Kreis Bad Kissingen: Aufwachsen in Armut
Autor: Ellen Mützel
Bad Kissingen, Donnerstag, 23. April 2020
Sechs Prozent der Kinder im Landkreis Bad Kissingen gelten offiziell als arm. Eine Familie mit drei Kindern erzählt, wie sie es schafft, mit wenig Geld auszukommen.
Manche Familien haben nur sehr wenig Geld zur Verfügung. Im Landkreis Bad Kissingen sind laut offiziellen Zahlen 441 Alleinerziehende und Familien auf Hartz IV angewiesen. Insgesamt gelten im Landkreis sechs Prozent der Kinder als arm, bayernweit liegt der Wert 6,9 Prozent (Stand: 2018). Verschiedenste Schicksale führen dazu, dass sie in eine solche Situation kommen. So auch bei Familie Müller (Name geändert) aus dem Osten des Landkreises.
Bei ihnen ist die Lage verzwickt: Vater Peter tut sich schwer, Arbeit zu finden und sich dort zu halten. Derzeit ist er arbeitslos. Wegen seines ADHS ist er unkonzentriert, unorganisiert, impulsiv und gerät oft in Konflikte mit seinen Mitmenschen. Mit einer solchen Bürde ist es schwieriger, sich auf die Erziehung der drei Kinder oder das Suchen einer Arbeit zu konzentrieren.
Um das Familienleben am Laufen zu halten, arbeitet Mutter Anna daher nur auf 450-Euro-Basis. Das reicht aber nicht, um alle zu versorgen. Zu diesem Lohn kommen noch Kinder- und Familiengeld sowie Arbeitslosengeld II vom Jobcenter. So hat die fünfköpfige Familie insgesamt 2000 Euro im Monat für alle Kosten zur Verfügung. Damit gilt die Familie offiziell als arm.
Kassensturz
Die Kosten für die Wohnung, Strom, Wasser und Internet liegen monatlich bei 600 Euro, das Auto schlägt mit 235 Euro zu Buche - ohne Reparaturen. Für Lebensmittel gibt die Familie im Monat um die 200 Euro aus. Weil das nicht reicht, gehen sie auch wöchentlich zur Tafel. "Das sind schon immer so 50 Euro, die wir dadurch sparen", schätzt Mutter Anna. Nach Abzug der Drogeriekosten, Kindergartengebühr, der Renteneinzahlung und den nötigsten Versicherungen bleiben der Familie noch circa 640 Euro im Monat.
Für den Hund, sowie Sportverein und Musikunterricht von zwei Kindern fallen 135 Euro an. "Die Kinder sollen ihre Hobbys noch haben, damit sie nicht ausgeschlossen sind", erklärt Anna. Wenn alle Fixkosten gedeckt sind, sind für die ganze Familie nur noch 500 Euro übrig.
Bester Freund: Ebay
Damit bezahlen sie Klamotten, Schuhe, Geschenke für Kindergeburtstage, Weihnachtsgeschenke für die drei Kinder, und was in einem Familienleben eben noch so anfällt.
Geht das Auto kaputt, das Handy oder die Waschmaschine, führt das schnell zu Problemen. Zuletzt brauchte das Auto neue Sommerreifen: "Ich habe gefragt, ob ich die auf mehrere Monate in Raten verteilen kann", sagt Anna. Das habe geklappt. "Zur Not hätte das Auto stehen bleiben müssen." Ratenzahlung sei für die Familie sehr wichtig.