Kreuz und Glocken
Autor: Kathrin Kupka-Hahn
Steinach an der Saale, Dienstag, 16. Februar 2016
Die Steinacher haben fürs Radio die Kirchenglocken läuten lassen.
Die Kirchenglocken von St. Nikolaus läuten normalerweise zu jeder vollen Stunde. Nur am vergangenen Montag nicht. Da schienen sie zur Mittagszeit irgendwie aus dem Takt geraten zu sein. Schließlich konnten die Steinacher das Geläut mehrmals zwischen elf und zwölf Uhr hören. Doch weder war die Automatik kaputt, noch sind außergewöhnlich viele Leute gestorben. Anlass für den außergewöhnlichen Klang war eine Aufnahme des Bayerischen Rundfunks.
Techniker Andreas Heuber und Ingenieur Bastian Schick aus dem Studio Franken in Nürnberg sind am Montagvormittag mit ihrem Übertragungswagen vor Ort, um das Steinacher Glockengeläut aufzunehmen. An und für sich ist das eine recht unspektakuläre Sache, in einer dreiviertel Stunde erledigt. Zwei große Mikrofone mit Wuschelpelzbezug haben die beiden Spezialisten neben ihrem Übertragungswagen im Hof zum Pfarrhaus aufgebaut, alle Anwesenden so weit wie möglich weggeschickt. "Schließlich sollen so wenig Nebengeräusche wie möglich zu hören sein", erklärt der Techniker.
Dann setzen die Kirchenglocken ein, laut und kräftig, mehrmals. Die Aufnahmen gelingen problemlos. Schließlich sind am Montag kaum Krachmacher wie etwa Traktoren oder große Lastwagen auf der Steinacher Hauptstraße unterwegs. "Wir haben zwei Mal fünf Minuten aufgezeichnet", sagt Heuber. Aber ganz so lang werden die Steinacher Kirchenglocken am Sonntag, 22. Mai, zur Mittagszeit auf Bayern 1 nicht zu hören sein. "Außerdem wird noch etwas über unseren Ort und die Kirche erzählt", sagt Pfarrgemeinderatsvorsitzende Claudia Benkert.
Pfarrfest im Juni
Sie hat die Aktion initiiert und den Bayerischen Rundfunk wegen einer Aufnahme angeschrieben.
Umso glücklicher ist sie nun, dass die Umsetzung so reibungslos klappt. "Wir wollen damit auf unser Pfarrfest aufmerksam machen", erklärt Benkert, wie die Idee dazu entstanden ist. Mit diesem Fest, das am Wochenende 11./ 12. Juni stattfinden wird, wollen die Steinacher an das 500-jährige Bestehen des Riemenschneider-Kruzifixes erinnern.
"Das wäre nämlich beinahe verkauft worden", erzählt Kirchenpfleger Otto Dünisch.Viele Jahre galt das Kreuz, das früher über dem Triumphboden des Gotteshauses hing, als unbedeutend. Erst Ende des 19. und zu Beginn des 20. Jahrhunderts sei bei näheren Untersuchungen festgestellt worden, dass es sich um ein wertvolles Stück handelt und der gesamte Korpus von Tilman Riemenschneider geschaffen wurde.
"Beim Ablaugen entdeckte man im Rücken ein mit einem Korkpfropfen geschlossenen Kanal und fand in demselben einen Bleiwürfel. Dieser enthielt einige Reliquien und eine Urkunde über den Ursprung des Kruzifixes", schreibt Pfarrer Kolb in der Chronik der Pfarrei Steinach von 1901.
Nun ziert das Meisterwerk den Chorraum der Kirche. "Bei der letzten Renovierung der Kirche 2006 wurde sogar extra ein Fenster zugemauert, um das Kruzifix ins rechte Licht zu setzen", weiß Dünisch. Im Großen und Ganzen ist es trotz seines hohen Alters sehr gut erhalten. "Nur die Haltung der Arme wurden im Lauf der Jahrhunderte verändert", sagt er.
Touristen-Attraktion
Jährlich bestaunen zahlreiche Touristen das Riemenschneider-Kruzifix in der Steinacher Kirche. Deshalb planen die Verantwortlichen der Pfarrei, nun einen Kirchenführer zu erstellen, der über das Gotteshaus und seine wertvolle Einrichtung
informiert. Dazu gehören neben dem Kruzifix auch die Figuren der heiligen Katharina und des Heiligen Nikolaus, die um 1700 ihren Platz in der Pfarrkirche fanden, sowie ein Bildstock von 1669. Spätestens bis zum Pfarrfest im Juni soll der Kirchenführer fertig sein."Außerdem wird es dann einen kunsthistorischen Vortrag zum Kruzifix, ein Gospelkonzert sowie einen festlichen Gottesdienst mit einem Kirchenvertreter aus Würzburg geben", erklärt die Pfarrgemeinderatsvorsitzende weitere geplante Programmpunkte des Festes. Das Schönste werden für sie jedoch die heimischen Kirchenglocken im Radio sein.
"Sie klingen wirklich klasse, haben einen tollen Sound", sagt der Techniker vom Bayerischen Rundfunk nach der Aufnahme. Er vermutet, dass es sich bei den Glocken in Steinach um Exemplare aus Bronze handelt. "Sie klingen sauber und angenehm, welche aus Stahl hingegen tun in den Ohren etwas weh", erklärt Heuber. Kirchenpfleger Otto Dünisch bestätigt die Vermutung. "Die Glocken wurden 2002 von der Passauer Glockengießerei Perner angefertigt und vom bereits verstorbenen Bauunternehmer Hans Burger und seinen Kindern gestiftet", fügt er hinzu. Er selbst sei damals mit in Passau gewesen und habe beim Guss zugesehen. Seit 2003 klingen sie in Steinach - und über den Sender Bayern 1 schon bald im ganzen Freistaat.