Druckartikel: Kostbarkeit in der Kirche

Kostbarkeit in der Kirche


Autor: Kathrin Kupka-Hahn

Steinach an der Saale, Mittwoch, 08. Juni 2016

Das Riemenschneider- Kruzifix in der Steinacher Kirche ist nun genau 500 Jahre alt. .
Der handliche kleine Kirchenführer ist fertig. Elfriede Oppel (rechts) zeigt ihn der Pfarrgemeinderatsvorsitzenden Claudia Benkert. Im Hintergrund ist das Geburtstagskind zu sehen: das 500 Jahre alte Riemenschneider-Kruzifix. Fotos: Kathrin Kupka-Hahn


Ein neuer Kirchenführer war geplant. Mit geschichtlichen Informationen zu Kirche und Pfarrei sowie mit historischen Fotos. Pünktlich zum diesjährigen Pfarrfest sollte die Broschüre fertig sein. Doch kaum hatte Elfriede Oppel vom Pfarrgemeinderat im Januar damit begonnen, das geschichtliche Material zu sichten, stellte sich heraus: Das wird so schnell nichts. Deshalb hat die ehemalige Lehrerin zunächst eine handliche Übersicht zur Kirche, ihrer Geschichte und dem Riemenschneider-Kruzifix erarbeitet.
"Das hat sie super gemacht", freut sich Pfarrgemeinderatsvorsitzende Claudia Benkert. Seit einigen Tagen liegen die ersten Exemplare in dem Gotteshaus aus. "Die sind enorm wichtig, denn viele Touristen kommen in unsere Kirche und wollen das Riemenschneider-Kruzifix sehen", erklärt die 48-Jährige.


Wert lange nicht erkannt

Dieses wurde vor genau 500 Jahren angefertigt. Dass es noch heute in der Steinacher Pfarrkirche St. Nikolaus hängt, ist schon außergewöhnlich. Schließlich ist so manche Kostbarkeit im Lauf der Jahrhunderte in Museen oder Kirchenarchiven verschwunden. Das Steinacher Kruzifix jedoch nicht. Denn man hat es offenbar nicht als Kunstwerk des bekannten Künstlers Tilman Riemenschneider erkannt.
Zu verdanken ist das vermutlich den Farbanstrichen, die es früher überzogen haben. "Schließlich war es immer wieder einmal Mode, Heiligenfiguren anzumalen", weiß Elfriede Oppel. Erst 1903 seien bei einer Restaurierung des Kreuzes die aufgetragenen Farbschichten entfernt worden. "Dabei wurde im Rücken des Korpus ein Zettel von 1516 gefunden, der sich als eine handschriftliche Urkunde von Tilman Riemenschneider herausstellte", fügt sie hinzu.
Seither nimmt das Kruzifix einen besonderen Platz in der Kirche ein. Das war nicht immer so. "Da hing es schon mal links neben der Kanzel", erklärt die Hobbyhistorikerin und zeigt zum Beweis ein Foto aus dem Pfarrarchiv Bad Bocklet.


Noch mehr Besonderheiten

Jedoch ist das Kruzifix nicht die einzige Besonderheit in dem Gotteshaus, hat Elfriede Oppel inzwischen herausgefunden. "Seit meiner Kindheit gehe ich regelmäßig in die Kirche. Aber dass sie beispielsweise unterschiedliche Säulen an der Empore hat, habe ich nie bemerkt", erzählt die 60-Jährige.
Inzwischen ist ihr Kirchenführer-Projekt deutlich umfangreicher und auch interessanter geworden als zunächst angenommen. "Die erste Zeittafel, die Elfriede zusammengestellt hat, war noch recht kurz", sagt Pfarrgemeinderatsvorsitzende Claudia Benkert. Inzwischen ist diese Daten-Zusammenstellung auf mehrere Din-A 4-Seiten angewachsen. "Ja, die Geschichte der Pfarrei zu erforschen, ist mein neues Hobby", bestätigt Elfriede Oppel. Aber sie macht das nicht alleine.
Unterstützt wird sie von der Kunsthistorikerin Susanne Bocklet oder dem Organisten Thomas Balling. Parallel dazu stehen dem Team bereits veröffentlichte geschichtliche Werke wie etwa der alte Kirchenführer von Herbert Schultheis, die Chronik der Pfarrei ab 1903 und eine Broschüre von Heimatforscher Oskar Dünisch zur Verfügung. "Und auch unser Altbürgermeister Helmut Schuck hat mir seine Aufzeichnungen gegeben", sagt Elfriede Oppel. Lediglich das Diözesanarchiv bleibt ihr verschlossen. Aber nicht, weil sie nicht hinein kommt. "Ich kann die altdeutsche Schrift nicht lesen", gibt Elfriede Oppel ehrlich zu. Deshalb hofft sie darauf, dass sich ein Freiwilliger findet, der mit ihr dort hinfährt und die geschichtlichen Dokumente "übersetzt".


Kirchenführungen

Das, was Elfriede Oppel bis jetzt erforscht hat, wird sie am Wochenende beim Pfarrfest erstmals vorstellen. "Wir haben uns von der Gemeinde Stelltafeln besorgt. Darauf werden jede Menge alter Fotos zu sehen sein, die uns zum Teil auch von Steinachern zur Verfügung gestellt wurden", so Claudia Benkert. Außerdem sind Kirchenführungen geplant - mit der Hobbyhistorikerin, mit Pfarrer Michael Kubatko und Organist Thomas Balling. Die Kunsthistorikerin Susanne Bocklet wird zudem am Samstagabend einen kurzen Vortrag über das Riemenschneider-Kruzifix halten.
Auch wenn viel Arbeit dahintersteckt, das Pfarrfest zu organisieren oder den neuen Kirchenführer zusammenzustellen, Claudia Benkert und ihre Mitstreiter vom Pfarrgemeinderat machen es gerne. "Außerdem helfen uns ja auch viele Leute aus dem Ort", fügt sie hinzu.


Das Pfarrfest-Programm


Festbetrieb Samstag, 11. Juni: 17.30 Uhr, Konzert des Bad Neustädter Gospelchores "Light in the dark" sowie kurzer Vortrag von S. Bocklet, anschließend Festbetrieb im Pfarrhof, ab 19.30 Uhr mit der Bad Königshofener "Prominentenband"

Gottesdienst Sonntag, 12. Juni: 10 Uhr, Festgottesdienst mit Pfarrer Michael Kubatko und Domdekan Prälat Günther Putz, anschließend Festbetrieb im Pfarrhof. Ab 11.15 Uhr gibt es Mittagessen, ab 13.30 Uhr folgt die Aufführung der Kindergartenkinder, ab 15 Uhr spielen die Nachwuchsmusiker, ab 16.30 Uhr die "Steinacher Musikanten". Die Kirchenführungen finden um 14 Uhr und um 16 Uhr statt.