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Kissinger Bogen hat Zukunftspläne


Autor: Ellen Mützel

Nüdlingen, Freitag, 01. Juli 2022

Seit 2014 arbeiten vier Gemeinden zusammen und wollen das auch in der Zukunft tun. Warum ein Schnapsbrenner davon profitiert hat und sich die Anbindung an den Kissinger Bahnhof verbessern könnte.
Glücklich, dass es weitergeht, sind von links: Koordinatorin Stephanie Kunder, Bürgermeister Daniel Wehner und Harald Hofmann, Stadtplaner Gunter Schramm, Bürgermeister Mario Götz und 2. Bürgermeister Norbert Borst.


Die folgenden Beispiele haben eines gemeinsam: Mario Metz aus Frauenroth konnte seine Brennerei dank einer Förderung sanieren, die Gemeinden des Kissinger Bogens sind nun auf Sturzfluten vorbereitet und besitzen eine mobile Bühne. Gemeinsam haben sie, dass dies alles möglich ist, weil die Gemeinden Burkardroth, Bad Bocklet, Nüdlingen und Oberthulba sich zur Allianz Kissinger Bogen zusammengeschlossen haben und dadurch vom Amt für Ländliche Entwicklung Förderungen bekommen.

Sanierung mit Regionalbudget

"In der Allianz ist vieles machbar", sagt Nüdlingens Bürgermeister Harald Hofmann (CSU). Die vier Gemeinderatsgremien hatten sich in der Schlossberghalle versammelt, um zu beschließen, dass die Allianz Kissinger Bogen weiter zusammenarbeitet. Denn das hat Vorteile: Das Amt für Ländliche Entwicklung (ALE) fördert einiges, von der Dorferneuerung bis zur neu angeschafften mobilen Bühne.

Sehr erfolgreich hätten sie das Regionalbudget genutzt. "Vor allem Privatpersonen können damit ganz einfach Projekte umsetzen", sagt Stephanie Kunder, Koordinatorin der Allianz. Im Jahr 2021 habe es 18 geförderte Projekte gegeben. Von den rund 85.000 Euro zahlten die Gemeinden nur zehn Prozent, den Rest bezuschusste das ALE. Ein Beispiel für eine Regionalbudget-Förderung ist die Sanierung der Brennerei von Mario Metz.

Stärken, Schwächen und wichtige Themen

In den vergangenen zwei Jahren hat Gunter Schramm von Planwerk Stadtentwicklung die Arbeit der Allianz untersucht und bewertet, auch Bürgerinnen und Bürger waren beteiligt.

Als Stärken der Gemeinden sehen diese laut Umfrage die attraktive naturnahe Wohnregion, die erfolgreiche Vermarktung von regionalen Produkten, die gute Verkehrs Anbindung, die Kinderbetreuung und Freizeit- und Kulturangebote.

Als Schwächen sehen sie leerstehende und baufällige Gebäude, die schlechte Versorgung der Ortsteile, Überalterung der Bevölkerung, dass es kaum kleine barrierefreie Wohnungen gibt, die Jugend wegzieht, das Nahverkehrsangebot und den Nachwuchsmangel in den Vereinen.

Als wichtigste Themen kristallisieren sich Digitalisierung, Umwelt-/Klimaschutz, Anbindung an den ÖPNV, Angebote für Kinder und Jugend, Innenortsentwicklung, und Freizeit und Kultur.

Blick in die Zukunft: Demografie verändert sich

Er schaute auch in die Zukunft: Bis 2033 hält sich die Bevölkerungszahl. Aber der Anteil der Menschen über 65 nimmt zu, der Anteil der jungen Menschen bleibt etwa gleich. Heißt: Die Gruppe der Erwerbstätigen schrumpft. Und die Gemeinden müssen stärker auf die Belange älterer Menschen eingehen, wie barrierefreie kleine Wohnungen, wohnortnahe Nahversorgung oder medizinische Versorgung.

Die Vorteile der Allianz

Um die Bürgermeister zu Wort kommen zu lassen, fragte Schramm zunächst Bad Bocklets zweiten Bürgermeister, Norbert Borst (CSU) über seine praktische Erfahrung mit der Allianz. "Die Herausforderungen sind überall gleich, alles lässt sich gemeinsam besser machen. Außerdem schätze ich den Erfahrungsaustausch." Ein praktisches Beispiel seien die Projekte, die das ALE fördert.

