtungen. "Der Familienbetrieb hat viel aufgefangen", sagt Annette Limpert. Ende der 90er-Jahre öffneten sie ihre Kurpension auch für private Urlauber, die sich wochenweise einquartierten. Kosmetikstube, Liegewiese, Bewegungsbad: Es reichte nicht.
Immer mehr Auflagen in den vergangenen 15 Jahren sorgten für den Rest. Annette Limpert ist mit dem Haus verwachsen, sagt sie. "Es tut weh, aber jetzt kann ich mal durchschnaufen."Die Decken der 48 Betten sind glatt gezogen, die Kopfkissen aufgeschüttelt, doch auf Schlafgäste warten sie vergebens. Einige Stammgäste schickten Annette Limpert Vorschläge, wie man die Pension retten könne. Andere konnten ihre Entscheidung verstehen oder waren traurig. 100 Schreiben hat sie an treue Besucher verschickt. Viele der Stammgäste waren 20 Mal oder mehr in Bad Bocklet bei Trümbachs. Ihr längster Gast kam 46 Mal. "Wiederkehrer" nennt Annette Limpert sie. Zwei Drittel haben sie in der Vergangenheit ausgemacht. "Aber auch die haben nicht gereicht." Elf Tage blieben die Gäste im Schnitt im vergangenen Jahr. "Und das war noch richtig gut für Bad Bocklet." Trotzdem, im Sommer fiel der Entschluss. Dann, wenn eigentlich die Werbung für das neue Jahr rausgeht. Mit der Entscheidung ließ sie sich drei Jahre Zeit. "Irgendwann geht´s halt nicht mehr."