Nach den Ergebnissen im vorangegangenen Verwaltungsworkshop gefragt, sagt Harald Hofmann: "Wir habe immer gesagt, wir werden entbürokratisieren." Sie überlegten daher, wo sie sich Arbeit teilen können. Beispielsweise indem sie Personalabrechnungen in einer Kommune machen oder Personal austauschen.

Wo sich die Themen aus der Online-Umfrage (ÖPNV, Digitalisierung, Klimaschutz) im neuen ILEK wiederfinden, weiß Daniel Wehner (CSU), Burkardroths Bürgermeister: "Digitalisierung haben wir als Querschnittsthema, das wollen wir bei allen Projekten beachten. Wir müssen Glasfaser in jedes Haus bekommen." Umwelt- und Klimaschutz werde demnächst ein großes Thema sein, er erwähnte das Sturzflutenrisikomanagement. ÖPNV sei nicht einfach, aber Burkardroth habe jetzt einen Carsharing-Bus für mehrere Personen.

Zuletzt sagte Oberthulbas Bürgermeister Mario Götz (CSU) zur Vision der Allianz: "Wir wollen weiter an unseren Zielen arbeiten. Der Grund, dass wir uns zusammenschließen ist ja, dass es in den Bereichen Nachhaltigkeit, Regionalität, Daseinsvorsorge einen Mehrwert für die Menschen gibt und, dass es uns im ländlichen Raum 2027 noch besser geht als jetzt schon."

Zukunftspläne: Acht Handlungsfelder

Wie soll es weitergehen? Dazu hat sich das Büro Planwerk Gedanken gemacht und acht Handlungsfelder mit möglichen Projekten in den nächsten Jahren erarbeitet. Viele davon würde das ALE fördern.

  1. Dorf und Siedlung: Ein Feld zielt auf bessere Ortskerne. Hier könne die Allianz das Wissen über die Heimat stärken, beispielsweise mit Infotafeln zu historischen Gebäuden. Und mit Dorfplätzen bis Co-Working-Spaces Begegnungsorte schaffen (Letzteres sind Orte in Wohnortnähe, damit Arbeitende nicht so weit ins Büro fahren, aber auch nicht am Küchentisch arbeiten müssen).
  2. Daseinsvorsorge und Mobilität: Hier geht es um Läden, medizinische Versorgung, Busse. Sinnvoll wäre, die Anbindung an den Kissinger Bahnhof zu verbessern. Oder Automaten aufzustellen, an denen die Bevölkerung jederzeit regionale Produkte kaufen kann.
  3. Vernetzung und Kooperation: Ein Feld widmet sich der Zusammenarbeit der Allianz. Sie kann neben einer gemeinsamen Kinderbetreuung bei Kontrollen (etwa von Friedhöfen) zusammenarbeiten.
  4. Energiewirtschaft und Klimaschutz: In diesem Handlungsfeld kann die Allianz Photovoltaik-Anlagen auf öffentliche Gebäude verlegen, Bioenergie aus Abfällen herstellen und die Bevölkerung mehr für das Thema sensibilisieren.
  5. Regionale Wertschöpfung: Hier geht es um die Wirtschaft. Diese kann die Allianz durch eine Ausbildungsmesse stärken, durch Infos über regionale Produkte, oder Treffen und einen besseren Austausch von Gewerbetreibenden.
  6. Landschaft und Landnutzung: Dieses Feld will die artenreiche Kulturlandschaft bewahren, sich um Überschwemmungsgebiete kümmern und Land- und Forstwirtschaft stärken. Dafür soll es neben Müllsammelaktionen ein Ökokonto geben. Und die Allianz kann über Biodiversität und Lebensräume nachdenken und den Wald umbauen.
  7. Freizeit, Kultur und Erholung: In diesem Bereich kann die Allianz stärken und regionalisieren, indem sie Themenwege und Lehrpfade weiterentwickelt, ebenso wie Angebote im Bereich Wasserspielplätze oder Bademöglichkeiten.
  8. Soziales und Ehrenamt: Hier ist das Ziel, zu vernetzen, generationenübergreifende Projekte zu initiieren und das Miteinander zu stärken. Hierfür kann die Allianz regionale Forschungswettbewerbe veranstalten, die Menschen über 50 zu ihren Wünschen zum Wohnen und Leben im Alter befragen, und Vereine sowie Ehrenamtliche unterstützen.

Zum Ende der Veranstaltung stimmten alle vier Gemeinderäte einstimmig zu, dass die Allianz Kissinger Bogen weiterbestehen soll.